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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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heftiger, als ich beabsichtigt hatte, weil ich mir allmählich wirklich Sorgen machte. Irgendetwas stimmte nicht. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass Nel wegging, ohne mich darüber zu informieren, was sie vorhatte und wo ich sie erreichen konnte.
    »Na, na.« Tiffany richtete sich vor der Spülmaschine auf. »Wir wollten uns doch nicht streiten.«
    »Wenn ich dein Vater wäre …«
    »Ich habe keinen Vater!«, schrie sie mich an.
    Herrgott noch mal, dachte ich. »Alle Menschen haben einen Vater. Oder zumindest mal einen gehabt.«
    Ich konnte förmlich hören, wie der Schmerz hinter ihrer Stirn pochte, und ich sah, wie viel Mühe es sie kostete, sich zu beherrschen. »Meine Eltern sind bei einem Erdbeben in Südamerika ums Leben gekommen.«
    Möglicherweise sagte dies irgendetwas über ihr Trauma aus, ihre schlimmen Erinnerungen, wenn auch die Südamerika-Geschichte sicher nicht stimmte. Ich besaß ausschließlich schöne Erinnerungen an die Zeit, als ich so alt war wie Tiffany. Eine der Segnungen unseres Gehirns besteht darin, dass es die Widerwärtigkeiten im Leben für einen ausradiert und einem die glücklichen Momente noch schöner erscheinen lässt. Vielleicht konnte Tiffany sich nicht an glückliche Momente erinnern, weil es einfach nie welche gegeben hatte. Ich dachte daran, wie arm sie das in späteren Jahren einmal machen würde.
    »Glaubst du mir nicht?«, fragte sie.
    »Es ist mir wurst, ob das wahr ist oder nicht. Ich mache mir Sorgen um CyberNel.«
    Sie runzelte die Stirn. »Heißt sie so?«
    »Genauso, wie du Tiffany heißt.«
    Sie warf mir einen bösen Blick zu. Ich würde sie für den Rest meines Lebens verfluchen, wenn CyberNel etwas geschehen war. »Ich fahre nach Amsterdam«, sagte ich. »Ich muss dich für ein paar Stunden alleine lassen.«
    »Das müsstest du nicht, wenn du mich mitnehmen würdest.«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage. Du weißt verdammt genau, warum.«
    »Klar, du willst lieber mit Cyberchen alleine sein.«
    Ich verlor die Beherrschung und hob in einem dummen Reflex die Hand, bis ich noch gerade rechtzeitig daran dachte, wen ich vor mir hatte. Tiffany hatte sich nicht gerührt, doch in ihren Augen spiegelte sich ein Funken Zufriedenheit, als mache es ihr Spaß, mich zu reizen. Sie hatte immer noch nicht begriffen, worum es ging, und sie würde es auch nicht begreifen, und wenn noch zehn Huren ermordet würden und Theo mit einem Maschinengewehr bewaffnet hier eindringen würde, um auch Nummer elf zu erledigen.
    Ich wandte mich um und verließ den Raum.
    Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich den Auflauf von Polizei und Feuerwehr am Ende der Gasse sah. Rauch quoll aus einem der oberen Stockwerke und stieg grell erleuchtet durch die Dachpfannen hindurch in den Nachthimmel auf. Beamten hielten Sensationslüsterne auf Abstand, sperrten mit Flatterband die Umgebung ab und befragten erschrockene Nachbarn. Feuerwehrleute mit Helmen und Atemmasken kamen aus dem hellgelb erleuchteten Rechteck von CyberNels Tür heraus. Ich erkannte jemanden von der Spurensicherung sowie einen früheren Kollegen von der Kriminalpolizei wieder, Bob Halkers. Eine Hand versperrte mir den Weg.
    »Ich bin von der Kripo«, murmelte ich. »Bob!«
    Halkers sah mich und winkte. Der Beamte ließ mich durch.
    »Bob, ist CyberNel …« Ich wagte es kaum zu fragen.
    Halkers war einer von diesen eiskalten Typen, und er hatte noch nie viel Zeit mit Freundlichkeiten verschwendet. »Der Rettungswagen ist schon weg. Was weißt du über diese Sache?«
    Mein Kopf brummte. Ich hörte mich selbst stottern. »Wie geht es ihr?«
    »Sie lag bewusstlos am Fuße der Treppe.« Halkers hatte Augen wie ein Frettchen. »Du weißt doch irgendetwas.«
    »Was soll ich denn wissen?«, fuhr ich ihn an. »Was ist denn überhaupt passiert?«
    »Die Nachbarn haben einen Knall gehört. Eine Brandbombe, eine Phosphorgranate, ein Kanister Benzin.«
    »Benzin kann es nicht gewesen sein«, bemerkte der Mann von der Spurensicherung. »Viel zu heiß. Das Feuer ist aus Mangel an Sauerstoff erstickt, bevor es auf das gesamte Gebäude übergreifen konnte. Aber die Dachwohnung ist praktisch weggeschmolzen.«
    »Kann ich rauf?«
    »Da oben ist nichts mehr. Wir hatten Glück, die Wohnung darunter steht leer und das Erdgeschoss hat einen eigenen Eingang, deswegen konnte die Feuerwehr schnell rein.«
    Halkers warf dem Erkennungsdienstler einen gereizten Blick zu und schubste mich geradezu von der Tür weg. »Wenn du irgendetwas weißt, was ich nicht

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