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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Schädelbereich bekommen, und ein paar Rippen sind geprellt. Es ist nichts Ernstes, solche Verletzungen heilen von selbst. Sie bekommt eine Infusion und braucht ein paar Tage Ruhe.«
    »Muss sie im Krankenhaus bleiben?«
    »Heute Nacht auf jeden Fall, wir haben ein Bett bei uns auf der Station frei. Sie können ruhig kurz zu ihr gehen, sie ist bei Bewusstsein, aber bleiben Sie nicht zu lange und lassen Sie sie schlafen. Es ist ein Stockwerk höher.«
    Ich dankte ihm und eilte zum Aufzug, in dem ich die Bahre hatte verschwinden sehen. Oben hatte man eine Art poliklinisches Nachtlager mit einem Schwesternzimmer und einer Reihe zellengroßer Zimmer eingerichtet. Die Tür von CyberNels Zelle stand offen. Die Krankenschwestern hatten sie auf ein Bett gehoben und die Infusion an einen Ständer gehängt. Die Lampen dimmten sie auf Dämmerlichtstärke herunter. Ich trat beiseite, als sie die Bahre hinausschoben. »Sie braucht Ruhe«, sagte die eine. »Kommen Sie morgen wieder.«
    »Der Arzt hat es erlaubt.«
    Die andere kicherte. »Das sagen alle.«
    Nel lag mit geschlossenen Augen auf dem Rücken. Es war kein Stuhl da, nur ein Hocker am Fußende des Bettes. Es gab auch kein Fenster, die frische Luft kam aus einem Gitter an der Decke. Ich zog den Hocker neben das Bett. Ich verspürte das Bedürfnis, eine Zigarette zu rauchen, aber das war hier vermutlich unerwünscht. Ich strich über ihre Hand. Sie öffnete die Augen.
    »Hast du Schmerzen?«, fragte ich.
    Sie verzog das Gesicht. »Ich darf nur den Kopf nicht bewegen. Hast du mich hierher gebracht?«
    »Nein, ein Rettungswagen.«
    Sie lächelte vorsichtig. »Meine Mutter hat immer gesagt: Geh jeden Tag unter die Dusche und zieh immer frische Unterwäsche an, man weiß ja nie. Was hat der Arzt gesagt?«
    »Er hat sich über deine saubere Unterwäsche gefreut. Du hast einen Schlag auf den Kopf gekriegt und ein paar Rippen geprellt. Wie kommst du an die Prellungen?«
    Sie schwieg einen Moment lang. »Vielleicht hat mich der Mistkerl als Trittleiter missbraucht, als er nach oben ging. Hat er gefunden, was er suchte?«
    »Ich habe keine blasse Ahnung. Was war es denn?«
    »Bist du oben gewesen?«
    »Nein. Da waren nur die Polizei und die Feuerwehr.«
    »Die Feuerwehr?«
    Ich wusste nicht, wie ich es ihr schonend beibringen sollte. »Deine Wohnung ist ausgebrannt.«, Nel schloss die Augen. Ihr ganzes Gesicht richtete sich nach innen, als wollte sie allein sein. Ich wusste, was ihr Dachgeschoss ihr bedeutete. Den Schaden, der ihr entstanden war, konnte kein Mensch auf der Welt wiedergutmachen. Sie hatte alles verloren, ihre Arbeit, ihren Lebensinhalt.
    »Vielleicht kann ich die Festplatten retten«, flüsterte sie.
    Ich streichelte ihre Hand. Die Phosphorgranate oder was immer auch diese intensive Hitze verursacht haben mochte, war wahrscheinlich speziell deswegen eingesetzt worden, damit jede Möglichkeit, Daten auf welchen Trägern auch immer wiederzufinden, ausgeschlossen wurde. Ihr Dachgeschoss war weggeschmolzen. Das ganze Szenario wies auf wohl überlegte Absicht hin, denn kein Mensch fährt einfach so mit einsatzfähigen Phosphorgranaten durch die Gegend. Die angeblichen Ermittler hatten bei mir Nels Adresse gefunden; sie konnten schon in ihrer Wohnung gewesen sein, als wir noch beim Mittagessen saßen. Sie brauchten nur einen Blick auf ihre Apparaturen zu werfen, um zu erkennen, dass sie eine Milliarde Möglichkeiten für das Kodieren und Abspeichern von Daten boten. Sie hätten die Nadel im Hauhaufen suchen müssen, und um die Nadel zu vernichten, mussten sie den ganzen Heuhaufen anzünden.
    Am Bahnhof war mir nichts Verdächtiges aufgefallen, aber das hatte nicht viel zu sagen. Vielleicht hatte sich Joris Grimshave doch an die Nummer oder den genauen Ort des Schließfachs erinnert, und sie hatten einfach irgendwo in der Nähe gewartet. Falls jemand Nel gefolgt war, hatte derjenige mein Auto gesehen und wiedererkannt.
    Nel hielt die Augen geschlossen. Ich sah, dass ihre Wimpern nass waren. Ihr musste ganz schlecht sein vor Kummer. »Was ist passiert?«, fragte ich sie.
    »Eine blöde Geschichte. Es hat an der Tür geklingelt, und ich dachte, du wärst es.«
    »Aber ich habe doch einen Schlüssel.«
    Sie schaute mich an. Sie versuchte zu lächeln, mit einer Art von trauriger Ironie. »Du hättest ihn vergessen haben können. Ich habe nicht weiter darüber nachgedacht, ich saß vor meinem Computer und habe mir die Diskette angeschaut … Ich habe die Klingel gehört und bin

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