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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Geige aus einer Stereoanlage, die auf einem Tischchen hinter ihm stand.
    Er sah aus wie ein in die Jahre gekommener Errol Flynn, mit einem schmalen Gesicht, Schnäuzer und Bärtchen sowie einer langen Künstlermähne, in der das Grau schon überwog. Man konnte hören, dass er etwas von seinem Fach verstand, doch sein Spiel klang irgendwie mechanisch, einschließlich der zigeunerhaften Schnörkel und der routinierten, romantischen Vibratos. Seine Blicke folgten der Serviererin, und als der Ober durch eine Tür in der Küche verschwand und sie alleine im Restaurant zurückblieb, kam er zwischen den Palmen hervor und ging, ohne dabei sein Spiel zu unterbrechen, auf sie zu. Das Mädchen begann zu kichern und abwehrende, kleine Handbewegungen zu machen, als er ihr zwischen den Tischen hindurch folgte und ihr mit Geige und Augen praktisch zwischen die kastanienbraunen Locken und in den weißen Hals hineinkroch. Sie hatte ein gutmütiges, hübsches Gesicht mit einer niedlichen Stupsnase und Grübchen in den Wangen. Unter ihrer schwarzen Bluse zeichneten sich hohe, spitze Brüste ab. Es war eine geradezu archetypische Verführungsszene.
    Schließlich floh sie in die Küche. Cornelius blieb stehen und ließ in einer eigenartig hilflosen Gebärde seine Geige sinken. Das Orchester auf dem Band spielte weiter, wie elektronische Geister, die nicht bemerkt hatten, dass der Solist vom Podium gefallen war.
    Ich stand von meinem Barhocker auf, als Cornelius in meine Richtung blickte. Einen Augenblick lang wirkte er ertappt; dann ging er zu seiner Anlage, legte seine Geige weg und schaltete die Kassette aus.
    »Meneer Cornelius?«
    Er schaute überrascht zu mir hinüber, als habe er mich jetzt erst bemerkt. »Ja?«
    »Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich?«
    Er runzelte die Stirn und kam auf mich zu. »Ich probe gerade …«
    »Wenn mein Eindruck nicht täuscht, kann bei Ihrem Auftritt ja nicht mehr viel schief gehen. Falls Sie den Bartender irgendwo finden, könnten wir vielleicht ein Gläschen zusammen trinken.«
    Er blinzelte mit den Augen. »Wer sind Sie denn?«
    Ich stellte mich vor. »Es geht um Madelon. Ich glaube, dass sie Ihre Hilfe braucht.«
    »Sind Sie Psychiater? Ich habe nur sehr wenig Zeit.«
    Meine ursprüngliche Absicht, freundlich zu ihm zu sein, schmolz dahin wie Schnee in der Sonne. »Ich kann das Problem auch mit den Restaurantbesitzern erörtern«, sagte ich. »Und ich bin mir sicher, dass Sie dann mehr Zeit erübrigen können, als Ihnen lieb ist.«
    Cornelius stieß einen gemurmelten Fluch aus und sagte: »Nicht hier.«
    Er ging mir voraus durch die Bar und den Eingangsflur und sagte zu einer Dame an der Tür: »Ich bin gleich wieder da.« Draußen blieb er stehen. »Ist das Ihr Wagen?«
    Kurz darauf saß er im Auto neben mir. Er benutzte ein Eau de Toilette mit einem schweren Jasminduft, und ich kurbelte das Fenster ein wenig herunter.
    »Ich bin zwar kein Psychiater«, sagte ich, »aber trotzdem finde ich es merkwürdig, dass Sie sofort abblocken, wenn ich Ihnen erzähle, dass Ihre Tochter Ihre Hilfe braucht, ohne auch nur einmal zu fragen, was mit ihr los ist.«
    Er wandte den Blick ab. »Ach, Madelon weiß sich schon zu helfen.«
    »Madelon ist vor vier Jahren von zu Hause weggelaufen. Sie ist drogenabhängig und geht auf den Strich. Um ein Haar wäre sie ermordet worden.«
    Er erschrak, erholte sich aber schnell wieder. Er schien aus purer Bequemlichkeit glauben zu wollen, dass ich übertrieb. »Und was geht Sie das an?«, fragte er.
    »Ich habe Ihre Tochter bewusstlos vor meiner Haustür gefunden und versuche jetzt das zu tun, was eigentlich Aufgabe ihres Vaters und ihrer Mutter wäre.«
    »Ihre Mutter ist tot«, erwiderte er frustriert.
    »Ich habe mit Ihrer zweiten Frau gesprochen. Sie hat mir erzählt, was geschehen ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Tochter sie in den Bauch getreten hätte, wenn sie sich nicht so gehasst und ganz und gar unerwünscht gefühlt hätte.« Ich schaute ihn an, aber er erwiderte meinen Blick nicht. »Und kommen Sie mir nicht damit, dass sie ein verwöhntes Blag gewesen sei. Außerdem verlieren auch andere Kinder ihre Mütter und gehen nicht so vor die Hunde. Bedeutet Madelon Ihnen denn so wenig?«
    Er wandte sein Gesicht ab. Die grauschwarzen Locken auf seinem Hinterkopf waren fettig, und er hatte Schuppen. In ein paar Jahren würde dieser Don Juan noch nicht einmal mehr Serviererinnen zum Kichern bringen. »Ich kann mir das nicht erklären«, murmelte

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