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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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verabscheute Adam, verachtete ihn mit einer Heftigkeit, die fast ebenso stark war wie ihre Zuneigung zu ihm. Er war ihr Freund gewesen: Das konnte sie nicht vergessen. Sie konnte all die Jahre von Kameradschaft und Freundlichkeit nicht so einfach auslöschen. Es brach ihr fast das Herz, wenn sie sich daran erinnerte.
    Das Entsetzen über seinen Verrat, das Blut an seinen Händen, auch das würde sie niemals abschütteln können. Adam hatte sie zu einem Teil seines Schmerzes gemacht und die Kunst beschmutzt, die sie liebte. Sollte sie jemals eine neue Klinge schmieden, so befände auch er sich in dem Stahl, die Erinnerung an ihn wäre darin eingeätzt.
    Kit beugte sich vor und betrachtete Dela mitfühlend mit ihren dunklen, aufmerksamen Augen. Und fragend. Dela seufzte und dachte an die Männer, die oben auf sie warteten und ihrer Diskretion vertrauten. Sie dachte an Hari.
    Kit ist nicht Adam, dachte sie. Aber vielleicht geht es auch nicht darum.
    »Ich weiß nicht, warum Adam es getan hat«, log sie, nachdem sie sich entschieden hatte. Kit war ihre Freundin und hätte die Wahrheit verdient gehabt. Aber so war das Leben nun mal, es war einfach nicht immer fair, und in dieser Situation ging Pflichterfüllung vor Ehrlichkeit.
    Kit holte scharf Luft und schüttelte den Kopf. »Das ist schrecklich, Dela. Es tut mir so leid.«
    »Er war ein Feigling!«, stieß Dela hervor, was ihr einen überraschten Blick von ihrer Freundin einbrachte. Kit wollte etwas sagen, unterbrach sich aber und seufzte.
    »Vielleicht«, sagte sie dann. »Ich kannte Adam nicht sonderlich gut. Vielleicht hatte er ja das Gefühl, dass dieses Leben so weit von jeder Erlösung entfernt war, dass der einzige Weg zurück darin bestand, klar Schiff zu machen.«
    Es war eine außergewöhnlich einsichtige Bemerkung, wenn man bedachte, dass Kit nicht wusste, was Adam wirklich getan hatte. Aber so war Kit: einfach sehr weise für ihr Alter.
    Und in ihren Worten hallte etwas wider, das Hari gesagt hatte: Es gibt Schlimmeres als Schmerz und Tod. Einige Taten kann man nicht verzeihen.
    Aber der Tod war trotzdem keine Antwort. Das war viel zu leicht.
    »Dela«, sagte Kit leise. »Was geht da noch vor? Adams Tod erklärt nicht all die bewaffneten Männer in deinem Wohnzimmer.«
    »Es gab einige Morddrohungen gegen mich«, sagte Dela. Kit wich entsetzt zurück, und Dela sprach rasch weiter: »Kein Grund zur Sorge. Die Jungs da oben sind alte Freunde. Sie arbeiten für die Detektiv-Agentur, die meiner Familie gehört. Davon habe ich dir doch schon mal erzählt, oder? Sie erledigen das Problem für mich.«
    Kit hob die Hände. »Kein Grund zur Sorge? Was soll der Scheiß? Hast du es bereits der Polizei gemeldet?«
    »Die Polizei kann nichts unternehmen.« Dela war unbehaglich zumute. Lügen funktionierten am besten, wenn sie einfach waren, und das hier wurde viel zu kompliziert. »Hör zu, Kit, es tut mir leid, wenn sie dir Angst gemacht haben, aber sie wussten nicht, dass du einen Schlüssel für mein Haus hast. Ich habe vergessen, es ihnen zu sagen. Und als du geklopft hast...«
    »Es war unerwartet«, unterbrach Kit sie. »Klar, das verstehe ich. Adam und ich sind... waren die Einzigen, die einen Schlüssel für dein Haus haben. Zum Teufel. Jetzt verstehe ich wenigstens, warum du nicht angerufen hast. So etwas erzählt man nicht am Telefon. Aber das ist eine hässliche Angelegenheit, Dela. Wer bedroht dich?«
    »Ein Verrückter.«
    Kit unterdrückte ein Lachen. »Klar. Das habe ich mir gedacht.« Sie kniff die Augen zusammen und lehnte sich tiefer in die Kissen der Couch. »Nur glaube ich, dass du mir nicht alles erzählst.« Sie schüttelte den Kopf, bevor Dela etwas sagen konnte. »Nicht. Es ist okay. Ich vertraue dir und bin sicher, dass du mir alles sagst, was du sagen kannst.«
    Dela fühlte sich mies. Sie kaute auf der Innenseite ihrer Wange, während sie langsam nickte. Kit seufzte.
    Sie brauchten frische Luft, also verließen sie das Atelier durch den Seiteneingang. Der Garten lag gleich hinter dem Lagerhaus und wuchs allmählich daran hoch. Prunkwinden kletterten die Spaliere hoch, und Kolibris schossen zwischen den Blüten umher. Das Pampagras wiegte sich in dem leichten Wind und beschattete die Kräuter, die zwischen den dicken, dekorativen Steinen und den antiken Bänken mit ihren Metallrahmen wuchsen. Der Boden war von Rosenblüten übersät.
    Dela hielt ihr Gesicht in die Sonne. Kit räusperte sich.
    »Ehm... dieser Kerl da oben. Blue. Ist er

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