Tiger Eye
ihm wurde klar, dass es noch einen Weg gab, ihn zu brechen: wenn er sie verlor.
Hari empfand nun etwas mehr Mitgefühl für Adam, obwohl er wusste, dass er bestimmte Grenzen niemals überschreiten würde. Grenzen, die zu einer Huldigung an Delas Integrität und ihr Mitgefühl werden würden, an ihre Erinnerung.
Noch ist sie nicht tot, dachte er, während ihm die Verzweiflung beinahe die Kehle zuschnürte. Sie wird einmal zu einer alten Frau werden.
Hari aber würde niemals altern.
Er konnte nicht mit ihr darüber sprechen, nicht jetzt, da sie so viel Kummer hatte. Aber wenn nicht jetzt, wann dann? Er konnte diese Unterhaltung ohne Schwierigkeiten immer aufschieben, doch sie war notwendig. Und zwar, bevor sie sich noch näherkamen.
»Delilah«, sagte er heiser. »Verzeih mir, dass ich so egoistisch bin. Es ist zwar nicht der richtige Moment, aber da gibt es etwas zwischen uns, das du bedenken solltest, etwas Wichtiges, worüber wir noch nicht gesprochen haben. Ich hätte es längst tun sollen, aber ich habe es nicht über mich gebracht, die Worte auszusprechen.«
Dela sah ihn aufmerksam an. »Hari...«
»Du weißt, dass ich unsterblich bin«, brach es aus ihm hervor. Er hasste sich selbst dafür, dass er die Bürde, die sie ohnehin schon trug, noch erschwerte. »Ich liebe dich, und ich würde gern für alle Zeiten an deiner Seite bleiben, aber du wirst altern, so wie auch unsere Kinder, falls wir welche bekommen. Alle außer mir werden altern und sterben.«
»Hari.« Sie verschränkte ihre Finger mit den seinen. »Warum sagst du das? Ich glaube, dass wir den Fluch brechen können, auch wenn ich noch nicht weiß, wie. Aber selbst wenn nicht, ich würde doch lieber jede Minute meines Lebens mit dir verbringen, als einfach aufzugeben, nur weil du eines Tages jünger aussiehst als ich.«
»Ich möchte dich nicht verlieren.« Er versuchte, ihr seine Furcht begreiflich zu machen.
»Was soll ich tun? Dir befehlen, mich nicht zu lieben? Dich in die Schatulle zurückbeordern und dich in der Wüste begraben?«
»Vielleicht. Dann schlafe ich. Und erinnere mich in einem Traum an dich.«
Hari wünschte sich im selben Augenblick, er könnte die Worte zurücknehmen. Ihr Blick verriet ihren Schmerz und ihre Wut.
»Du selbstsüchtiger Hundesohn!« Dela stieß sich von ihm ab und rollte sich aus dem Bett. »Ein Traum, ja? Ich nehme an, dir sind Träume lieber als die Wirklichkeit. Und was ist mit mir, Hari? Ich würde den Rest meines Lebens allein verbringen, nur hätte ich nicht den Luxus, mich im Dunkeln verstecken und so tun zu können, als ob. Ich müsste mich meinem Schmerz jeden Tag stellen.«
»Delilah.« Er sprang aus dem Bett, doch sie wich zurück, während sie den Kopf schüttelte. Tränen liefen ihr über die Wangen.
»Dein Timing ist lausig, und du bist ein Feigling!«, fuhr sie ihn an. »Oder vielleicht liebst du mich ja gar nicht wirklich und versuchst nur, mich auf die leichte Art loszuwerden, wegzulaufen, bevor es zu eng wird.«
Hari überwand die Distanz zwischen ihnen mit einem Schritt und drückte sie knurrend an die Wand. »Wage es nicht, solche Dinge zu sagen, Delilah. Ich will mehr als alles andere in der Welt, dass du glücklich bist. Und wenn ein normales Leben mit einem normalen Mann das erreichen könnte, wäre ich für den langen Schlaf bereit.«
Dela wollte ihn wegstoßen. »Blödsinn! Das klingt so, als wärst du vor allem um dein eigenes Glück besorgt.«
»Vielleicht«, gab er zu. »Aber ich habe noch mehr Angst davor, deine Liebe zu verlieren als dein Leben.«
»Meine Liebe? Aber warum... Hari, glaubst du wirklich, ich würde aufhören, dich zu lieben, nur weil du nicht sterben kannst? Dass ich dich... wegen deiner ewigen Jugend verstoßen würde?«
»Das könnte doch sein. Nicht um deinetwillen, sondern wegen der Kinder, die wir hätten. Selbst sie könnten lernen, mich zu hassen.«
»Ach, Hari.« Dela hörte auf, sich gegen ihn zu wehren und legte ihre Stirn an seine Brust. »Du bist ein solcher Trottel.«
Hari nahm sie in die Arme. »Mit einem anderen Mann könntest du alt werden. Ihr beide würdet gemeinsam altern.«
Dela trommelte mit ihren Fäusten gegen seine Brust, aber sie versuchte nicht, sich aus seiner Umarmung zu befreien. »Ich dachte, das Thema hätten wir bereits hinter uns gelassen, du Dummkopf. Es wird niemals einen anderen Mann geben. Du bist der Richtige. Wenn du mich jetzt verlässt, gehe ich ins Kloster, werde Nonne und züchtige mich selbst dreimal täglich,
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