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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Sie vermutete, dass Hari immer so sein würde, das lauernde Raubtier. Statt dass es sie nervös machte, fühlte sich Dela dabei sicher. Sie war des Alleinseins müde, hatte keine Lust mehr, sich nur um sich selbst zu kümmern. Bis Hari in ihr Leben getreten war, hatte sie nicht gemerkt, wie bereit sie war, die Einsamkeit aufzugeben, die ihr vorher immer so behaglich vorgekommen war.
    Andererseits braucht man auch einen guten Freund, wenn er besser sein soll als keiner.
    Sie zahlte, während Hari stirnrunzelnd zusah. Als die Kellnerin gegangen war, beugte er sich zu Dela hinüber. »Ich fühle mich immer noch nicht wohl, von deinem guten Willen abhängig zu sein, ganz gleich, wie wohlhabend du bist. Ich sollte eigentlich in der Lage sein, für dich zu sorgen - und dich und dein Leben in jeder Art und Weise zu unterstützen.«
    »Das tust du.« Dela legte ihre Hand auf die seine. Aber Hari schüttelte den Kopf.
    »Zu meiner Zeit hatten wir Gestaltwandler keine Verwendung für materielle Dinge. Wir kannten nur wenig Bedürfnisse. Was sehr selten war, wie ich feststellte. Die letzten zweitausend
    Jahre haben mich viel über die menschliche Gesellschaft gelehrt, und was es erfordert, sich darin wohlzufühlen.« Hari sah auf seine großen, eleganten und muskulösen Hände. »Ich verstehe nur etwas vom Kämpfen, Delilah, aber das genügt nicht mehr. Nicht, wenn ich für dich sorgen will.«
    »Du musst nicht für mich sorgen. Jedenfalls nicht so.«
    »Doch, dass muss ich. Es ist eine Frage der Ehre, Delilah.«
    Eigensinnig presste er den Mund zusammen. Dela wusste, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen würde. Hari machte es vielleicht nichts aus, dass sie Geld hatte, aber er wollte es keinesfalls als Entschuldigung für Faulheit benutzen. Sie bewunderte ihn dafür, und gleichzeitig ging es ihr auf die Nerven.
    »Hari«, begann sie, unterbrach sich aber und zeichnete mit dem Fingernagel ein kompliziertes Muster auf die Tischplatte. Wie sollte sie es ihm erklären?
    »Du hältst mich für dumm«, sagte er.
    »Nein.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich bewundere dich. Es ist nur so... ich besitze viel Geld, Hari. Ich bezweifle keine Sekunde, dass du Arbeit finden könntest, aber es gibt nur sehr wenig Berufe, bei denen du so viel Geld verdienen könntest, wie ich bereits besitze. Und das, was mir gehört, gehört auch dir.«
    »Ich will dein Geld aber nicht.«
    »Solange wir zusammen sind, ist es auch deines«, erwiderte Dela in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Aber darum geht es nicht. Ich brauche dich, deinen Schutz, Hari. Aber ich brauche dich nicht, damit du mich mit Geld versorgst. Ich brauche mehr als das.«
    »Was immer du willst.« Mehr sagte er nicht. Ein Versprechen, ohne jede Bedingung.
    »Ich brauche dich als Freund«, sagte sie und spürte, wie ihr
    Mut schwand. »Ich brauche dich, damit du auf mein Herz aufpasst. Ich brauche... ich brauche deine Liebe.«
    »Meine Liebe.« Er sah sie zärtlich an. »Du hast meine Liebe, Delilah.«
    »Mehr brauche ich nicht«, flüsterte sie und lehnte sich an ihn. Sie nahm seine Hände und berührte seinen Mund zart mit ihren Lippen. Er küsste sie sanft.
    »Und der Rest?«, murmelte er, nah an ihrem Mund.
    »Das regeln wir schon«, versprach sie.
    Sie gingen nach Hause. Blue telefonierte gerade, als sie hereinkamen.
    »Sie ist wieder da«, sagte er ins Telefon und sah sie an. »Roland. Er will mit dir reden.«
    Dela nahm den Hörer wortlos entgegen.
    »Nicht sehr schlau, ohne Leibwächter herumzuspazieren, Del.«
    »Ich brauchte ein bisschen Privatsphäre.«
    Roland räusperte sich. »Ich habe einige Geschichten über deinen neuen Freund gehört. Scheint ein recht nützlicher Bursche zu sein.«
    »Denk nicht mal dran.«
    »Woran soll ich nicht denken?« Sie hörte in seiner Stimme, dass er gerissen grinste. »Ach, mach dir keinen Knoten in deinen G-String, Babe. Ich ruf nicht an, um Hari zu rekrutieren. Ich habe ein Update von dieser Frau bekommen, Long Nü.«
    »Endlich.«
    »Komm mir nicht so. Es hat nur so lange gedauert, weil der erste Bericht, den ich bekommen habe, keinen Sinn ergab. Für diesen Stand war tatsächlich jemand registriert, aber unter einem anderen Namen: Lu Xia. Das Ding ist nur: Als meine Kontaktpersonen diese Lu Xia gründlich durchleuchtet haben und
    ihre Ausweisnummer und die Adresse überprüften, die bei der Verwaltung angegeben war, wurde ihnen mitgeteilt, dass sie schon seit zehn Jahren tot wäre. Also sind sie zum Dreckmarkt gegangen,

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