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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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mir heute schlecht.«
    »Oh, ich bin froh, dass du mir das erzählt hast. Du darfst heute Vater John besuchen und ihm deine Sünde beichten. Nach der Beichte wird es dir viel besser gehen. Deshalb gibt es nämlich die Beichte, sie wäscht das Böse von unserer Seele, damit wir eines Tages rein zu Gott zurückkehren können. Stehlen ist eine lässliche Sünde. Vater John wird dir bestimmt nicht so viele Vaterunser auftragen, nur ein paar. Und vielleicht noch einige Ave Maria. Dann ist es so, als wäre es nie passiert.«
    »Schwester, glauben Sie nicht, dass Gott mich bestrafen wollte, indem er mein Kaninchen sterben ließ? Glauben Sie nicht, dass es eine Buße ist?«
    Sie strich mir übers Haar. »Nein. Das ist dein Schuldgefühl, das dir das einredet. Ich will dir ein kleines Geheimnis verraten. Als ich ein kleines Mädchen war, ungefähr in deinem Alter, da stahl ich etwas aus einem Gemischtwarenladen. Ich beichtete es nicht sofort und hatte Schuldgefühle, genau wie du. Ich bekam Magenschmerzen und hatte ständig Kopfschmerzen. Siehst du, wir handeln nicht immer richtig, denn wir sind von Natur aus Sünder. Wir können nichts dagegen tun, dass wir unvollkommen sind.«
    »Ich weiß, dass ich unvollkommen bin, Schwester, aber ich fühle mich wie das schlimmste Mädchen auf der Welt.«
    »Nein, mein Liebes, das stimmt nicht. Nein, nein, Margaux, das stimmt nicht.«

7
    Karen, meine Schwester, meine Schwester
    Als ich im Juni von einem dreiwöchigen Urlaub mit Poppa aus Puerto Rico zurückkehrte (Mommy musste ins Krankenhaus und konnte nicht mit), stellte ich fest, dass meine Zeit als einziges Mädchen in Peters Haus vorbei war. Karen war jetzt meine Schwester, Karen mit ihrem verwaschenen rosa Kleid und der nackten Puppe mit dem schmutzigen Gesicht. Karen hatte abgebrochene Vorderzähne und Dreck unter den Fingernägeln. Sie hatte einen roten Bart vom Eislecken und einen Hüftschwung, den ich niemals würde nachahmen können. Eins ihrer weißen Söckchen war hochgezogen, das andere auf den Knöchel heruntergerutscht, ihre Zöpfe lösten sich auf. Neben der Vogeltränke in Peters Garten standen wir uns gegenüber, fühlten uns der anderen überlegen und misstrauten einander. Karen hatte die rostige grüne Gießkanne in der Hand, mit der ich immer die Tomaten goss.
    »Na los, nehmt euch in die Arme«, sagte Peter. »Das ist die beste Art, sich kennenzulernen. Eine schönere Begrüßung kann ich mir nicht vorstellen.«
    Wir umarmten uns steif, und Peter sagte: »Wie zwei Schwestern! Ihr beide werdet euch gut verstehen.«
    Ich war einfach nur entsetzt darüber, wie Karen sich benahm. Sie spuckte auf den Boden. Sie fluchte und sagte Wörter, die ich noch nie gehört hatte, obwohl ich acht Jahre alt war und sie erst sechs. Peter erklärte, Karen hätte eine schwere Zeit hinter sich, ich müsse Geduld mit ihr haben – Karens Mutter war drogenabhängig –, sie sei schon bei der vierten Pflegefamilie. Er nannte es »Synchronizität der Ereignisse«, dass Karen ausgerechnet zu dem Zeitpunkt gekommen war, als er allmählich depressiv wurde, weil ich in Puerto Rico war. »Ich wusste ja nicht, wann du zurückkommen würdest«, sagte er zu mir, als wir allein waren. »Ich war mir nicht mal sicher, ob wir uns überhaupt wiedersehen würden. Karen hat mir geholfen, mich von diesem Gedanken abzulenken.« Als er meinen Gesichtsausdruck sah, fügte er schnell hinzu: »Aber natürlich kann dich niemand ersetzen, meine Süße.«
    Ich begriff Peters Bedürfnis nach Karen einfach nicht, aber ich wusste, dass er mich zwingen würde, sie gern zu haben. Ich hatte Peter bereits einmal enttäuscht und wollte nicht riskieren, seine Gunst erneut zu verlieren. Vielleicht konnte Karen trotz ihrer wilden Art oder vielleicht gerade deshalb ein liebenswertes Mädchen sein. Peter schien Karen innig zu lieben, und auch meine Mutter empfand sofort Zuneigung für sie, bezeichnete sie oft als »süßes Mädchen«, auch wenn sie aus einer »schlimmen Familie« stamme. Meine Mutter war froh, aus dem Krankenhaus heraus zu sein; außerdem freute sie sich, dass Poppa endlich eine neue Stelle als Goldschmied gefunden hatte und Überstunden machte, um die finanziellen Verluste auszugleichen, die wir während seiner Arbeitslosigkeit hatten hinnehmen müssen. Ich merkte, wie glücklich Mommy war, regelmäßig montags und freitags zu Peter zu gehen; sie beschwerte sich, im Krankenhaus sei es langweilig gewesen, man habe ihre Medikamente umgestellt, so dass sie

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