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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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beigebracht, mit Stäbchen zu essen, so dass Peter der Einzige war, der um eine Gabel bat – ein Anliegen, das Poppa missbilligte, wie ich wusste.
    »Hitler zum Beispiel – das habe ich gelesen, es ist gut belegt –, Hitler liebte seine Mutter. Man kann über Hitler sagen, was man will: Er war ein Wahnsinniger, ein Tyrann, der unvorstellbare Grausamkeiten, Völkermord und Krieg auf dem Gewissen hat, aber er liebte seine Mutter. Deshalb denke ich manchmal, dass selbst Hitler ein Gewissen hatte. Weil er seine Mutter liebte.«
    »Oh, Louie, bitte«, sagte meine Mutter. »Hier sitzen Leute.«
    »Na, und? Ich sage die Wahrheit! So schlimm dieser Mann auch war, er liebte seine Mutter!«
    Meine Mutter warf Peter einen Blick zu.
    »Gut und böse, was ist das überhaupt?«, fuhr Poppa fort. »Kann man mit absoluter Sicherheit behaupten, dass Hitler böse war? Kann man das mit absoluter Sicherheit sagen?«
    »Also, ich habe selbst so einiges über Hitler gelesen«, sagte Peter. »War Deutschland für ihn nicht ein Symbol seiner Mutter? Ist das nicht der Grund für all seine Grausamkeiten?«
    »Ja«, sagte Poppa, und seine energischen Bewegungen brachten das goldene Kreuz zum Wackeln. »Genau! Das ist die Psychologie dahinter! Zum Beispiel liebte Hitler deutsche Kinder. Es gibt zahlreiche Bilder davon, wie er kleinen blonden Jungen und Mädchen über den Kopf streicht.«
    »Könnten wir bitte das Thema wechseln?«, fragte Mommy.
    »Diese Frau«, sagte Poppa und stieß Peter an.
    Wir unterbrachen das Gespräch, um zuzusehen, wie der Koch seine Kunststücke mit dem Salz- und Pfefferstreuer vollführte. Er entzündete das Öl in der Pfanne, das zum Erstaunen der gesamten Tischgesellschaft als Stichflamme emporschlug. Alle klatschten.
    »Super«, sagte Peter. »Ich mochte Zauberei schon immer gerne. Selbst kann ich nur ein paar Kartentricks, nichts Besonderes.«
    »Ich persönlich habe das schon besser gesehen. Haben Sie gemerkt, dass er fast den Salzstreuer fallen gelassen hat? Er ist noch unerfahren«, sagte Poppa mit leiser Stimme, damit der Koch es nicht hörte. »Ich bin schon so oft hier gewesen, dass ich jeden Koch kenne, keiner dieser Tricks ist mir neu. Für Sie, Peter, ist das bestimmt etwas ganz Besonderes.« Poppa lächelte. »Wenn Sie so oft herkommen wie ich, beeindruckt es Sie nicht mehr. Ich bin so oft hier, dass ich schon über dreißig Streichholzheftchen habe. Komme gar nicht dazu, sie alle zu benutzen. Wenn ich Sie wäre, Peter, hätte ich bestimmt schon alle aufgebraucht. Ich habe gesehen, dass Sie viel rauchen. Ich für meinen Teil … ich halte mein Maß … Ich rauche nur zur Entspannung, nicht weil ich abhängig bin. Aber ich denke, wenn ich in Ihrer Lage wäre: den ganzen Tag zu Hause sitzen, viel Zeit totzuschlagen, würde ich es mir wahrscheinlich auch wieder angewöhnen.« Poppa hielt inne, um einen Schluck Sake zu trinken. »Wie ich jedenfalls eben sagte: Niemand auf dieser Welt ist einfach nur böse. Nicht mal Hitler. Das reine Böse ist nicht möglich. Es existiert nicht.«
    »Da bin ich Ihrer Meinung, Louie«, sagte Peter. »Die Natur kennt keine geraden Linien. In der Natur kann es keine absolut gerade Linie geben. Das ist unmöglich.«
    Mommy war entsetzt. »Hitler war ein böser Mensch!«
    Poppa antwortete nicht sofort. Er konzentrierte sich darauf, mit seinen Stäbchen den klebrigen weißen Reis hochzuheben. Es war eine fast unmögliche Aufgabe, doch Poppa schaffte es immer, ohne dass ihm ein Reiskorn herunterfiel. »Darum geht es nicht. Du verstehst überhaupt nicht, um was es gerade geht. Glaubst du vielleicht, ich rede der Dummheit das Wort? Denkst du etwa, ich sehe keine Nachrichten? Meinst du, ich unterstütze Verbrecher? Bei den Manson-Morden wurde mir schlecht. Ich sage nur über Hitler, dass der Mann seine Mutter liebte …«
    »Ich will jetzt nichts mehr über Hitler hören!«, zischte meine Mutter. »Das Gespräch ist doch pervers. Hitler schmort in der Hölle, und ich möchte nicht mehr vor Margaux über ihn sprechen.«
    Poppa stieß Peter an. »Sehen Sie, womit ich mich rumschlagen muss? Tag für Tag? Diese Frau hat eine schlichte Weltsicht. Ich hingegen analysiere gerne alles. Ich bin ein Denker. Diese Frau hat schon ihre feste Meinung, bevor man anfängt zu diskutieren.«
    Peter rutschte auf seinem Stuhl herum. »Ich weiß nur, dass Sie es gemeinsam geschafft haben, eine wunderbare Tochter großzuziehen.« Er lächelte mich an und sah dann den beiden ins Gesicht. Mommy aß mit

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