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Tigermilch

Tigermilch

Titel: Tigermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie de Velasco
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hebt den Zeigefinger, ein Land, in dem die Menschenrechte verletzt werden. Und deswegen bist du nach Deutschland gekommen, oder?
    Richtiger Detektiv, denke ich, dieser Kopps-Krüger.
    Jameelah schweigt.
    Würde mich echt nicht wundern, wenn er einen Dicken in der Hose hätte. Immer diese Menschen, die so tun, als wären sie interessiert, in Wirklichkeit wollen sie einen doch nur ausziehen, nackt an die Wand stellen und sich einen darauf kloppen, dass es ihnen viel besser geht als den anderen. Immer diese Menschen, die Fragen stellen, immer diese Fragen, die nach Verhör klingen, als hätte Jameelah irgendwas Schlimmes gemacht. Normalerweise bauen wir ja zusammen Scheiße, Jameelah und ich, aber wenn diese Menschen kommen und diese Fragen stellen und so tun, als ob sie es nur gut meinen, dann sitze ich wie hinter einer Kommissarglaswand, wie beim Tatort, ich kann Jameelah sehen, aber Jameelah mich nicht mehr.
    Was soll denn die blöde Fragerei, sage ich, und überhaupt, wieso reden wir denn über Guatemala und Irak und so, ich meine, wie weit weg ist das denn bitte.
    Worüber willst du denn reden, fragt der Kopps-Krüger.
    Ungerechtigkeit gibt es doch auch hier, sage ich.
    Was denn zum Beispiel, sagt der Kopps-Krüger.
    Keine Ahnung, zum Beispiel, wenn Leute abgeschoben werden. Das ist doch auch ungerecht.
    Halt die Klappe, sagt Jameelah und schaut mich wütend an.
    Der Kopps-Krüger hebt die Augenbrauen.
    Wieso, sagt er, wer soll denn abgeschoben werden?
    In der Teestube wird es plötzlich voll still, Lukas schiebt seine Mütze noch tiefer ins Gesicht, das sehe ich genau, er ist kein Soldat, in Ordnung, dann soll er aber auch nicht so tun, als ob.
    Niemand, sage ich schnell, das war doch nur ein Beispiel. Es gibt ja auch viel Gutes, stimmt schon, ich meine, Jameelah wird jetzt sogar eingebürgert.
    Das freut mich, sagt der Kopps-Krüger.
    Ja, dann wird sie richtig deutsch, und dann machen wir eine Kartoffelparty, sage ich und schaue zu Jameelah, stimmt doch, oder?
    Ja, sagt sie und lächelt schüchtern rüber zu Lukas. Er lächelt zurück.
     
     
    Am Samstag klingelt es um halb zehn Sturm, ich bin noch voll verpennt, und als ich die Tür öffne, steht Jameelah da.
    Wir müssen zur Wilmersdorfer, ist doch Samstag.
    Ich kapiere zuerst überhaupt nicht, worum es geht.
    Hallo, Straßenkinder in Guatemala, Sammelaktion, sagt Jameelah und hält ein leeres Apfelmusglas in der Hand, auf dem ein Zettel klebt. Für die armen Straßenkinder steht da.
    Sag mal, spinnst du? Du willst echt für diesen Kotz-Krüger und seine Scheißstraßenkinder Geld sammeln gehen, kann doch nicht sein, sage ich.
    Was interessieren mich die Straßenkinder, ich will Lukas sehen!
    Mann, dieser Kotz-Krüger, der will doch nur, dass wir ihm helfen, damit er behaupten kann, er macht die Welt besser. Und das Schlimmste ist, darauf kloppt der sich auch noch einen, wetten.
    Soll er sich seinen Schwanz doch zum Faden wichsen, sagt Jameelah, ich muss Lukas küssen, und deswegen muss ich mit ihm zusammen für die Straßenkinder sammeln.
    Ich knurre irgendwas, und kurz darauf sitzen wir schon in der Bahn.
    Zuerst denke ich, an der Wilmersdorfer ist Markt, aber dann sehe ich, dass da lauter Stände von Vereinen und Gruppen sind, und hinter einem der Tapeziertische steht der Kotz-Krüger. Lukas und die anderen sind auch schon da, sie räumen aus einem Karton jede Menge Hefte und Flyer, die sie auf dem Tisch verteilen. Dass die sich für so einen Scheiß hergeben, denke ich, und das auch noch am Samstagmorgen, das hat schon fast was von Straßenkindern in Guatemala, finde ich.
    Jameelah hält Lukas von hinten die Augen zu, so wie Anna-Lena neulich am Planet.
    Salam, sagt sie zu Lukas.
    Das freut mich aber, dass ihr auch da seid, sagt der Kotz-Krüger, als er uns sieht.
    Jameelah kramt in ihrem Rucksack und stellt stolz das Apfelmusglas auf den Tapeziertisch.
    Von mir aus kanns losgehen, sagt sie, aber der Kotz-Krüger schüttelt den Kopf.
    Geht leider nicht, sagt er und hebt den Zeigefinger, die Spendenbüchsen müssen verplombt sein.
    Aus dem Karton auf dem Boden holt er einen Haufen Blechbüchsen, aber am Ende ist eine Büchse zu wenig da. Der Kotz-Krüger hat wohl seinen guten Tag und sagt, in Ordnung, nehmt ihr halt euer Glas. Aus seinem Mund riecht es mal wieder nach verfaulter Welt.
    Lukas steht hinterm Tapeziertisch.
    Gehst du gar nicht sammeln, fragt Jameelah.
    Nein, ich bleibe hier und verteile Infoblätter, sagt er, aber vielleicht können wir später

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