Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tijuana Blues

Tijuana Blues

Titel: Tijuana Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Trujillo Muñoz
Vom Netzwerk:
Noch Fragen, Mister Lawyer? «
    Morgado ließ die Eiswürfel in seinem Glas klirren. »Wer ist auf den Gedanken mit der Puppe gekommen?«, fragte er.
    »Dave. Wer sonst? Er hatte was übrig für solche Sachen. Und ich, jung und dumm, wie ich war, sah nicht, dass sie bei dem Hinterhalt das Zeichen war. Damals habe ich viele Dinge nicht gesehen. Jetzt ist das anders.«
    »Und Burroughs’ Päckchen für Alan? Was war darin?«
    Der alte Mann starrte auf das friedliche Wasser seines Schwimmbeckens. Das Blau schien ihn zu beruhigen. »Burroughs’ Päckchen«, murmelte er vor sich hin. »Da habe ich gar nicht mehr dran gedacht. Alan hat es gar nicht zu Gesicht bekommen. Es war ihm wichtiger, dass ich gerettet wurde. Danach hat Dave nicht lang genug gelebt, um zu … wie heißt es?«
    »Prahlen«, bemerkte Leobardo.
    »Ja. Prahlen.«
    Dann wandte er sich an einen seiner Leibwächter: »Bring mir die blaue Schachtel aus der Bibliothek. Neben der Apollostatue. Schnell!«
    »Die Zeitungen berichteten, es sei ein harter Schlag für den Drogenhandel gewesen und es habe monatelang kein Heroin in Tijuana gegeben«, fuhr Morgado fort. »Aber ein Mann, der an jenem Abend im El Tecolote war, behauptet, die mexikanische Polizei habe es verkauft, direkt, ohne Strohmänner.«
    »Sie haben es über Tercerero verkauft«, erinnerte sich der Alte sofort, »darin war er Experte. Aber während er seinem business nachging, haben ihm Freunde von mir meine Botschaft überbracht.«
    »Eine sehr finale Botschaft«, bemerkte Morgado.
    »Ich habe ihn nur für seine Dienste bezahlt. Ein Geschenk.«
    Der Leibwächter kam mit einer kleinen Schachtel und übergab sie Mister Kaul.
    »Hier ist sie«, sagte er und reichte sie Morgado.
    »Kann ich sie aufmachen?«
    » Yes. Hin und wieder habe ich einen Blick hineingeworfen.«
    Morgado hob den Deckel und legte ihn auf den Boden, dann untersuchte er den Inhalt. Ein ganzer Stoß vergilbter, mit Maschine geschriebener Seiten. Auf der ersten stand der Titel eines Werks: Junkie. Und darunter der Name des Autors: William S. Burroughs. Und ein Spitzname: The Outlaw.
    »Ich habe die Geschichte oft gelesen«, sagte der Alte mit einem Hauch von Wehmut. »Immer wenn die Geschäfte schlecht liefen oder ich Probleme hatte, habe ich das gelesen, und dann fühlte ich mich besser. Jetzt läuft alles gut.«
    »Warum?«, fragte Morgado.
    »Weil ich genau das hätte werden können: ein Junkie. In diesem Geschäft, wenn so viel Ware durch deine Hände geht, ist die Versuchung groß. Die Gefahr, genauso zu werden wie deine Kunden, steigt mit jedem Verkauf, den du tätigst. Es ist ein enormer Druck. Eine Last. Und zu lesen, wie es ist, in dieser Hölle zu leben, hilft dagegen.«
    »Aber Höllen verkaufen, das können Sie, Mister Kaul«, attackierte Morgado ihn.
    »Nicht mehr. Jetzt sind all meine Geschäfte legal. Gute Investitionen. Nichts mit Drogen. Nothing. Das ist vorbei.«
    Morgado glaubte nicht ein Wort von dem, was der alte Mann erzählte. Dieser Puritaner, der billiges Vergnügen verkaufte, das man am Ende nicht selten mit dem Leben bezahlte.
    »Aus dem business bin ich draußen«, fügte der Alte hinzu. »Ich schenke Ihnen diese Schachtel samt Inhalt.«
    Morgado wollte das Angebot zurückweisen, aber Leobardo kam ihm zuvor. »Danke. Sehr freundlich von Ihnen.«
    »Wars das?«, fragte Mister Kaul und zeigte offen, wie ihn die Anwesenheit der beiden Besucher langweilte.
    »Waren Sie mal Kommunist?«, fragte Morgado, als er sich erinnerte, was ihm Güero von seinem Vater erzählt hatte.
    Der alte Mann lächelte verschlagen. »Fragen Sie doch das FBI, zu dem Sie so gute Beziehungen unterhalten. Noch was?«
    »Ja«, sagte der Rechtsanwalt. »Wollen Sie Ihrer Familie in Mexiko etwas ausrichten?«
    Der alte Mann stand auf und winkte den Kellner zu sich. Der kam mit einem Klapptischchen mit Papieren und Scheckheften auf ihn zu. Der alte Mann schlug eines davon auf und nahm einen goldenen Füllfederhalter. »Sind hunderttausend Dollar in Ordnung?«, fragte er.
    Als der Scheck unterzeichnet war und er wieder aufsah, sah er, wie die beiden Mexikaner über den Betonweg auf das Tor zugingen.
    » What’s wrong, Mister Lawyer? « , rief er.
    Morgado machte sich nicht einmal die Mühe, stehen zu bleiben und ihm eine Antwort zu geben.
    »Scheiß Mexikaner!«, klagte der Alte. »Ich mag die Kerle nicht.«
    Und als er an die von Morgado überbrachten Informationen dachte, platzte es aus ihm heraus: »Ich habe keine mexikanische Familie!

Weitere Kostenlose Bücher