Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
das, was wir zu sehen glauben, wirklich die Realität? Aber damit begibt man sich auf ein sehr schwieriges Terrain. Wir haben deshalb versucht, dem Pinguin eine plausible Hintergrundgeschichte und ein ausgefeiltes psychologisches Profil zu verleihen. Vermutlich habe ich es damit etwas übertrieben und zu viel Zeit darauf verwendet. Aber ich glaube, es gibt keinen besseren Schauspieler als Danny DeVito, um dem Zuschauer diese grauenhafte Figur nahezubringen.
Ich fand es gut, dass nicht ganz klar wird, ob Catwoman zu den Guten oder zu den Bösen gehört. Sie war nie eine eindeutig böse Figur, auch nicht in der Fernsehserie. Ich konnte sie jedenfalls nicht als reine Schurkin begreifen, weil ich nicht glaube, dass jemand nur böse sein kann.
Für die Doppelrolle der Selina Kyle, Max Shrecks unscheinbare Sekretärin, die sich in Catwoman verwandelt, nachdem sie in einer typisch burtonesken Szene die Lebensenergie einiger Straßenkatzen in sich aufnimmt, hatte Burton ursprünglich Annette Bening engagiert, die jedoch aufgrund einer Schwangerschaft absagen musste. Für Burton gab es nur eine andere Schauspielerin, die für die Rolle infrage kam: Michelle Pfeiffer. Für Aufregung sorgte Sean Young, die im ersten BATMAN -Film Kim Basingers Rolle hätte übernehmen sollen, sich im Vorfeld jedoch bei einem Reitunfall den Arm brach. Sie war der Meinung, dass Pfeiffers Rolle eigentlich ihr zugestanden hätte, und tauchte als Catwoman verkleidet auf dem Studiogelände von Warner Bros. auf.
Sean Young kam in mein Büro, als ich gerade unterwegs war. Und als sie jemanden entdeckte, der mir ähnlich sah, jagte sie ihm ihren Assistenten oder Bodyguard auf den Hals. Ich glaube, es war der Presseagent des Films, der einen ziemlichen Schreck bekam. Als die Leute in meinem Büro ihr sagten, dass sie den Falschen erwischt hatte,stürmte sie in Mark Cantons Büro, wo gerade Michael Keaton war, und verlangte, für den Film engagiert zu werden. Danach tingelte sie durch alle möglichen Talkshows und beschwerte sich darüber, dass sie von Hollywood »unfair« behandelt worden sei. Es war vollkommen absurd. Das Casting ist eine Wahl, die man trifft. Ich bin nicht der »böse Hollywood-Regisseur«, der ihr keine Chance gegeben hat.
Sie hat trotzdem eine Riesensache daraus gemacht. In der Joan Rivers Show erschien sie als Catwoman verkleidet – wobei das Outfit meiner Meinung nach eher in einen Wrestling-Film gepasst hätte – und beklagte sich darüber, dass die »hohen Tiere Hollywoods« sie nicht zum Casting einladen würden. Das hat mich ziemlich geärgert, weil ich so nicht wahrgenommen werden möchte. Das Casting ist etwas, worüber ich mir viele Gedanken mache. Ich bin kein Regisseur, der sich wahllos mit irgendwelchen Leuten trifft und haufenweise Schauspieler antanzen lässt. Ich will nicht anderer Leute Zeit verschwenden. Sean Young hat völlig überzogen reagiert. Dass sie gern Catwoman spielen wollte, kann ich verstehen, es ist ja auch eine tolle Rolle. Sogar ich würde gern mal Catwoman spielen. Aber es ist eben eine Casting-Entscheidung, und die liegt bei mir. Das hat nichts mitrichtig oder falsch zu tun. Sie wettert gegen das »Hollywood-System«, und ich sage: »Es ist meine Entscheidung als Künstler.«
Der Regisseur brieft seine Hauptdarsteller
Als ich Michelle das erste Mal traf, hatte ich kaum einen ihrer Filme gesehen. Aber das Treffen lief gut, und sie war mir sympathisch. Sie hat etwas Katzenhaftes an sich, wie man es bei Catwoman erwarten würde. Wir haben uns kennengelernt, und ich mochte sie. Es war eine einfache Entscheidung. Sie hatte einen Bezug zum Material. Sie stammt aus Orange County und ist in derselben Zeit und Umgebung aufgewachsen wie ich. Vielleicht haben wir uns deshalb so gut verstanden. Außerdem ist sie eine sehr talentierte Schauspielerin und hat wirklich gute Arbeit geleistet. Ich war beeindruckt von ihrer körperlichen Fitness und dass sie auch vor schrägen Ideen nicht zurückschreckte – sie hat Vögel in den Mund genommen und eine Menge Quatsch mitgemacht. Außerdem hat sie einen interessanten Blick. Wenn das Gesicht von einer Maske verdeckt ist, sind die Augen sehr wichtig.
Burtons Faszination an der Doppelnatur der Figuren findet ihren Ausdruck in düsteren, komplexen Dialogen. Batman und Catwoman fühlen sich auf gefährliche Weise zueinander hingezogen. Befreit von ihren Kostümen und Masken, gelingt es ihnen jedoch nicht, eine Beziehung zueinander aufzubauen.
Masken werden immer als
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