Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
habe ein Jahr meines Lebens auf dieses Projekt verschwendet, und am Ende löste sich alles in Luft auf – keine angenehme Erfahrung. Wenn man sich endlose Stunden lang in zahlreichen Besprechungsräumen für nichts und wieder nichts abrackert, ist das ziemlich niederschmetternd. Ich bin gern kreativ. Diese ständigen Meetings gingen mir dagegen nur auf die Nerven. Ich habe Spaß daran, Dinge zu erschaffen – und dazu bin ich ein ganzes Jahr lang nicht gekommen.
1997 veröffentlichte Burton Das traurige Ende des Austernjungen , ein Buch mit dreiundzwanzig gereimten und illustrierten Erzählungen. Erzählton und Inhalt der Geschichten – die Titel tragen wie: »The Girl with Many Eyes« (»Vielaugen-Lola«), »Melonhead« (»Melonenkopp«) und »The Girl Who Turned into a Bed« (»Das Mädchen, das sich in ein Bett verwandelte«) – sind typisch für Burton. Wieder geht es um die Sorgen und Ängste jugendlicher Außenseiter, die auf komische und leicht makabre Weise beschrieben werden. Die New York Times bezeichnete Burtons Stil als »kindlich und ausgefeilt zugleich«.
Das sind kleine Geschichten für den modernen Leser mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne. Nichts Besonderes. Aber mir hat es Spaß gemacht. Ich habe die Erzählungen während der Arbeit an Superman geschrieben – sie waren für mich ein kreativer Ausgleich. Die Geschichten geben einen kleinen Einblick in meine Gedankenwelt, soticke ich einfach. Außerdem hat das Schreiben für mich etwas unheimlich Beruhigendes. Ich kann mich dann besser konzentrieren und bin nicht so nervös wie sonst. Lisa Marie hat einiges zu den Geschichten beigetragen. Ich verdanke ihr wirklich sehr viel.
In zwei der Geschichten geht es um eine Figur namens Schmutzfink – ein kindlicher Superheld, dessen »Gabe« darin besteht, überall hässliche Schmutzflecken zu hinterlassen. Mit seinem Cape und dem großen »S« auf der Brust erinnert er an eine andere, weitaus prominentere Superheldenfigur.
Schmutzfink ist eine meiner Lieblingsfiguren. Er steht quasi für die ganze Superman -Erfahrung, dieses verlorene Jahr – genau so habe ich mich damals gefühlt. Wenn jemand wissen möchte, wie dieses Jahr für mich gewesen ist, muss er nur diese Geschichten lesen.
Burton ist nicht nur ein versierter Maler und Illustrator – sondern auch Fotograf. Er arbeitet mit verschiedenen Formaten, von normalen 35-mm-Filmen bis hin zu 3-D-Kameras und großen Polaroid-Apparaten.
Ich arbeite gern mit unterschiedlichen Medien, um meine Ideen umzusetzen. Das Visuelle liegt mir besonders, weil es ohne den Umweg über den Verstand direkt das Unterbewusstsein anspricht – das ist authentischer.
Auf der Mehrzahl von Burtons Fotos ist seine langjährige Freundin Lisa Marie zu sehen.
Als ich sie kennenlernte, habe ich eine Verbindung gespürt wie noch bei keinem anderen Menschen. Zwischen uns besteht eine ganz besondere Chemie. Wir machen gern Ausflüge, schießen Fotos und leben so unkonventionell wie möglich. Wir haben auch ein paar Fotos von merkwürdigen Pflanzen und Tieren gemacht, die wir zusammengebastelt hatten, aber meistens fotografiere ich Lisa. Es ist einfach schön, einen geliebten Menschen um sich zu haben. Besser jedenfalls, als immer nur allein vor sich hin zu werkeln.
Eine frühe Skizze Burtons
B urtons Muse Lisa Marie tritt auch in seinen Filmen auf – als Vampira in ED WOOD , als stumme, Kaugummi kauende Marsianerin mit hochtoupierter Frisur, die sich in MARS ATTACKS! ins Weiße Haus einschleicht, und als Ichabod Cranes Mutter in SLEEPY HOLLOW .
Weil wir zusammen sind, können wir vieles einfach spontan ausprobieren, was mit anderen Schauspielern nicht so ohne Weiteres möglich ist. Zum Beispiel experimentieren wir an den Wochenenden manchmal ein bisschen mit Kostümen und Make-up. Einmal haben wir eine billige Perücke gekauft, sind damit nach Washington gefahrenund haben dort ein paar Polaroid-Aufnahmen gemacht – eine Vorstudie für MARS ATTACKS! .
Lisa Maries Auftritt in MARS ATTACKS! ist eine der beeindruckendsten Szenen des Films. In einem rot-weißen Kleid, das Burton selbst entworfen hat, gleitet sie wortlos ins Weiße Haus – was zugleich gruselig und komisch wirkt –, um den Präsidenten und die First Lady zu ermorden.
Diese Szene hat wirklich Spaß gemacht. Ich finde, Lisa Marie hat gute Arbeit geleistet. Es ist nicht leicht, so einen stummen Auftritt überzeugend hinzubekommen. In ihr Kostüm haben wir ziemlich viel Zeit investiert. Außerdem haben wir es
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