Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
und mythischer Symbole verwendet – ein bisschen wie bei Jason und die Argonauten . Das Interessante daran ist, dass diese Symbole von jeder Kultur und Generation ganz anders gedeutet werden. Deshalb kennt man zum Beispiel »die Schöne und das Biest« in hundert verschiedenen Varianten. Und jedes Mal ist es anders, weil es so ein universelles Motiv ist. Mythenund Legenden haben mich schon immer fasziniert. Erwachsene vergessen oft, dass diese Geschichten von Hexen und Werwölfen einen realen emotionalen Gehalt haben. Deshalb eignen sie sich auch so gut dafür, auf übertragene Weise echte Gefühle auszuloten. Mich hat immer gewundert, dass sie bei den meisten Menschen ab einem gewissen Alter keine Rolle mehr spielen.
Die Zeit steht still: Edward Bloom trifft die Liebe seines Lebens
Auch wenn ich zu meinem Vater keine gute Beziehung hatte, hatte er in meiner Kindheit beinahe etwas Magisches an sich. Er hatte falsche Zähne, von denen zwei ziemlich spitz waren, und hat immer behauptet, ein Werwolf zu sein. Er konnte mit den falschen Zähnen wackeln, was uns Kinder damals in Entzücken versetzt hat. Diese Magie hat er für mich später verloren, und es war wichtig, sich wieder daran zu erinnern. Obwohl ich schon sehr jung ziemlich selbstständig war, hatte die frühe Kindheit einen starken Einfluss auf mich. Und es gab einige sehr surreale und magische Momente darin.
Am meisten hat mich das Motiv des Zirkus interessiert, auch wenn ich nicht genau sagen kann, warum, weil ich den Zirkus eigentlich nie gemocht habe. Bei diesem Film war das anders. Es war ein ziemlich altmodischer Zirkus, vergleichbar mit den sogenannten Mud Shows, die es heute noch im Norden Floridas gibt. Das hat mich an eine Art des Filmemachens erinnert, wo man mit anderen Leuten spontan etwas auf die Beine stellt. Diese Szenen haben wirklich Spaß gemacht. Wir waren in Alabama, umgeben von Zirkusleuten. Filmleute sind ein bisschen wie Zirkusleute, während Zirkusleute … eben Zirkusleute sind.
Ich mochte besonders die lebensmüde Katze. Mit ihr haben wir mehrere Aufnahmen gemacht, und jede war anders. Als ich den Typen mit seiner Katze das erste Mal in einem Zirkus in Florida sah, dachte ich: »Den müssen wir haben!« Ich glaube, er war Russe und verdiente sich sein Geld damit, seine Katze irgendwo herunterspringen zu lassen. Wenn ich nicht Regisseur wäre, hätte ich gern seinen Job – er arbeitet ganze zwanzig Sekunden am Tag. Von der Katze war ich jedenfalls sehr beeindruckt. Normalerweise würde ich so etwas in einem Film nicht zeigen, weil sie wohl kaum freiwillig springt und es nicht in ihrer Natur liegt, aber ich muss zugeben: Die Nummer war einfach großartig!
E inige Szenen in BIG FISH erinnern an frühere Burton-Filme, nicht zuletzt die, in der Edward Blooms Gartenbaubetrieb in Ashton zu sehen ist. Die Rasenflächen in der Vorstadt, die sein Unternehmen pflegt, wirken wie die in EDWARD MIT DEN SCHERENHÄNDEN .
Natürlich sind mir diese Parallelen aufgefallen, aber beim Filmen denke ich nicht bewusst darüber nach. Bei der Szene über die Gartenbaufirma hatte ich eher bestimmte Werbeanzeigen aus meiner Kindheit im Sinn, besonders eine für »Mike Diamond Plumbing«, oder die Werbung für Präzisionsrasenmäher im Look -Magazin aus den Fünfzigern. Es ging mir um eine bestimmte Atmosphäre. Solche konkreten Bezüge nehme ich meistens erst rückblickend wahr.
Der Film endet mit dem Song »Man of the Hour«, der von Eddie Vedder von Pearl Jam geschrieben wurde. Seit dem Beitrag von Prince zu BATMAN war es das erste Mal, dass sich Burton eigens für einen Film einen Song hat schreiben lassen – sieht man von den Stücken ab, die Danny Elfman für NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS komponiert hat.
Eddie Vedder hat sich den Film angeschaut und mochte ihn. Er wollte gern etwas beisteuern und ist sehr gelassen an die Sache herangegangen. »Wenn es dir nicht gefällt, ist das nicht schlimm«, hat er gesagt. Die Zusammenarbeit mit einem Musiker, den ich sehr schätze, kann durchaus problematisch sein. Ich fand seinen Song allerdings wirklich schön und habe mich ungeheuer geehrt gefühlt. Er hat die Atmosphäre des Films super eingefangen, und seine Stimme ist einfach fantastisch!
Kurz nach dem Kinostart von BIG FISH wurde Burton selbst Vater. Helena Bonham Carter brachte am 4. Oktober 2003 einen Jungen zur Welt, der auf den Namen Billy Burton getauft wurde. (Einer der lustigsten Momente in BIG FISH ist ironischerweise die Geburt von Edward
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