Tim (German Edition)
ich folgendes:
Nein Charlie, ich habe nicht den Verstand verloren. Ich bin nur dabei, mich selbst zu finden. Ich will etwas Außergewöhnliches in meinem Leben erreichen. Und dazu braucht es den neuen Tim. Ich habe lange darüber nachgedacht und ich kann beides tun. Alle drei Dinge, wenn du die Schule dazu zählst. Ich werde es schaffen. Und ich werde auch die Zeit finden, dir einmal im Monat zu schreiben. Der nette Nebeneffekt ist, dass ich so beschäftigt sein werde, dass ich die zwei weiteren Jahre überleben kann, in denen wir nicht zusammen sein können.
Ich war schon vom Gedanken an seinen Terminplan erschöpft — selbst der neue Charlie. Er schilderte mir seinen Plan ausführlich:
Aufstehen muss ich um 6:00 Uhr oder 6:30 Uhr. Dann fährt Carl mit mir zur Schule. Da ich nicht alleine im Pool sein darf, hat sich Carl breit schlagen lassen, mich zu begleiten. Dort springe ich dann 1,5 bis 2 Stunden. Mein Coach hat zugestimmt, auch ab und zu morgens da zu sein, um mir zu helfen. Nach dem Training muss ich schnell duschen und danach ist Unterricht. Nach der Schule bin ich an drei Tagen beim Turnen, die anderen beiden Tage beim Turmspringen. Abends dann Hausaufgaben und Lernen, dann früh ins Bett. Samstag Vormittag Turmspringen, Nachmittags Gymnastik. Abends treffe ich mich dann mit Tina und wir gehen ins Kino oder woanders hin. Am Sonntag muss ich dann wieder etwas für die Schule tun und zwischendurch ein bisschen laufen, um ihn Form zu bleiben.
Wie bitte? Ich war fassungslos. Wie konnten seine Eltern nur so einen mörderischen Stundenplan erlauben? Seine Trainer mussten wahnsinnig sein, so etwas zuzulassen. Ich behielt meine Kritik aber vorerst für mich. Erst einige Wochen später sprach ich mit Norman am Telefon und äußerte meine Bedenken. Er versicherte mir, dass Betsy und er die gleichen Bedenken hatten. Tim wollte aber kein Nein akzeptieren. Er hatte sich etwas in den Kopf gesetzt und er blieb dabei. Norman und Betsy gaben schließlich auf und willigten ein. Selbst Carl stimmte zu, ihn zum Pool zu begleiten und dort seine Hausaufgaben zu erledigen, während Tim trainierte. Das Resultat war überraschend: Norman versicherte mir, dass er Tim nur ein einziges Mal in seinem Leben glücklicher gesehen hat. Und das war an dem Wochenende, das ich mit ihm in Minneapolis verbracht hatte. Tim blühte in seinem Trainingsplan förmlich auf. Niemand konnte glauben, dass er es wirklich durchhalten würde. Aber genau das tat er, ohne ein Wort der Beschwerde. Er wurde in diesem Jahr Landesmeister im Turmspringen und entwickelte sich auch zu einem außergewöhnlichen Turner.
Da ich das zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht wusste, dachte ich lange darüber nach, wie ich Tim auf seinen Brief antworten sollte. Sollte ich ihn anspornen oder entmutigen? Ich war vermutlich der einzige Mensch, der ihn aufhalten konnte. Auf mich würde er sicher hören. Ich war davon überzeugt, dass er seinen Kurs sofort geändert hätte, wenn unsere Liebe dabei auf dem Spiel gestanden hätte. Aber konnte ich ihm das antun? Natürlich nicht. Zudem vertraute ich darauf, dass er wusste was er tat und dass er sich nicht übernehmen würde.
In meiner Antwort ging ich nicht darauf ein, für wie verrückt ich sein Vorhaben hielt. Ich schrieb einen einzigen Satz, den ich von ihm auch schon zu lesen bekommen hatte: nichts wie ran! Mehr war nicht nötig. Ich wusste, dass Tim keinen seitenlangen Brief mit Ratschlägen brauchte. Also war das alles, was mein elfter Brief an ihn enthielt.
Nach dem Ende des Sommers im Camp verbrachte ich noch eine Woche mit meiner Familie in unserem Sommerhaus, bevor ich nach Rockford zurück kehrte. Dort holte mich ziemlich schnell der Alltag wieder ein.
Kapitel 34: Tim
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Ich war eifersüchtig. Ich bekam E-Mails von Tom, Ronnie, Andy, Jim und Franklin. Alle prahlten damit, dass sie den Sommer mit Charlie verbracht hatten. Das war gemein! Aber ich wusste, dass sie mich damit nur ein bisschen aufziehen, aber nicht deprimieren wollten. Ich nahm es ihnen nicht übel. Sie hatten ein Jahr gebraucht, um 1 und 1 zusammen zu zählen. Es tat aber wirklich gut, auch mit ihnen über Charlie und mich reden zu können. Franklin wusste schon länger Bescheid, aber nun konnte ich auch die anderen mit meiner Schwärmerei für Charlie nerven. Das hatten sie davon! Ich wusste nicht, wie Charlie auf meinen neuen Trainingsplan reagieren würde. Mir war klar, dass ich mir eine Menge vorgenommen hatte. Ich war mir aber sicher,
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