Time to Die - Stirb noch einmal
ihn über ihre Schulter hinweg an und antwortete: “Nein danke!” Einen Moment später fragte sie: “Wieviel Uhr ist es denn?”
“Zwanzig nach zwei.”
“Schon so spät? Sind Toni und die anderen schon da?”
“Noch nicht. Sie sollten ja auch erst um halb drei kommen, nicht wahr?”
Sie legte sich das Handtuch um den Hals und stützte sich auf einer Liege ab, um aufzustehen. Es bedurfte all seiner Selbstbeherrschung, ihr nicht zu helfen. Jeder Funke Beschützerinstinkt, den Deke besaß, wurde durch diese Frau wachgerufen. Doch er hatte schnell gelernt, dass sie es nicht leiden konnte, behandelt zu werden, als sei sie körperbehindert.
Lexie schnappte sie sich ihren Gehstock, der über der Kopflehne des Liegestuhls hing, kaum dass sie aufrecht stand. “Ich muss kurz duschen und mich umziehen. Falls sie kommen, bevor ich fertig bin, lass ihnen doch bitte von Geoff ausrichten, dass ich mich beeile. Ich habe beim Schwimmen einfach die Zeit vergessen.”
“Geoff wird bei dir bleiben und auf dich achtgeben, während ich ein paar Anrufe erledige. Ich telefoniere in der Halle, dann kann ich deine Mitarbeiter abfangen.”
Lexie sah besorgt drein. “Bitte verhör oder verschreck sie nicht.”
Er betrachtete ihre Gesichtszüge genau, um sicherzugehen, dass sie nicht gescherzt hatte.
Das hatte sie eindeutig nicht.
“Du hast dir gegen meinen ausdrücklichen Rat sechs Mitarbeiter hierher bestellt”, sagte er schließlich. “Wir konnten keinen von ihnen sorgfältig überprüfen. Nach allem, was wir wissen, könnte jeder von ihnen …”
“Wenn du wirklich glaubst, dass einer von ihnen der Bombenleger ist, warum nutzt du die Gelegenheit nicht und nimmst sie genauer unter die Lupe?”, unterbrach ihn Lexie ungeduldig. “Du kannst dich ja in eine Ecke stellen und uns beobachten.”
“Genau das habe ich vor.”
“
Wortlos
beobachten. Kapiert?”
“Kapiert.”
Lexie rauschte davon, und auch Deke stapfte wütend von dannen.
“Bleib du hier und pass auf sie auf”, raunte er Geoff im Vorübergehen zu.
“Heißt das etwa, du befolgst meinen Rat und gehst auf Abstand?”
“Hör schon auf damit.”
“Also nicht?”
“Ich werde ihre Gäste bespitzeln, wenn sie ankommen. Man hat mir strikte Anweisungen gegeben, sie nicht zu verhören oder zu verschrecken. Oder auch nur mit ihnen zu sprechen.”
Geoff grinste. “Ich nehme an, du hast angedeutet, dass einer von ihnen unser Täter sein könnte?”
“Sie denkt mit ihrem Bauch und nicht mit ihrem Kopf.”
“Und mit welchem Körperteil denkst du?”
Deke sah Geoff böse an, ließ ihn dann aber ohne ein weiteres Wort stehen. Er hatte keine Lust, sich mit ihm zu streiten. Immerhin meinte sein Freund es nur gut. Deke hätte dasselbe getan.
Auf halbem Weg zur Eingangshalle begegnete Deke dem Butler, der ihm freundlich zunickte: “Guten Tag, Sir.”
“Hallo.” Deke deutete mit seinem Daumen in Richtung Eingangstür. “Wenn Miss Murroughs Gäste kommen, würden Sie mir …”
“Sie sind gerade angekommen, Sir. Ich habe sie in die Bibliothek geführt. Ich bin gerade auf dem Weg, um Miss Murrough Bescheid zu geben.”
Deke winkte ab. “Lassen Sie nur. Ich sage es ihr.”
“Sehr wohl, Sir.”
Na klar würde er ihr Bescheid geben – nur nicht sofort. Das war die Gelegenheit, ein paar Worte mit ihren Mitarbeitern zu wechseln, ohne dass Lexie dazwischenfunken konnte.
Die Flügeltüren zur Bibliothek standen weit offen. Als Deke näher kam, sah er nicht nur alle sechs Besucher, sondern er konnte auch ihre Stimmen hören. Drei von ihnen saßen auf der Ledercouch mit dem Rücken zu ihm. Toni und eine andere Frau standen zusammen am Fenster, ebenfalls mit ihren Rücken zur Tür. Sie unterhielten sich leise. Und noch jemand lief im Raum auf und ab, ein junger Mann. Er war klein und schlank und irgendwie hübsch mit seinem langen Haar, das er zu einem dicken Zopf geflochten trug.
Deke presste sich gegen die Wand neben der Tür und verfolgte die Unterhaltung.
“Ich denke, der Attentäter hat die Zeitungsausschnitte geschickt, weil er wollte, dass wir verstehen, dass Lexies Engagement für Gadi unmittelbar mit ihrer Vergangenheit zusammenhängt”, erklärte einer der Männer, die auf dem Sofa saßen. “Es könnte schließlich so aussehen, als sammele sie das ganze Geld für Gadi nur, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen.”
Toni fuhr herum und sprang dem Mann beinahe ins Gesicht. “Und weshalb, meinst du, sollte Lexie ein schlechtes Gewissen
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