Time to Die - Stirb noch einmal
kurzen Augenblick, so aufgeregt war er. Doch dann öffnete er die Nachricht, blinzelte ein paar Mal, um wieder klar sehen zu können, und las.
Mein lieber Sohn, das Weihnachtsgeschenk soll am 21. Dezember ausgeliefert werden. Man wird dich über die genaue Zeit unterrichten. Vater.
Sein Herz begann zu rasen. Seine Hände zitterten. Schweißperlen perlten auf seiner Stirn. Er hatte weniger als sechs Wochen, um sich auf den Anschlag vorzubereiten. Weniger als sechs Wochen, um Lexie Murrough zu bestrafen, bevor er sie mitnehmen würde auf seine letzte Reise. Doch während sie in der Hölle verrotten würde, würde er im Himmel dafür belohnt werden, dass er Allah bis in den Tod treu gedient hatte.
Das Meditieren hatte Lexie von ihrer Physiotherapeutin gelernt, die selbst an die heilende Wirkung von stiller Reflexion glaubte. Vor ein paar Jahren noch hatte Lexie fast täglich meditiert, doch heute, wo ihr Alltag stressiger war, fand sie kaum noch die Zeit dazu – obwohl sie die Ruhe jetzt eigentlich viel nötiger gehabt hätte. Aber der heutige Abend schien ihr der perfekte Zeitpunkt, um die lang vergessenen Entspannungsübungen wieder anzuwenden und so ein wenig Kontrolle über sich und ihre Gedanken zurückzuerlangen. Immerhin hatte das schon in der Vergangenheit funktioniert. Entweder, sie ergab sich ihrer Angst und Unsicherheit – oder sie fand einen Weg, mit diesen Gefühlen umzugehen. Eine andere Wahl blieb ihr nicht.
Doch gerade als sie die Augen geschlossen hatte und begann, sich auf ihre Atmung zu konzentrieren, hörte sie ein leichtes Klopfen an ihrer Tür. Sie rollte mit den Augen, erhob sich vom Sofa und humpelte zur Tür.
“Lexie?”, hörte sie Deke leise von draußen rufen.
Sie öffnete die Tür. Er stand mit einem Silbertablett in der Hand vor ihr.
“Ich habe hier etwas Tee und einen kleinen Imbiss für dich vorbereitet.”
Sie ging einen Schritt zurück und ließ ihn eintreten. Er ging direkt auf die Sitzecke zu und stellte das zugedeckte Tablett auf das kleine Tischchen zwischen den beiden Ohrensesseln. Dann winkte er sie zu sich herüber.
Obwohl sie überhaupt keinen Hunger verspürte, hatte sie durchaus Lust auf eine Tasse Tee.
“Danke. Das ist sehr nett von dir.”
Als sie sich gesetzt hatte, zog er das Leinentuch vom Tablett und enthüllte eine silberne Teekanne, eine Porzellantasse mit Untersetzer und einen Teller mit allerhand Köstlichkeiten: Käse, Brot, Äpfel, Rosinen und Haferkekse.
Ihr Magen knurrte. “Ein wenig Hunger scheine ich ja doch zu haben.” Sie lächelte ihn an.
“Mrs. Eddins und ich wussten nicht, wie du deinen Tee trinkst. Darum sind hier noch Zitrone, Milch und Zucker”, erklärte Deke.
“Ich trinke ihn ohne alles.”
Er füllte ihre Tasse bis zum Rand und reichte sie ihr. Der erste Schluck schon war köstlich, und das sagte sie ihm auch.
“Dann guten Appetit”, wollte er sich verabschieden. “Wenn du etwas brauchst, dann …”
“Geh nicht. Bleib. Bitte.”
“Bist du sicher, dass du nicht lieber allein sein willst?”
“Ja, ganz sicher.”
Er setzte sich ihr genau gegenüber, aber führte ihre Unterhaltung nicht weiter. Vielmehr sah er ihr dabei zu, wie sie ihren Tee genoss, und dennoch hatte die Stille zwischen ihnen nichts Unangenehmes an sich. Es fühlte sich eher an, als seien sie alte Freunde.
Nachdem Lexie sich eine zweite Tasse Tee eingeschenkt und an einem der Kekse geknabbert hatte, wandte sie sich an Deke und fragte: “Warst du immer schon gut darin, auf andere Leute aufzupassen?”
Er sah sie überrascht an.
“Du bist wirklich mehr als aufmerksam. Es wäre nicht nötig gewesen, dass du mir Tee vorbeibringst. Ich habe mich nur gefragt, ob das zu deinem Job als Bodyguard gehört … oder vielleicht darüber hinausgeht.”
Er antwortete nicht sofort. “Ich war noch nie gut darin, mich um Leute zu kümmern”, sagte er schließlich nachdenklich. “Und ich gelte weder als besonders freundlich noch als besonders hilfsbereit, und das bin ich auch nicht. Geh also bitte nicht davon aus, dass ich hier irgendetwas anderes tue, als mich um eine Klientin zu kümmern.”
Es fühlte sich an, als hätte er sie geohrfeigt. Selbst schuld. Immerhin hatte sie ihn in die Enge getrieben und angedeutet, er würde sie anders behandeln als andere Klientinnen.
Den Zahn hat er dir aber schnell gezogen, nicht wahr?
Jetzt war ihr Schweigen mit einem Mal unangenehm, als stünde eine Wand zwischen ihnen. Lexie fühlte sich auf einmal unwohl in seiner
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