Time Travel Inc. - Fast Forward (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
wenn John aus einer anderen Zeit stammte, war er doch mehr als kultiviert. Die Rolle des eisenharten Killers passte nicht zu ihm.
Wie erbärmlich Viktor aussieht, dachte John, nachdem er das Büro betreten hatte. Mit Angst geweiteten Augen drängte der Mann sich an eine Wand und zitterte am ganzen Körper. Irgendwie hatte John sich das anders vorgestellt. Sein Gegenüber erschien ihm schwach und absolut ungefährlich.
»Machen Sie jetzt bloß keinen Unsinn, Quinn!«
Trotz seiner unsicheren Erscheinung hatte er nichts an Dreistigkeit eingebüßt. Offenbar glaubte er noch immer, die Zügel in der Hand zu halten.
»Denken Sie doch nach«, flehte er nun, »Sie können mir nichts tun. Das verstieße gegen jede Regel Ihres Unternehmens. Ich kenne doch den Professor und bin mir völlig sicher, Mord ist innerhalb Ihrer Firmenstatuten ein absolutes Tabu. Was soll denn die Kleine von Ihnen denken? Sie wird Sie für ein Monster halten!«
Das einzige Monster hier bist du, dachte John und augenblicklich kamen ihm wieder die grausamen Bilder des Videos in den Kopf, welches er in der Zukunft gesehen hatte. Der Schmerz, den der Film bei ihm ausgelöst hatte, bahnte sich seinen Weg durch sein Unterbewusstsein und motivierte ihn dazu, seinen Plan endlich in die Tat umzusetzen. Mochte dieser Typ ihm auch noch so viel ins Gewissen reden. Es war zwecklos. Sein Gewissen war mit Leana gestorben. Er war nur aus einem Grund hier, dafür hatte er alles riskiert. Und IHR das Leben zu retten. Koste es, was es wolle. Hasserfüllt blickte er Viktor ins Gesicht. Er durfte jetzt keinen Rückzieher machen. Dann wäre alles verloren. Langsam hob er die Waffe etwas höher, bis sie genau zwischen die Augen seines Gegenübers zielte. Dann holte er tief Luft.
»Ich kümmere mich um unser Mädchen. Gute Reise.«
Dann drückte er ab.
Draußen auf dem Gang versuchte ich, eine brauchbare Vorgehensweise zu entwickeln. Ich konnte nicht weiter untätig hier hocken und John da drinnen alleine lassen. Irgendetwas musste ich unternehmen! Hinter mir versuchte Tommy noch immer, mich zu sich zurückzulotsen. Ich ignorierte ihn und machte mich bereit, aufzustehen und in die Höhle des Löwen zu gehen. Ich musste einfach darauf setzen, dass John sich zur Vernunft bringen lassen würde. So oder so konnte ich nicht länger abwarten. Mein Gedankenspiel fand ein jähes Ende, als plötzlich ein Schuss fiel.
»Fuck!«, fluchte ich, sprang auf und rannte den Gang entlang.
»Leana!«, rief Tommy hinter mir, doch ich beachtete ihn gar nicht.
Ich stieß die Tür auf und stürmte in den Raum. Viktor lag auf dem Boden. Er bewegte sich nicht. Um seinen Kopf herum bildete sich bereits eine dunkle Lache aus Blut. Mir schwindelte. John hatte es tatsächlich getan. Er hatte Viktor kaltblütig erschossen. Ich wandte meinen Blick ab und sah John an. Er stand ein paar Meter entfernt mit hängenden Schultern da. Die Waffe fiel ihm aus der Hand und ihr Aufprall auf dem teuren Teppich erzeugte ein dumpfes Geräusch. Dann hob er den Blick und sah mir direkt in die Augen. Ich wollte zu ihm gehen, ihn umarmen, irgendetwas sagen, doch er kam mir zuvor.
»Ich hoffe, du hast dir meine Zeilen gut eingeprägt«, sagte er mit belegter Stimme.
Ich verstand nicht gleich, worauf er anspielte. Vielleicht war er zu aufgewühlt und wusste nicht mehr, was er sagte? Doch hinter den gequälten Zügen seines Gesichts konnte ich Entschlossenheit, ja sogar ein wenig Erleichterung erkennen. Er wusste genau, was er tat. Ich begann zu weinen. Die Situation war so konfus. Ich tat einen Schritt auf ihn zu und hielt erschrocken inne, als seine Gesichtszüge vor meinen Augen verschwammen. Ich blinzelte die Tränen weg, doch es half nichts. John löste sich auf. Fast wie bei einem Zeitsprung, doch es ging viel schneller.
»John!«, rief ich aufgelöst, doch bevor das Wort meinen Mund verlassen hatte, war er weg.
Ein paar Sekunden stand ich einfach da und verstand die Welt nicht mehr. Dann folgte die bittere Erkenntnis. Wie ein Schlag ins Gesicht traf sie mich. Seine letzten Worte waren sorgsam gewählt gewesen. Ich hoffe, du hast dir meine Zeilen gut eingeprägt. Er hatte von seinem Brief gesprochen. Dem Brief, den ich vor wenigen Stunden gefunden hatte. Ich wusste, dass der Brief inzwischen verschwunden war. Genau wie John. Schnell griff ich mir an den Hals und wie, um meine Vermutung zu bestätigen, war meine Kette ebenfalls fort.
Hinter mir kam Tommy, auf leisen Sohlen, in das Büro und starrte
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