Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
gestrigen Tag.
»Wenn du mich fragst, die haben es nicht anders verdient«, hörte ich einen der beiden sagen und es versetzte mir einen kleinen Stich. Die beiden Männer waren ganz offensichtlich Weiße, und trotz der grauenvollen Geschehnisse schwang in der Stimme des Mannes noch immer ein lebendiger Hass mit.
»Ich finde das alles schwachsinnig«, erwiderte der andere erbost. »Warum sollten wir die Leute davon abhalten, ihren Geschäften nachzugehen? Es tut der Stadt doch nur gut, wenn alle anständig verdienen. Und du kannst sagen, was du willst, Greenwood ist ein echt schönes Viertel. Ich gehe dort oft mit meiner Frau spazieren.«
»Du meinst, es war ein schönes Viertel«, sagte sein Gegenüber gehässig.
»Deine Schwarzseherei langweilt mich. Lass uns lieber von etwas anderem reden.«
»Ich muss ohnehin mal verschwinden«, erwiderte der Miesepeter und stand auf.
Als er wiederkam, unterhielten sie sich über Sport. Ich war frustriert.
Vor meiner Begegnung mit dem aufgebrachten Mob hatte ich mir nie eine Vorstellung machen können, wie Rassenhass wirklich aussah. Hier redeten sie nur am Mittagstisch darüber, doch in Bayern war ein gewisser Herr Hitler gerade dabei, seine Reden vorzubereiten. Es würde zwar noch eine ganze Weile dauern, bis er an die Macht kommen und Deutschland und die Welt ins Unglück stürzen würde, doch es stand bereits fest. Hätte jemand wie ich oder der Professor die Vorfälle in Tulsa verhindern können? Ich meine, er hatte gewusst, was hier geschehen würde. Wenn man nun den Aufstand im Keim erstickt hätte, wäre es dann vielleicht nie passiert? Und wenn das hier, im kleinen Ausmaß machbar wäre, könnte ein Zeitreisender dann nicht auch den Zweiten Weltkrieg verhindern? Wir hatten uns schon oft Gedanken über derartige Eingriffe in den Ablauf der Geschichte gemacht. Doch unsere Forschung steckte noch in den Kinderschuhen. Wir machten es uns daher stets zur obersten Regel, auf unseren Stippvisiten keine allzu engen Kontakte zu knüpfen und stets nur als Beobachter zu fungieren. Es war zu riskant. Durch einen kleinen Fehltritt konnte sich alles verändern.
Ich dachte wieder an Mary und bekam ein schlechtes Gewissen. Wäre sie auch ohne meine Bekanntschaft nach Tulsa gereist? Hatte ich vielleicht ihren Lebensweg völlig verändert und dadurch eventuell noch mehr? Und wenn nun jemand zurückreisen und den Krieg verhindern würde? Gäbe es mich dann überhaupt? Meine Großeltern waren als Kinder mit ihren Familien geflüchtet. Hätten sich mein Großvater und meine Großmutter überhaupt kennengelernt, wenn alles anders gekommen wäre? Falls nicht, dann würden weder meine Mutter noch ich existieren. Eine andere Theorie besagte, dass alles geschehen musste, egal, welche Eventualitäten passierten. Demnach wären sich meine Großeltern auch über den Weg gelaufen, wenn es keinen Krieg und keine Flucht gegeben hätte. Niemand konnte das mit Sicherheit sagen. Es war ein Teufelskreis. Äußerst verwirrend. Ich schüttelte den Kopf, um mich von den vielen Überlegungen zu befreien, und beschloss, meine Pause zu beenden und zum Bahnhof zu gehen.
Nachdem ich die Tickets organisiert hatte, kaufte ich noch den längst fälligen Revolver. Die gestrigen Ereignisse hatten mir nur allzu deutlich klar gemacht, dass ich in der Lage sein musste, mich zu verteidigen. Nie wieder würde ich zulassen, dass mich jemand in eine derart hilflose Lage versetzte! Und eigentlich war sie ganz hübsch, diese Waffe. Der Griff war aus rotbraunem Holz gemacht und der Lauf glänzte dunkel in der Sonne. Während ich sie mit der Hand abwog, fühlte ich mich irgendwie wohler und vor allem ziemlich sicher. Ich würde allerdings noch ein paar Schießübungen absolvieren müssen, denn darin fehlte mir jegliche Erfahrung.
Am Abend traf ich mich mit dem Professor. Er hatte inzwischen Neues herausgefunden.
»Tyson ist nicht mehr in der Stadt«, teilte er mir mit.
»Das hatte ich schon befürchtet«, erwiderte ich. »Wie haben Sie das herausgefunden?«
»Ich habe mich in ein paar höchst fragwürdigen Etablissements blicken lassen und, natürlich unauffällig, ein paar Fragen gestellt. Anscheinend war vor ein paar Tagen ein Mann in der Stadt, welcher andauernd über seine Frau und seinen Sohn gesprochen hat.«
»Was lässt Sie so sicher sein, dass er es war?«, fragte ich zweifelnd.
»Nun ja, die Männer erzählten, er habe sich merkwürdig verhalten. Als wolle er etwas verbergen.«
»Ja und? Das tun wir
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