Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
daß die Plage aufhört. Er hat seine Bitte um Freiheit nicht wieder vorgebracht. Im Gegenteil, die Sache schien ihm leid zu tun.« Cheftu rollte den Papyrus zusammen und ließ das Gesicht in das ölgetränkte Laken sinken. Die Temperatur im Zimmer stieg mit jeder Minute, und Chloe spürte, wie ihr Gewand an ihrer Haut zu kleben begann.
»Wie geht es dir heute morgen?« fragte sie ruhig. »Ich wußte nicht, ob ich deinen Rücken zudecken oder lieber frei lassen sollte.«
Cheftu drehte sich zu ihr um, so daß genau ein Auge über den Rand der Liege hinweg zu sehen war. »Hast du mich mit Öl eingerieben?«
»Ja.«
»Dann können wir nur darauf warten, daß der Körper von selbst zu heilen beginnt. Ich sollte mir unbedingt ein Amulett fertigen; vielleicht eine Bitte an Sechmet, den Schmerz zu lindern«, sinnierte er.
»Würde ein weiteres Bad helfen?«
»Das wäre himmlisch«, er fegte eine vorwitzige Heuschrecke von der Liege, »aber dadurch würde die Haut so weich, daß mir jeder Verband wie Lehm am Rücken kleben würde. Und jedesmal, wenn man die Wunde reinigt, müßte man ihn wieder abreißen.«
»Das ist barbarisch!« befand Chloe. »Gibt es keine andere Lösung?«
»Es gibt keine Lösungen! Genau das würde ich jedem meiner Patienten raten. Mehr steht auch mir nicht zur Verfügung. Es gibt kein bewährtes ›Heilmittel‹ für Brandwunden.« Chloe goß noch etwas Öl auf seinen Rücken, und Cheftu seufzte, als es die Wunde kühlte und vorübergehend den Schmerz linderte.
»Was würde ich jetzt für eine gute Flasche Cognac geben«, sagte er.
Sie lächelte seinen Hinterkopf an. »Cognac habe ich keinen, aber die Frau in der Küche hat mir eine Flasche mit irgendwas mitgegeben, als sie gehört hat, daß du Verbrennungen hast.« Sie ging in den Wohnraum hinüber und holte sie dort vom Tisch.
Cheftu schnüffelte an der Öffnung. »Irgendein Rekkit Wasser.«
»Kannst du nicht am Geruch erkennen, was darin ist?«
»Jede Menge Alkohol«, antwortete er und lachte kurz. Er nahm einen Schluck, und Chloe beobachtete, wie sich sein Mund angeekelt verzog, doch er setzte die Flasche nicht ab. Als er sie zurückreichte, war sie zur Hälfte leer.
Sie legte sich neben ihn, wenngleich mit ein paar Zentimetern Abstand. »Möchtest du darüber reden?«
»Nein. Es sind viele Menschen gestorben, und es tut nichts zur Sache, ob es Apiru waren oder nicht.«
»Ehuru hat gesagt, du hättest einige gerettet.«
»Ehuru übertreibt. Gott hat sie gerettet, ich bin bloß dazugekommen und habe sie aufgesammelt.« Seine Stimme klang gedämpft, denn er sprach ins Bettlaken.
»Wo hast du dir die Verbrennungen geholt?« fragte Chloe leise.
»Als wir hinkamen, sprangen die Flammen in wenigen Sekunden von Haus zu Haus. Ich rannte los zum letzten Haus. Ein kleiner Junge war darin, vielleicht fünf Sommer alt, der ängstlich in einer Ecke hockte. Um ihn herum brannte alles, und ich habe seine Schreie durch das Prasseln der Flammen gehört. Alles war voller gebackener Heuschrecken. Ich bin zu ihm gelaufen und habe ihm zugeschrien, er soll auf den Tisch steigen und zu mir springen. Die Flammen waren noch nicht allzu hoch. Schließlich hat er es getan, und ich habe ihn in den Armen gehalten, doch als ich mich umdrehen und zur Tür hinauslaufen wollte, stand die bereits in Flammen. Also bin ich zu der Fensteröffnung gerannt.
Ich weiß nicht mehr, wie wir ihn rausgeschafft haben, aber Ehuru hat mir erzählt, der Balken hätte mich getroffen, als ich gerade durch das Fenster krabbeln wollte. Ich bin wohl in Ohnmacht gefallen.« Er verstummte.
»Der Junge?«
»Der kleine Caleb? Der hat etwas Ruß in den Lungen, aber ansonsten geht es ihm gut.« Schweigend lagen sie nebeneinander, bis sie ihn wieder tief und regelmäßig atmen hörte. Chloe stahl sich vom Bett, schüttelte die Heuschrecken aus ihren Sandalen und ließ ihn allein im Zimmer.
Die nächsten drei Tage schlief Cheftu mehr oder weniger durch. Er wachte nur auf, um etwas Hühnersuppe und Wasser zu schlürfen. Am zweiten Tag kam Ehuru in den Palast, und von da an kümmerten sie sich abwechselnd um Cheftu. In ihrer freien Zeit beschäftigte sich Chloe entweder mit ihren Zeichnungen und Skizzen, oder sie schlief. Eines Tages besuchte sie auch das Dorf, das schon wieder aufgebaut wurde, diesmal aus Heuschrecken-Lehm-Ziegeln. D’vorah ging es allmählich besser, doch sie hatte alle Hände voll mit den Dorfkindern zu tun. Ihr Herr und der Vorarbeiter waren noch nicht
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