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Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor

Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor

Titel: Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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vorgestreckt, setzte sie einen Fuß vor den anderen. Dann berührte sie etwas Festes und tastete es ab. Eine Tür. Sobald sie eintrat, wurden die zuvor schwachen Schreie ohrenbetäubend laut. Männliche und weibliche Stimmen hallten durch die Lehmziegelmauern; es klang wie das Geschrei einer in Panik versetzten Armee.
    »Warum zündet denn niemand eine Fackel an?« fragte sie laut, um festzustellen, ob irgendwer in ihrer Nähe war. Nachdem sie alles abgetastet und dabei mehr als einmal ins Stolpern gekommen war, kam sie zu dem Schluß, daß sie in ihren Gemächern war, oder jedenfalls in Gemächern, die den ihren so ähnlich waren, daß es keinen Unterschied machte. Sie tastete die Wand nach einer Fackel ab und zündete sie an. Wenigstens glaubte sie das. Die Geräusche waren allesamt zu hören, das Prasseln, mit dem der Funke übersprang und die Flamme aufleuchtete. Doch es gab kein Licht. Nichts.
    Bestürzt rief sich Chloe die Einrichtung ihres Gemaches ins Gedächtnis. Sie stieß mit ihrem Schienbein gegen einen Stuhl und setzte sich, um nachzudenken. Wie lange dauerte diese Plage? Sie versuchte, sich an jenes eine Passahfest zu erinnern; was hatten sie über die Plage der Dunkelheit gesagt? Verdammt! Hätte ich doch damals nur genauer zugehört, fluchte sie, statt mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was Joseph von mir hält … Na gut, wenn es sein mußte, würde sie eben hier sitzen bleiben, bis alles vorüber war. Keine der Plagen hatte allzu lange angedauert, allerdings hätten halb soviele Heuschrecken für eine ordentliche Landplage auch ausgereicht. Trotzdem war Gott bis jetzt einigermaßen gnädig gewesen, urteilte sie sachlich.
    Chloe lächelte in die Dunkelheit hinein, erleichtert, daß sie ausnahmsweise einmal wußte, was hier vor sich ging. Ihr Lächeln verblaßte, als sie das Entsetzen in den Stimmen um sie herum hörte. Schreie und Rufe, die Re anflehten, sie nicht im Stich zu lassen.
    Ihr Herz begann mit diesen Menschen zu leiden – in ihren Augen war ein Gott gestorben. Zaghaft, weil sie sich vor dem Schwall an Informationen fürchtete, den sie erhalten mochte, schaltete sie die »andere« ein. Ihr blieb gerade noch Zeit, die geistige Tür wieder zu verriegeln, ehe sie in den hereinbrechenden Gedanken ertrank. So saß sie sorgsam analysierend im Dunklen und betrachtete die Welt aus RaEms Perspektive.
    Sie sah nichts als Chloe.
    Die Ma’at war niedergeworfen. Das zeitlose Gleichgewicht des Universums war gekippt. Es gab weder Gesetzmäßigkeiten noch Verstand, nur noch Qualen, Verwirrung, Betrug. Selbst RaEm, die einen Hang zu sadistischen Sexualpraktiken und ihre Religion betrogen hatte, war wie betäubt.
    Für RaEm waren dies die dunkelsten Tiefen der ägyptischen Hölle, die Pfade durch die Unterwelt. Überall, wo kein Licht hinkam, warteten Düsternis, Wesen, die die Menschheit vernichten wollten, Ungewißheit und Tod. Dies war nicht einfach eine Sonnenfinsternis oder was auch immer Chloes moderner Verstand sich zurechtlegte. Dies war das Ende der Welt. Unvorstellbare Schrecken waren wahr geworden. Die Ägypter waren abergläubisch.
    Wie die meisten Ur-Gesellschaften setzten sie die Dunkelheit mit dem Bösen und das Licht mit dem Guten gleich. Diese Plage war das Böse schlechthin – und die nackte Angst, die sie in jeder ägyptischen Seele weckte, reichte aus, jeden zum Wahnsinn zu treiben.
    RaEms Verstand rief verzweifelt die von ihr entehrte Göttin und die nicht mehr sichtbare Sonne an. Sie tobte und heulte und verkroch sich, sie bettelte und flehte um Licht. Chloe schloß die geistige Tür. RaEms panische Fassungslosigkeit war zuviel für sie. Die Angst, das Entsetzen waren einfach zu allumfassend.
    Die Dunkelheit war wie etwas Lebendiges, schwer wie eine Wolldecke und genauso beklemmend. Chloe hob die Hand und vermochte sie nicht vor Augen zu sehen. Ihre angeborene Ungeduld würde sie nicht ruhen lassen, während sich ganz Ägypten tagelang verkroch. Wo steckte Cheftu? Langsam erhob sie sich und arbeitete sich Schritt für Schritt zur Tür zum Garten vor. Draußen erwartete sie frischere Luft, und sie spürte, wie sich der Boden unter ihren Füßen änderte.
    Es war nicht mehr das Frühlingsgras von vor wenigen Wochen, doch die nackte Erde war immer noch nachgiebiger als das Steinpflaster. Sie legte den Kopf in den Nacken und hielt nach irgendwelchen Lichtern Ausschau: Sonne, Mond, Sterne, UFOs, ganz egal. Nichts war zu sehen. So legte sie sich im Geist einen Lageplan des Palastes

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