Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
richtete sich auf und sammelte zwei Handvoll Schalen ein. Cheftu bemerkte ihre Bewegungen und sah wieder weg. Nach dreimaligem Gehen hatte sie alle Schalen entfernt und kam nun ihre Decke holen. »Machst du dann das Feuer aus?« fragte sie.
»Ja.«
Sie blieb einen Moment stehen und begutachtete, was sie mit ihrem ungestümen Temperament angerichtet hatte. Er hatte sich solche Mühe gegeben. »Gute Nacht.«
»Ja.«
»Es tut mir leid«, sagte sie.
Er sah sie einen Moment zornig an, dann antwortete er nochmals, mit schwerer, müder Stimme: »Ja.« Chloe starrte kurz ins Feuer, dann verschwand sie in ihrer kalten, einsamen Höhle. Stundenlang lag sie bibbernd in der Kälte, während Cheftu neben dem Feuer kauerte. Nach einer Weile umhüllte sie atemberaubender Fischgeruch, und sie hörte eine sandige Zunge über weiches Fell streichen. Nachdem sich der kleine Löwe außergewöhnlich gründlich geputzt hatte, rollte er sich in Chloes Kniebeuge zusammen und schlief ein. Sie strich mit den Fingern über seinen Kopf und freute sich daran, daß sein Schnurren ihre Seelenqualen linderte. Schließlich fiel auch sie in Schlaf.
Leider hatte sich am Morgen nichts geändert. Sie waren immer noch auf Distanz. Sie aßen altes Brot, und Chloe verzehrte sich erneut nach einer Tasse Kaffee. Selbst Nescafé. Der kleine Löwe war nirgendwo zu sehen gewesen, als sie durchfroren und steif aufgewacht war. Die Sonne stieg schnell höher und schickte die ersehnte Wärme durch Chloes Körper, doch ihr Herz war nach wie vor kalt. Cheftu würdigte sie keines Blickes.
Er hatte sich irgendwann gewaschen, fiel ihr auf. Sein Haar war ordentlich aus dem Gesicht zurückgestrichen, und sein Vollbart sah sauber aus. Er hatte auch seinen Schurz geschrubbt und ihn mit einer schmalen Lederschnur zusammengebunden. Seine Arme und Beine waren zerkratzt und fleckig, doch auch damit sah er sexy aus. Chloe hatte das unangenehme Gefühl, daß er das alles gestern abend getan hatte, und spürte von neuem ihr schlechtes Gewissen. Er erhob sich, starrte über das Wasser und meinte knapp: »Ich werde uns ein paar Ziegel für ein Haus machen und einen Vogel für unser Mittagessen fangen.«
»Einverstanden«, erklärte Chloe betreten. »Aber dafür mache ich das Abendessen.«
»Wie du wünschst«, erwiderte er und stapfte zu einer anderen Höhle davon, wo er sein Zeug verstaut hatte.
Während sie aufstand und das Feuer löschte, wünschte sie, sie hätte eine Ahnung, was sie jetzt anfangen sollte. Tränen rannen langsam über ihr Gesicht, und sie vergrub es schluchzend in den Händen. Ein paar Sekunden vergingen, dann spürte sie, wie Cheftu sie umarmte, wie seine starken Arme sie drückten. »Weine nicht, Geliebte. Wir werden es schon schaffen. Ich paß auf dich auf.«
Sie schob ihn von sich weg. »Ich will nicht, daß du auf mich aufpaßt! Ich führe mich wie ein Kind auf, und ich kann mich selbst nicht leiden! Aber ich kann nicht anders!« Tränen liefen ihr über die Wangen. »Ich will dir gleich sein! Ich ertrage es nicht, daß du glaubst, ich bin schwach und nutzlos! Ich bin nicht RaEmhetepet!« Er streckte die Hand wieder nach ihr aus, doch sie wandte sich ab und weinte in ihre Hände. Der junge Löwe strich an ihrer Wade vorbei und ließ sein balsamgleiches Schnurren hören. Weinend hob sie ihn hoch und hielt ihn fest, so daß die Tränen in sein fischiges Fell fielen.
Behutsam sagte Cheftu: »Ich bin verwirrt, Chloe. Ich hatte noch nie eine derartige Verantwortung zu tragen. Dein Leben ist ein Geschenk, das ich sorgfältig hüten muß.« Er schnaubte verächtlich. »Ich habe noch nie ohne Diener gelebt – weder hier noch in Frankreich. Wie ich mich verpflegen kann, weiß ich nur von meinen Jagdausflügen und aus der Armee.«
Er drehte sie zu sich her und legte einen Finger unter ihr Kinn. »Leider weiß ich nicht, wie ich dir Sicherheit geben kann. Wir leben hier am Rande der Wüste; ich habe keine Ahnung, wo wir sind. Wir können nicht wagen, nach Ägypten zurückzukehren, weil ich verbannt bin und du eigentlich tot sein solltest. Wenn wir zu den Nomadenvölkern in der Wüste fliehen, werden sie mich umbringen, um dich heiraten zu können. Wenn wir irgendwohin gehen, um Handel zu treiben, werden wir auffallen«, er lächelte grimmig, »allein schon wegen deiner Augen. Mein einziger Gedanke ist es, dich zu beschützen und uns irgendein Leben aufzubauen. Dann will ich dich nach Ägypten und in deine eigene Zeit zurückbringen«, versprach er
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