Timeless: Roman (German Edition)
einmal gehört hast, denn es handelt sich um eine von Schuberts berühmtesten Kompositionen.«
Michele nickte, doch sie wusste, dass sie diese Melodie nur aus ihrem Traum kannte. Als die Musik verklungen war, verkündete der DJ : »Sie hören 96.3 FM , New Yorks ersten Musiksender, und das waren gerade Phoenix Warren und das New Yorker Philharmonische Orchester mit Schuberts Serenade .«
»Phoenix Warren«, wiederholte Michele mit einem kleinen Lächeln. »Meine Mutter hat mich nach seiner Komposition Michele genannt. Deshalb schreibt sich mein Name nur mit einem L.«
»Wirklich? Ich mag das Stück, es ist wunderschön.« Annaleigh begann, es leise vor sich hinzusummen, als ihr Handy eine SMS meldete. »Fritz ist gerade vorgefahren. Du solltest jetzt besser gehen, schließlich kannst du nicht gleich am ersten Schultag zu spät kommen.«
Michele nickte nervös, stieß den Stuhl zurück und warf sich ihren Rucksack über die Schulter.
»Viel Glück!«, rief Annaleigh.
»Danke«, erwiderte Michele und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich werd’s brauchen.«
Als Fritz bei der Berkshire Highschool vorfuhr, ließ Michele die Szenerie auf sich wirken. Das weiße Schulgebäude der Upper East Side School mit der romanisch inspirierten Fassade, den korinthischen Säulen neben den Eingangstüren und den schmiedeeisernen Toren, die das Gebäude umgaben, erinnerte sie ein wenig an Windsor Mansion. Der Haupteingang wirkte wie ein behelfsmäßiger Laufsteg, während hübsche Mädchen die Stufen hi naufeilten. Allen war es scheinbar mühelos gelungen, den Kleiderkodex in ein modisches Statement umzuwandeln. Eine gertenschlanke Blondine mit üppiger Haarpracht trug einen mit Volants besetzten, schwarz-rot karierten Faltenrock, einen kurzen, bestickten schwarzen Blazer, Pumps mit Plateausohlen und eine schwarze Designer-Umhängetasche, die als Schultasche diente. Als Nächste kam eine hinreißende Afroamerikanerin. Über ihrem grünen karierten Pullover trug sie einen modischen roten Trenchcoat und hatte sich eine breite Chanel-Handtasche über die Schulter geworfen. Die Jungen sahen genauso gestylt aus mit ihrem korrekt frisierten Haar, dem dunklen Blazer über weißen durchgeknöpften Hemden, den bunten Krawatten und grauen oder khakifarbenen Hosen. Michele, die sich nicht annähernd so schick fühlte wie ihre Klassenkameradinnen, folgte ihnen mit gesenktem Blick.
Mithilfe ihres Schulplans fand Michel schließlich ihr Klassenzimmer, in dem sie ihre erste Unterrichtsstunde, amerikanische Geschichte, hatte. Als die Schüler ins Klassenzimmer strömten, ging Michele auf den Lehrer zu.
»Mr. Lewis? Ich bin Michele Windsor, die Neue.«
Mr. Lewis strahlte sie an und schüttelte ihr die Hand. »Willkommen in Berkshire, Michele! Wir freuen uns sehr, dass du hier bist.«
»Danke. Wo soll ich sitzen?«
»Oh, bitte, bleib hier neben mir stehen. Ich will dich der Klasse vorstellen«, sagte er und grinste sie an, als sollte sie sich darüber wirklich freuen.
Unbeholfen stand Michele vor der Klasse, und die Schüler musterten sie voller Neugier. Caissie Hart traf als eine der Letzten der kleinen Schülergruppe ein und bedachte Michele mit einem zaghaften Lächeln, bevor sie sich auf ihren Platz setzte.
Als die Schulglocke ertönte und alle Platz genommen hatten, verkündete Mr. Lewis: »Leute, dies ist unsere neue Schülerin. Sie heißt Michele Windsor, aus der Windsor-Familie, mit der sich einige von euch letztes Jahr im Wahlfach »Geschichte New Yorks« befasst haben. Sie ist seit fast zwanzig Jahren die erste Windsor hier an der Schule, also lasst sie uns herzlich willkommen heißen.«
Michele zauberte ein kleines Lächeln auf die Lippen und nahm schnell auf dem einzigen noch freien Stuhl Platz. Sie spürte, wie ihre Klassenkameraden sie von Kopf bis Fuß musterten und ihr Outfit begutachteten. Ihr Gesicht glühte vor Verlegenheit. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie ihren Erwartungen an die neueste Windsor-Prinzessin entsprach.
Der Junge neben ihr wandte sich ihr zu und bedachte sie mit einem freundlichen Lächeln. Er sah aus wie der typische amerikanische Junge von nebenan: dunkelblond, braune Augen und ein jungenhaftes Grinsen. Zaghaft erwiderte Michele sein Lächeln.
Als sie nach dem Unterricht den Klassenraum verließ, hörte sie, wie Caissie ihren Namen rief: »He, warte.«
Michele wandte sich um, erkannte jedoch schnell, dass Caissie nicht sie gemeint hatte. Sie beobachtete, wie Caissie die andere Michele der Klasse
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