Timeless: Roman (German Edition)
dieses Mal nicht funktioniert?
Kaum hatte sie es gedacht, da begann schon ihre atemberaubende Reise, die Achterbahn zurück durch die Zeit. In Lichtgeschwindigkeit veränderte sich der Raum vor ihren Augen – doch dieses Mal vollzog sich der Wandel noch schneller. Und dann landete Michele wieder mit einem dumpfen Aufschlag auf dem Boden ihres Zimmers, beobachtet von einem hübschen rothaarigen Mädchen, das sich gerade ein Paar Handschuhe aus Veloursleder überstreifte. Beim Anblick von Michele lächelte das Mädchen freundlich.
»Clara?«, fragte Michele voller Staunen. »Du siehst so …«
»… anders aus? Ich weiß.« Clara lachte betrübt. »Nach dem ich hier ankam, wurde ich bis zur Perfektion herausgeputzt, mein Haar zu einer Schmalzlocke gedreht und mein Gesicht mit Puder überstäubt. Und jetzt das.« Sie strich den Rock ihres perlenbestickten hellgrünen Kleids im Prinzessstil, das dem Grün ihrer Augen entsprach, glatt. »Damen der Gesellschaft und Debütantinnen müssen derartige Kleider tragen, auch wenn sie nur zum Einkaufen gehen. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich eine von ihnen bin.«
Clara bemerkte Micheles Kleidung und sagte über rascht: »Du siehst wirklich sehr hübsch aus! Doch warum trägst du keine Handschuhe? Möchtest du dir welche von mir ausleihen?«
Michele lachte. »Nein, danke, ist alles bestens. Im Übrigen scheinst du die Einzige zu sein, die mich sehen kann, erinnerst du dich?«
Clara nickte und ergriff dann aufgeregt Micheles Hand. »Ich bin ja so glücklich, dass du wieder da bist – mein ureigener freundlicher Geist. Nachdem du einfach verschwunden warst, hatte ich Angst, ich bilde dich mir nur ein. Und du hast dir für deine Rückkehr genau den richtigen Tag ausgesucht – Mr. und Mrs. Windsor laden zu einem Halloween-Maskenball ein. Da gebe ich nun mein Debüt in der Gesellschaft, und ich war noch nie so nervös.«
Die Erwähnung des Balls schmerzte Michele, denn ihr fiel ein, dass sie und ihre Freunde eine Halloween-Party geplant hatten, für die Mom die Kostüme entwerfen wollte. Sie erinnerte sich an alles, was sie gehabt hätte, wenn nur nicht …
»Geht es dir gut?«, fragte Clara, die besorgt Micheles Gesicht musterte.
Michele wandte sich wieder Clara zu und nickte langsam. Sie erinnerte sich an das Datum des Tagebucheintrags und fragte: »Ist heute der 25. Oktober?«
Clara nickte. »Henrietta Windsor geht jetzt mit mir zu Lord & Taylor, damit ich die letzte Anprobe für heute Abend mache. Willst du uns begleiten? Es macht doch nichts, dass dich außer mir niemand sehen kann.«
»Ich würde gern mitgehen«, erwiderte Michele und freute sich über die Aussicht, im Jahr 1910 eine Besichtigungstour zu unternehmen.
Clara setzte sich einen extravaganten Hut auf, der mit Straußenfedern und einem Schleier versehen war. Michele betrachtete den Hut ungläubig, und Clara sagte: »Hast du noch nie einen Le-Monnier-Hut gesehen? Es ist mein erster. Gestern hat Mrs. Windsor mich ausgeschimpft, weil ich mich in der Öffentlichkeit ohne ihn gezeigt habe.«
Als sich Michele Kristens und Amandas Reaktion auf Claras Ensemble im Edwardianischen Stil vorstellte, musste sie sich ein Kichern verkneifen. Sie folgte Clara die Treppe hinunter in die Grand Hall und war fasziniert vom Anblick von Windsor Mansion in all seinem Glanz des Vergoldeten Zeitalters. Das Haus, so wie es sich im Jahr 2010 präsentierte, wirkte wie ein altes Überbleibsel aus der Vergangenheit und erinnerte an ein Museum – die Version von 1910 hingegen war wie ein Porträt, das soeben fertiggestellt worden war. Von den Wänden bis zu den Böden erstrahlte alles in frischem Glanz, und es herrschte hektisches Treiben, da ungefähr zwanzig Bedienstete geschäftig hin und her eilten und Vorbereitungen für den Ball trafen.
Das hier ist kein Trugbild , erkannte Michele mit einer Überzeugung, die sie überraschte. Es hat tatsächlich geklappt! Ich bin wirklich durch die Zeit gereist!
Am Fuß der Treppe entdeckte Michele vier Frauen, die in der Grand Hall auf sie warteten. Sofort wurde ihr Blick von der Schönsten von ihnen angezogen, einem der faszinierendsten Mädchen, die sie je gesehen hatte. Sie war ungefähr in Micheles Alter. Das musste die neue ältere Schwester sein, die Clara erwähnt hatte – Violet Windsor.
Violets schwarzes Haar war in üppigen Locken aufgesteckt, und ihre Augen machten ihrem Namen alle Ehre. Ihre Augenbrauen waren wohlgeformt, die Wimpern endlos, und ihre Lippen
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