Timeless: Roman (German Edition)
dass ihr einen Moment lang die Worte fehlten. »Hm, ich … ich war bei Caissie. Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass ich zu ihr gehe?«
»Nein, hast du nicht«, erwiderte Annaleigh ohne den geringsten Anflug von Humor. »Doch als ich bei den Harts anrief, war Caissie am Telefon und erklärte uns, dass du bei ihr bist. Sonst hätten deine Großeltern die Polizei angerufen. Warum gehst du aus, ohne Bescheid zu sagen, und lässt zudem dein Handy zu Hause? Komm rein. Deine Großeltern wollen mit dir reden.«
»Tut mir wirklich leid«, erwiderte Michele und folgte Annaleigh nur widerstrebend.
Ihre Großeltern hatten in der Grand Hall Platz genommen. Als sie Annaleighs und Micheles Schritte hörten, sahen sie mit ernstem Blick auf.
»Sie ist zurück«, verkündete Annaleigh.
»Danke, Annaleigh. Das ist alles«, entließ Dorothy sie. Sie betrachtete Michele mit einem vorwurfsvollen Blick.
Michele überkam sofort Scham, weil sie ihnen Kum mer bereitet hatte, ganz besonders, nachdem Dorothy neulich Abend so freundlich zu ihr gewesen war. Als Annaleigh sich zurückgezogen hatte, knöpfte sich Walter Michele vor.
»Junges Fräulein, was muss man noch tun, damit du dich endlich an die Hausordnung hältst? Es ist doch ganz einfach: Du musst uns mitteilen, wenn du ausgehst. Du solltest es der armen Annaleigh ersparen, dir hinterherzutelefonieren. Und nimm um Himmels willen immer dein Handy mit! Sollte das noch einmal vorkommen, hast du einen Monat Hausarrest.«
»Tut mir ehrlich leid«, murmelte sie. »Es wird nicht wieder passieren.« Das sollte es besser auch nicht , überlegte sie, denn sie wusste nicht, was sie tun würde, wenn sie einen vollen Monat im Jahr 2010 feststeckte.
Kaum war sie in ihrem Zimmer, griff sie nach ihrem Handy und rief Caissie an.
» Tausend Dank , dass du mich gedeckt hast«, sagte sie, als Caissie ranging. »Du kannst dir nicht vorstellen, wo ich war.«
Caissie lauschte aufmerksam, während Michele ihr alles über ihr Abenteuer mit Lily berichtete. Lediglich ihre Begegnung mit Irving Henry verschwieg sie. Sie war noch nicht bereit, darüber zu reden. Sie hatte eine vage Vorstellung, wer sich hinter Irving Henry verbarg, und die war zu unglaublich, zu undenkbar, um mit jemand anderem darüber sprechen zu können.
Als Michele ihren Bericht beendet hatte, sagte Caissie mit erstauntem Lachen: »Wow! Nur du konntest es schaffen, in der Vergangenheit die wahre Liebe zu finden und eine Karriere als Songschreiberin zu starten.«
»Ich hab’s nicht für mich getan. Ich meine, ich kann die Songs in unserer Zeit ja schlecht als meine ausgeben«, erinnerte Michele sie. »Aber es ist das Einzige, was mir einfällt, um Philip zu helfen.«
»Das ist eine wirklich tolle Idee«, sagte Caissie. »Solltest du nicht mit dem Notenheft zurückkehren?«
»Glaub mir, ich würde gern, aber wenn ich jetzt schon wieder verschwinde, bekomme ich mit meinen Großeltern richtig Ärger. Das Letzte, was ich mir jetzt leisten kann, ist Hausarrest. Morgen mache ich mich gleich nach der Schule wieder auf den Weg in die Vergangenheit«, beschloss Michele. »Würdest du mich noch mal decken? Ich werde meinen Großeltern sagen, dass wir an irgendeinem größeren, zeitaufwendigen Projekt arbeiten, um zu erklären, warum ich so lange nicht nach Hause komme.«
»Ja, hört sich gut an«, stimmte Caissie zu. »Viel Glück!«
Als Michele am nächsten Tag zwischen zwei Unterrichtsstunden Bücher an ihrem Spind austauschte, hörte sie eine vertraute Stimme hinter sich: »Hallo.«
Sie drehte sich um und schenkte Ben Archer ein flüchtiges Lächeln. »Hi, was gibt’s?«
»Brauchst du Hilfe?«, fragte er mit Blick auf ihre Bücher.
»Nein, aber trotzdem vielen Dank.« Sie schloss ihren Spind ab und ging zusammen mit Ben zur nächsten Unterrichtsstunde. Gerade als sie überlegte, was er wohl von ihr wollte, hörte sie, wie er sich nervös räusperte.
»Äh … der Herbstball …«, stotterte er.
Michele spürte, wie ihre Gesichtszüge erstarrten. O nein. Wollte er sich etwa mit ihr verabreden? Wie sollte sie es nur ertragen, mit einem anderen Jungen auszugehen, wo doch all ihre Gedanken um Philip kreisten? Aber sie durfte Ben auch nicht vor den Kopf stoßen, denn sie mochte ihn als Freund und wollte ihn nicht kränken.
»Ich dachte, da du neu hier bist, hast du vielleicht keinen Begleiter«, fuhr er fort. Dann errötete er, als er sich bewusst zu werden schien, wie das klang. »Ich will damit nicht sagen, dass du keine anderen
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