Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)
gestand Philip. »Davon, wie ich mich jedes Mal bei deinem Anblick gefühlt habe.«
»War das so schlimm?«, fragte Michele nur halb im Scherz.
»In deiner Nähe hatte ich das Gefühl, verrückt geworden zu sein«, sagte er leise. »Und so geht es mir immer noch. Wenn ich dich ansehe, werde ich von diesen Erinnerungen heimgesucht, und es geht mir erst besser, wenn …« Er verstummte und nahm ihre Hand. Bei seiner Berührung tat Micheles Herz einen Sprung.
Es klingelte. Mit einem nervösen Lächeln, die Blicke gesenkt, gingen Michele und Philip Hand in Hand zu ihrem Klassenzimmer. Auf dem Stundenplan stand Amerikanische Geschichte. Michele kam sich vor, als wären Scheinwerfer auf sie gerichtet, denn die anderen Schüler in den Gängen gafften sie unverhohlen an. Als sie an Olivia und ihrer versnobten Clique von Abkömmlingen des alten New Yorks vorbeikamen, fingen diese sofort an, für alle hörbar über die »schockierende Verbindung zwischen ei ner Windsor und einem Walker« zu tuscheln, und ein Grüppchen von drei Neuntklässlern blieb wie angewurzelt stehen und starrte sie an.
Michele und Philip ließen die Hände sinken, als sie das Klassenzimmer erreichten, aber es war offensichtlich, dass es alle im Raum schon gesehen hatten. Ben starrte auf seinen Tisch, während Kaya verletzt zu Philip aufsah.
Schuldbewusst senkte Michele den Blick und wünschte sich, es gäbe eine Möglichkeit für sie, mit Philip glücklich zu sein, ohne dass deswegen andere verletzt würden. Sie suchte den Raum nach Caissie ab, weil sie wusste, dass wenigstens diese sich freuen würde, sie und Philip zusammen zu sehen – aber Caissie war nicht da.
***
Als es zur Mittagspause klingelte, flog Michele nur so in den Speisesaal. Schon nach den wenigen Stunden ohne Philip brachte sie das Bedürfnis, ihn zu sehen und seine Nähe zu spüren, schier um den Verstand. Vielleicht hatten ihre Gefühle für ihn durch die Trennung eine neue, tiefere Intensität angenommen, überlegte sie. Auch wenn er jetzt wieder bei ihr war, wusste sie nun, wie es war, ihn zu verlieren, und dieses Wissen hinterließ einen unablässigen Schmerz wie von einer Narbe, die auch nach langer Zeit noch brannte.
Ihre Beklemmung löste sich, als sie Philip entdeckte. Er stand in der Schlange am Buffet und sah zu ihr herüber. Mit einem Lächeln stellte sie sich zu ihm.
»Hey«, begrüßte er sie lächelnd.
»Hi.« Hinter sich hörte Michele ein Grummeln.
»Ich hätte mich wohl nicht vordrängeln sollen«, sagte sie verlegen. »Ich werde mich hinten anstellen, aber möchtest du … möchtest du an unserem Tisch sitzen?«
»Ja«, antwortete er herzlich. »Ich bringe dir dein Mittagessen mit. Du brauchst dich nicht anzustellen.«
»Sicher?« Errötend sah Michele zu ihm auf. Sie fragte sich, ob das jetzt wohl als ihr erstes offizielles Date im 21. Jahrhundert zählte.
»Natürlich bin ich sicher. Ich komme dann an deinen Tisch«, sagt er. »Was möchtest du?«
»Oh … ich nehme die Pasta und einen Eistee«, sagte sie schüchtern. »Danke.«
Michele tänzelte zu ihrem angestammten Tisch, an dem jedoch nur Matt saß.
»Hey Matt. Weißt du, wo Caissie steckt?«
»Keine Ahnung.«
Michele zog die Brauen zusammen. »Moment – habt ihr zwei seit dem Ball miteinander gesprochen?«
»Nicht direkt«, sagte Matt unbehaglich. »Seitdem war alles so komisch – wir hätten wohl nicht zusammen hingehen sollen.«
»Warum sagst du so was? Ist es wegen des Mädchens aus der Zehnten, mit dem du getanzt hast? Bist du ernsthaft in sie verliebt?«, fragte Michele enttäuscht. Von Anfang an, seit sie mit Caissie und Matt befreundet war, hatte sie sich dafür eingesetzt, dass die beiden zusammenkamen.
»Nein! Aber Caissie hat mir deswegen die ganze Zeit die kalte Schulter gezeigt, obwohl sie doch diejenige war, die den halben Abend mit diesem Willis-Typen verbracht hat.«
»Ich finde, du solltest mit ihr darüber reden«, ermutigte Michele ihn. »Ihr zwei passt zu gut zusammen, ihr dürft nicht zulassen, dass so etwas zwischen euch steht.«
Matt wechselte das Thema, als er Philip auf ihren Tisch zusteuern sah. »Dann sind die Gerüchte also wahr«, flüsterte er. »Ich bin beeindruckt. Noch nie hat jemand Kaya Morgan einen Jungen ausgespannt.« Er hielt die Hand hoch, um Michele einschlagen zu lassen, doch sie ignorierte ihn.
»Ich habe ihn niemandem ausgespannt . Es ist nur … Wir gehören einfach zusammen.«
»Ach sooo . Na klar«, lachte Matt.
Ohne sich darum zu
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