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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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gegenüber. Hier!“ Er klaubte die Geldscheine heraus, die er in der Tasche hatte, und gab sie seinem Stiefbruder.
    Erwin betrachtete die Scheine und fragte: „Was soll dieser kleine Zettel?“
    „Ach, den brauch’ ich noch!“ Fast hätte Timm es geschrien. Aber
    es wurde zum Glück ein Flüstern daraus.
    Der Zettel wanderte in die Tasche zurück, und Erwin ging. „Ich
    halte die Klappe!“ flüsterte er zurück.
    Timm nickte und drückte hinter dem Stiefbruder und einer
    abgelegten Vergangenheit die Tür ins Schloß.

    Dreißigster Bogen

    Papiere

    Es ist erstaunlich, wie rasch reiche und einflußreiche Leute
    Formalitäten erledigen können, für die ein sogenannter kleiner Mann oft Monate benötigt. Auch die Bürokratie ist von der Wolkenhöhe
    der Gesellschaft aus leicht zu handhaben.
    Ein einziges Büro der Baron-Lefuet-Gesellschaft, ein Teil der
    sogenannten Rechtsabteilung, erledigte am nächsten Tage folgende
    Angelegenheiten für Timm und den Baron:
    Das Strandbad von Jamaica wurde Frau Thaler und ihrem Sohn
    Erwin zu gleichen Teilen überschrieben. (Timm sah die beiden auf
    diese Weise noch einmal, aber nur kurz. Erwin flüsterte ihm zu, daß die Lupe unter der Bank liege.)
    Die Reederei Hamburg-Helgoland-Gästedienst, genannt HHD,
    ging mit Wirkung vom selben Tage in den Besitz Timm Thalers
    über. (Der bisherige Besitzer, der alte Herr Denker, drückte Timm nach der Unterzeichnung warm die Hand und sagte „toi, toi, toi“,
    während er ihm dreimal über die linke Schulter spuckte.)
    Das Aktienpaket der Hamburger Reederei, das Timm kurz vorher
    erst von Mister Penny in London übernommen hatte, wechselte –
    ebenfalls mit Wirkung vom selben Tage – in den Besitz des Barons
    über. (Die Sperrfrist von einem Jahr fiel fort, weil Lefuet Besitzer von Stimm-Aktien war.)
    Als letzter Vertrag sollte endlich auch der Erbschaftsvertrag
    ausgestellt werden, den Lefuet bisher mit Erfolg hatte hinauszögern können und nach dem Timm nie gefragt hatte.
    Warum der Baron jetzt plötzlich zu diesem Vertrag bereit war,
    wußte der Junge nicht; aber es kümmerte ihn auch wenig. Die großen Geschäfte waren ihm gleichgültig geworden wie die großen
    Reichtümer. Das einzige für ihn wichtige Geschäft war der Handel
    um sein Lachen. Er ahnte, daß der winzige Zettel in seiner Tasche (den er während der Nacht unter dem Kopfkissen verborgen hatte)
    der Schlüssel zu seinem versperrten Lachen war; und deshalb
    drängte es den Jungen, die Lupe unter der Bank hervorzuholen. Die Erschöpfung, die Timm nach all den Umständlichkeiten dreier
    Vertragsabschlüsse fühlte, übertrieb er absichtlich, indem er sich ständig an die Stirn faßte.
    „Wenn Sie Kopfschmerzen haben, verschieben wir den
    Erbschaftsvertrag auf morgen“, sagte der Baron darauf. „Recht so, Herr Thaler?“
    Timm sagte nicht sofort ja. Dazu war er zu klug. Er erklärte
    vielmehr, daß es besser wäre, den Vertrag sogleich abzuschließen, daß er aber leider ganz schreckliche Kopfschmerzen habe; und wenn man Verträge mit klarem Kopf unterzeichnen müsse, dann sei es
    vielleicht tatsächlich besser, lieber bis morgen zu warten.
    Diese List hatte den gewünschten Erfolg. Die Lesung und
    Unterzeichnung wurde auf den nächsten Tag verschoben, und Timm
    konnte obendrein (nachdem er folgsam zwei Tabletten geschluckt
    hatte) an der Alster vor dem Hotel Spazierengehen. („Frische Luft wirkt Wunder“, hatte einer der Rechtsanwälte zu ihm gesagt.)
    Da Timm wußte, daß irgendwo in seiner Nähe ein Detektiv auf
    ihn achtgab, holte er die Lupe nicht sofort und auffällig unter der roten Bank hervor. Er kaufte sich vielmehr zunächst eine Zeitung, und damit setzte er sich auf die Bank. (Wo die Lupe lag, hatte er bereits entdeckt.)
    Beim Lesen hielt er die Zeitung so, daß der Innenteil
    herausrutschte und über eines seiner Knie unter die Bank flatterte.
    Nun bückte sich der Junge und hob zusammen mit den
    Zeitungsblättern die Lupe auf. Hinter der Zeitung versteckt, ließ er sie in eine Brusttasche seiner Anzugjacke gleiten. (Timm trug jetzt meistens Anzüge aus grauem Flanell oder mit winzig kleinen Karos.) Eine Viertelstunde später faltete der Junge die Zeitung zusammen, ließ sie für irgendeinen Vorübergehenden auf der Bank liegen und
    ging ins Hotel. Als er beim Empfang seinen Schlüssel holte, gab der Portier ihm ein zusammengefaltetes Papier. Es war eine kurze
    Nachricht des Barons:
    „Sollten Sie sich wohler fühlen, kommen Sie doch, bitte, in

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