Tina Turner - Die Biografie
wirklich ein gemeinsames Leben führte, noch, dass sie ein Leben außerhalb dieser Beziehung besaß. Außerdem fing Ike zu jener Zeit damit an, Drogen zu nehmen. Aus dem zu Beginn noch wenigen Marihuana wurde rasch Kokain. Es fing ganz langsam an, aber bald machte ihn das Kokain noch gewalttätiger und unberechenbarer, als er bereits war.
An einem Nachmittag schickte Ike Tina los zum Lebensmittelladen. Irgendwie hatte sie es im Gefühl, dass er etwas vorhatte. Sie beschloss also, sich zu beeilen, und war früher wieder zu Hause, als Ike das erwartet hatte. Ike und die „Haushälterin“ Ann Cain hatten mitten im Wohnzimmer Sex miteinander. Das war der Moment, in dem sie endlich einmal auf den Tisch haute. Ike hatte bereits die nicht singende Ikette Ann Thomas geschwängert und zahlte den Unterhalt für das Kind und nun vergnügte er sich bei ihnen zu Hause auch noch mit Ann Cain.
Tina sagte zu Ike, sie wolle diese Frau nicht mehr bei sich im Haus haben. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie beim Heimkommen Ann Cain wieder bei sich zu Hause vorfand. Tina war so außer sich vor Zorn, dass sie ihr mit einem Hammer hinterherlief und ihr diesen über den Kopf ziehen wollte. Zu Anns großem Glück rutschte Tina mit ihren Schuhen auf dem glatten Boden aus. Ike musste eingreifen und den Streit beenden.
Tina war nicht die einzige, die von Ike langsam die Nase voll hatte. Einmal verließ ihn die gesamte Band, weil es schier unmöglich war, mit ihm auszukommen. Anscheinend war Tina die einzige, die ihn nie im Stich ließ – und wenn irgendjemand einen Grund gehabt hätte, ihn zu verlassen, dann war wohl sie es.
Da Ike nun seine Band komplett neu zusammenstellen musste, stieß eine Gruppe völlig neuer Leute zur Ike & Tina Turner Revue. Einer von den Musikern, die Ike engagiert hatte, war ein Baritonsaxofonist namens Johnny Williams. Tina mochte ihn vom ersten Augenblick an, als sie ihn sah. Johnny war ein hellhäutiger Schwarzer mit guten Manieren. Er las Bücher, machte Yoga und interessierte sich für gesunde Ernährung. Immer wenn Johnny in Tinas Nähe war, machte er ihr Komplimente zu ihrem Aussehen und brachte sie dazu, sich gut zu fühlen. Er war das genaue Gegenteil von Ike. In ihr kamen langsam wieder Gefühle auf, die schon lange Zeit tot gewesen waren.
Tina war in Johnny verliebt und fing an, Ike wissen zu lassen, wie sehr sie den neuen Saxofonisten mochte. Zunächst schenkte Ike der Tatsache, dass Tinas mit Johnny flirtete, kaum Beachtung. Doch dann begann es ihn zu wurmen. Auf einer Tournee war Ike einmal unterwegs, um irgendetwas zu erledigen. Tina ging in Johnnys Hotelzimmer und lief ihm direkt in die Arme. Sie drückte ihn – nur ein einziges Mal – fest an sich und verließ den Raum so schnell, wie sie ihn betreten hatte. Es war das einzige Mal, dass sie ihn je berührte, und dieser eine Nervenkitzel musste ihr für lange Zeit reichen. Sie wusste, dass aus diesem Flirt nie etwas werden konnte, aber das Wichtige daran war, dass sie sich wieder lebendig fühlte. Es führte ihr vor Augen, wie schön das Leben ohne Angst – und ohne Ike – sein konnte.
Johnny war eines der Themen, die bei einer der extrem heftigen Auseinandersetzungen an einem Abend im Jahre 1967 aufkamen. Darüber hinaus war Ike wütend darüber, dass Tina es gewagt hatte, jene Aufnahmen mit Phil Spector zu machen – obwohl Ike selbst es gewesen war, der in den Deal eingewilligt hatte. Mit anderen Worten: Wie konnte Tina auch nur die Dreistigkeit besitzen, ein eigenes Leben zu führen?
Am nächsten Tag erschien Tina übel zugerichtet zur Arbeit. Ihr Auge war so stark angeschwollen, dass es fast vollständig geschlossen war, und ihre Lippe war aufgeplatzt – ganz offensichtlich hatte Ike sie mal wieder als Punchingball benutzt. Johnny sah Tina nur kurz an und brach dann in Tränen aus. Er nahm sein Saxofon ab und verließ sofort die Bühne. Johnny kündigte mit der Begründung, dass er unter diesen Bedingungen nicht arbeiten könne.
Das erste Mal, dass Tina Ike Kokain schnupfen sah, war im selben Jahr in San Francisco. Er hatte eine zusammengerollte 100-Dollar-Note in seiner Nase, als er das Zeug schnupfte. Tina zufolge wurde er durch das Kokain allmählich „bösartig“.
Obwohl sie das Gefühl hatte, dass ihr Leben langsam aus den Fugen geriet, setzten ihre Live-Auftritte Fans und Musikkritiker, die ihre Show zu sehen bekamen, weiterhin in Erstaunen. In einer Ausgabe des Rolling Stone aus dem Jahr 1967 schrieb der Gründer der
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