Tina und Tini 05 - Die geheimnisvolle Rumpelkammer
Das gibt’s doch nicht!“
„Doch — sie haben überall vergeblich danach gesucht. Schließlich meinte der Beamte, jemand hätte es vielleicht doch an die Postzustellung weitergegeben.“
„Frechheit — dich vergeblich durch die ganze Stadt fahren zu lassen! Ich bin gespannt, ob es tatsächlich morgen mit der Post kommt.“
„Vielleicht hat Ihr Mann Ihnen ein lebendiges kleines Krokodil geschickt, und das hat zuerst die Verpackung und dann den Zollbeamten gefressen“, meinte Tina lachend.
„Und ist dann zu Fuß zu uns nach Flause weitergelaufen!“ sagte Tini.
„Oder schnurstracks an den Hafen runter und ins Wasser.“
„Und schwimmt jetzt gerade am Hafen vorbei und läßt sich die Nationalhymne von Nairobi Vorspielen.“
„Wobei es ein paar dicke Krokodilstränen der Rührung vergießt!“ Die Kinder wollten sich ausschütten vor Lachen.
„Würdest du so lieb sein und die Bügelwäsche gleich mit hinunternehmen, Liebes?“ sagte Frau Paulsen, als Tini die Teetassen zusammenräumte.
„Gern.“
„Dies hier gehört in deinen Schrank, dieses in den großen Wäscheschrank im Flur, und das da leg bitte in die Kommode neben meinem Bett.“
„Ist gut, Mutti.“
Tini ergriff den Wäschekorb und ging die Treppen hinunter. Sie räumte Handtücher und Bettwäsche in den schweren Eichenschrank auf dem Flur, dann nahm sie ihre und Tinas Wäsche auf den Arm und verstaute alles in dem Kleiderschrank in ihrem Zimmer. Zum Schluß ging sie mit dem Wäschekorb ins Schlafzimmer ihrer Eltern. Sie zog die oberste Schublade der Kommode auf, dort kamen die Taschentücher und Strümpfe hinein, darunter die Unterwäsche und die Nachthemden. Der Wäschekorb gehörte ins oberste Fach des Einbauschranks. So, geschafft! Tini sah sich zufrieden im Zimmer um.
Hübsch machte sich die „Lucia“ dort drüben an der Wand. Wer es nicht wußte, konnte nicht darauf kommen, daß das Bild eine von Tobbi und ihr hergestellte Kopie des Originals war.
Tini trat ein wenig näher, um ihr Werk noch einmal in Ruhe zu betrachten. Die Farben hatten sie wirklich ausgezeichnet getroffen. Das zarte Blau des Himmels, das dunkle Blaugrün des Meeres dagegen und die bunten Tupfen der Fischerboote. Wieviel Mühe es gemacht hatte, die Segel so schön hinzubekommen! Aber das schwerste war doch der schmucke Offizier gewesen. Allein der flotte Schwung des Schnurrbarts!
Tini stutzte. Wo war der Schnurrbart geblieben? Sie trat noch näher heran. Konnte es sein, daß die Farbe abgeblättert war? Sie war sich ganz sicher, daß sie den Offizier mit Schnurrbart gemalt hatte. Tini fuhr mit dem Finger über das Bild. Nein, da war nichts abgeblättert, der Schnurrbart war verschwunden.
Tini stürzte zur Tür. „Tina! Tobbi !“ brüllte sie durchs Haus. „Kommt ganz schnell mal her!“
Tina und Tobbi polterten die Treppe herunter.
„Was ist los, warum schreist du so?“
„Der Schnurrbart ist weg!“
„Wer ist weg?“
„Der Schnurrbart! Der Schnurrbart des Offiziers auf dem Bild!“
„Er wird ihn sich abrasiert haben“, sagte Tobbi gelangweilt. Dann riß er die Augen auf. „ Waaaas sagst du da?“ Er stürzte an Tini vorbei ins Schlafzimmer. „Tatsächlich! Er ist weg! Und nicht nur der Schnurrbart, auch meine schönste Wolke, die links oben in der Ecke! Sie war mir so gut gelungen! Und das dritte Fischerboot von rechts! Es ist nicht mehr braun, sondern dunkelrot!“ Tobbi drehte sich langsam um und sah die Mädchen an. Dann begann er haltlos zu lachen, er lachte, bis ihm die Tränen kamen.
„Darf man den Grund deines plötzlichen Heiterkeitsausbruchs erfahren?“ fragte Tina stirnrunzelnd.
„Ja, kapiert ihr denn nicht? Es ist das passiert, worauf wir eigentlich die ganze Zeit gewartet haben!“
„Was meinst du?“
„Sie haben das Bild geklaut und uns eine neue Kopie dafür an die Wand gehängt. Eine dritte ,Lucia’.“
Tina und Tini sahen sich an. Dann fingen auch sie an zu lachen.
„Wir sollten wirklich zu Herrn Kohnekamp gehen und unseren Anteil an den hunderttausend Mark fordern!“ sagte Tobbi grinsend.
„Ein Jammer, daß wir statt ,Mayer’ nicht ,Ätsch!’ druntergeschrieben haben“, seufzte Tini unter Lachen. „Der alte Kohnekamp würde vielleicht toben!“
„Außer Spesen nichts gewesen — das Gesicht möcht ich sehen! Ob er wohl merkt, daß er nicht das richtige Bild erwischt hat?“ Tina trat nah an die dritte Version der „Lucia“ heran. „Und ob Herr Piepenhahn auch diese Kopie malen
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