Tina und Tini 08 - Das Raetsel der Marzipantorte
auf. Tobbi hielt den Atem an...
Aber jetzt sollte sich erweisen, daß dies heute sein Glückstag war. Herr Ludwig hatte eben die Tür aufgeklinkt, als sich hinter ihm wütendes Gezeter erhob.
„Hier können Sie nicht stehen, Sie Trottel, sehen Sie nicht, daß Sie die ganze Auffahrt versperren! Sie sind doch nicht allein auf der Welt!“
„Na hören Sie, wie kann man bloß so stur sein! Sie haben doch Platz genug, um durchzufahren!“
„Hab ich nicht! Sie schielen anscheinend, Sie sollten sich mal ‘ne Brille kaufen!“
„So ein Zirkus wegen ‘nem halben Meter“, muffelte Herr Ludwig, ließ die Tür los und ging um den Wagen herum zum Lahrersitz. „Na schön, tu ich ihm den Gefallen. Was soll’s.“
Das war Tobbis Chance. Er ließ sich aus seinem luftigen Versteck auf die Erde plumpsen, stieß die Tür auf und war mit einem Sprung aus dem Wagen. Verdutzt sah der um seine freie Einfahrt kämpfende Nachbar des Bäckers hinter dem Jungen her, der, wie von Hunden gehetzt, die Straße hinunterschoß. Hatte wohl Lust auf eine kleine Freifahrt als blinder Passagier gehabt. Na ja, ihm sollte es egal sein, das war nicht sein Problem.
Verschwitzt und außer Atem kam Tobbi eine halbe Stunde später im Landschulheim an. Im Park und auf dem Hof war es still, die Jungen und Mädchen saßen in ihren Zimmern über die Hausaufgaben gebeugt. Tobbi schlich sich durch den Kellereingang ins Haus und hatte noch einmal Glück: Ungesehen kam er bis in sein Zimmer.
„Mein Gott, wie siehst denn du aus?“ rief Uli entsetzt.
„Ist dir schlecht? Komm, setz dich hin!“ Rudi ging vorsichtshalber aus der Schußlinie. „Du bist ja käseweiß im Gesicht!“
„Ich? Ich kann vor Hitze kaum noch schnaufen, so bin ich gerannt!“ Tobbi wandte sich zum Spiegel. Tatsächlich, da starrte ihm ein schneeweißes Gespenstergesicht entgegen. „Das verdammte Mehl! Ich habe mich unter den Säcken versteckt.“
Tobbi drehte den Wasserhahn auf und begann, sein Gesicht wieder in den Normalzustand zu versetzen.
„Und? Hat er dich erwischt?“
„Sehe ich aus, als ob ich mich erwischen lasse?“ fragte Tobbi von oben herab. „Ich habe alles rausgekriegt, was ich wollte, dann bin ich bei der nächstbesten Gelegenheit geflohen.“
„Und?“
„Was, und?“
„Na, was hast du rausgekriegt?“ drängte Uli.
„Geduld, Geduld! Das erfahrt ihr nachher, wenn die Mädchen dabei sind. Jetzt mache ich erst mal meine Aufgaben.“
Es war keineswegs so, daß Tobbi nicht Lust gehabt hätte, die ganze Geschichte brühwarm zu erzählen. Im Gegenteil, er platzte fast vor Ungeduld. Aber er hatte sich vorgenommen, seinem Abenteuer dadurch die nötige Spannung zu verleihen, daß er die Jungen noch ein bißchen zappeln ließ, und erst, wenn die ganze Truppe zusammen war, seinen Bericht abstattete.
Nach dem Abendbrot trafen sie sich an der Mauer unterhalb der alten Kapelle. Es war ein herrlich warmer Frühlingsabend, einer von denen, an denen man am liebsten überhaupt nicht ins Haus gehen würde und davon träumt, unter freiem Himmel zu schlafen.
„Meine Lieben“, begann Tobbi feierlich, „ich habe eine erfreuliche Nachricht für euch. Der Einsatz war hart, sehr hart sogar“, Tobbi dachte an die blauen Flecke, die er sich auf dem schmalen Brett des Regals geholt hatte, während der Kombi über die Dorfstraßen rumpelte, „aber er hat sich gelohnt. Wir wissen jetzt mit Sicherheit, daß der Bäckergeselle Ludwig gar kein Bäcker ist, sondern jemand, der ganz andere Ziele verfolgt. Jedenfalls hat er in einem geheimen Versteck in seinem Lieferwagen ein Tonbandgerät und ein komplettes Funkgerät. Während meiner unfreiwilligen Fahrt hatte ich ausreichend Gelegenheit, das festzustellen. Wobei ich mir selber gratulieren kann, daß ich den Knopf, mit dem sich die Klappe zu dem Versteck öffnen läßt, gefunden habe.“
„Super!“ Tina sprang vor Begeisterung auf. „Dann stammten also die Stimmen, die wir neulich im Wald aus dem Wagen gehört haben, vom Tonband!“
„Oder sie kamen über Funk direkt aus Direktor Ellermanns Büro!“
„Und Herr Ludwig war allein im Wagen“, fügte Tini hinzu.
„Nun erzähl doch mal genau, wie du das Versteck gefunden hast“, drängte Pit. „Mach’s nicht so spannend, schließlich haben wir uns große Sorgen gemacht um dich!“
„Na schön...“
Jetzt hatte Tobbi Gelegenheit, sein Erlebnis mit aller dramatischen Ausschmückung zu erzählen, deren er fähig war. Besonders liebevoll schilderte er seine Flucht
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