Tina und Tini überlisten den Meisterdieb
damit zu tun. Es könnte doch sein, daß er sich versteckt hält — um aus dem Hintergrund besser zuschlagen zu können.“
„Jedenfalls hat er sich verdächtig oft in der Nähe reicher Damen aufgehalten.“
„Aber wie sollen wir das rauskriegen? Wir kennen doch seinen Nachnamen nicht?“ fragte Tina entmutigt.
„Abwarten! Vielleicht haben wir Glück und es gibt nur einen Passagier mit dem Vornamen Alain in der Passagierliste.“
„Da seid ihr!“ rief Frau Greiling von der Treppe herauf. „Ich suche euch schon auf dem ganzen Schiff. Wir können leider noch nicht von Bord gehen. Erst will die Polizei ein paar Fragen an uns alle stellen.“
„Du lieber Himmel, das kann ja Stunden dauern!“ sagte Tina. „Nein, nein, so schlimm wird es nicht. Sie suchen nur nach möglichen Hinweisen und Zeugen. Das betrifft hauptsächlich die Passagiere, die in unmittelbarer Nähe der Kabine wohnen, in der der Diebstahl verübt wurde.“
Die Überprüfung durch die Polizei dauerte für die Familie Greiling wirklich nur ein paar Minuten. Ebenso für Madame Yvonne. Sie gebärdete sich so hysterisch, daß der Polizeioffizier froh war, sie wieder loszuwerden.
„Noch nie in meinem Leben habe ich etwas mit der Polizei zu tun gehabt!“ jammerte sie der Großmutter vor. „Verzeihen Sie, aber das Ganze regt mich einfach entsetzlich auf!“
„Aber meine Liebe“, versuchte die Großmutter sie zu beruhigen, „die Leute tun doch nur ihre Pflicht. Es ist in unser aller Interesse!“
„Sie haben ja recht, aber der Gedanke, daß ich das Opfer hätte sein können — oder vielleicht das nächste bin, erschreckt mich zu Tode!“
„Nun“, meinte der Großvater lächelnd, „begleiten Sie uns auf unserem Ausflug, das wird Sie gewiß auf andere Gedanken bringen!“
Gemeinsam ging man von Bord und bestieg einen der Ochsenschlitten, die im Hafen auf Touristen warteten.
„Das sind ja wirklich richtige Schlitten!“ rief Tina begeistert aus. „Sogar mit einem Baldachin und Vorhängen! So einen möchte ich mit nach Hause nehmen!“
„Ich fürchte, meine liebe Tina, wenn wir dir all deine Wünsche auf der Reise erfüllen würden, benötigten wir am Ende einen Güterwagen, um alles unterzubringen. Einen ausgewachsenen Orangenbaum, einen Schlitten mit zwei Ochsen davor — was kommt als nächstes dran?“ fragte der Großvater schmunzelnd.
„Och — da fällt mir noch ‘ne Menge ein!“ meinte Tina lachend.
Sie glitten über Kopfsteinpflaster durch schmale Gassen bergauf. Vor den Häusern saßen Frauen und Mädchen jeden Alters und stickten.
„Wo fahren wir eigentlich hin?“ fragte Tobbi.
„Zum Zentrum der Madeira-Stickerei, wir wollen uns ein paar Dinge kaufen“, antwortete Frau Greiling. „Dann wollen wir uns noch einige Sehenswürdigkeiten anschauen — zum Mittagessen hat uns Madame Yvonne in ein Hotel am Strand eingeladen, ist das nicht nett?“
„Toll!“ Tobbi strahlte Madame Yvonne an.
Sie sah heute atemberaubend schön aus, das mußten sogar Tina und Tini zugeben. Ihre Kleider waren alle recht streng, hochgeschlossen, mit langen Ärmeln und meistens langen Röcken, aber aus ausgesucht feinem Material. Meterweise hauchdünner Stoff wehte um ihren Körper, dazu trug sie ständig breitrandige Hüte und weiße Handschuhe. Heute schwebte sie wie eine blaßlila Wolke neben den Greilings her. Das einzige, was Tina und Tini ein wenig störte, war ihr übertrieben starkes Make-up und die riesigen künstlichen Wimpern, die sie schon am frühen Morgen trug.
Für Madeira-Stickereien schien Madame Yvonne sich nicht sehr zu interessieren, jedenfalls trat sie nervös von einem Fuß auf den anderen, während Frau Greiling und die Großmutter sich gestickte Tischdecken, Taschentücher, Schals und Kragen zeigen ließen.
Auch während der folgenden Stadtbesichtigung schaute sie immer wieder nervös auf die Uhr und drängte ungeduldig zum Weitergehen.
Tina, Tini und Tobbi fanden das unbegreiflich. Diese Insel mit ihren leuchtenden Farben, den üppig wachsenden Blumen — die einen völlig vergessen ließen, daß eigentlich Winter war— und den überall feilgebotenen fremdartigen Früchten, Mangos, Passionsfrüchte und Zimtäpfel, schon die Namen zergingen auf der Zunge — wie konnte man nur davon nicht hingerissen sein!
Endlich entschloß man sich, zum Mittagessen zu fahren. Madame Yvonne schien heimlich aufzuatmen. Diesmal nahmen sie ein Taxi, das Hotel, in das Madame Yvonne sie eingeladen hatte, lag zwanzig Kilometer
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