Tinnitus - Endlich Ruhe im Ohr
gleichen Tag bemerkte die Patientin einen Rückgang des Ohrgeräusches. Weitere Sitzungen mit einer gezielten Manualtherapie und eine fundierte krankengymnastische Übungsbehandlung folgten. Das Ohrgeräusch wurde leiser und war nach vier Wochen verschwunden.
Kommentar: Das Auftreten von Ohrgeräuschen nach einem Auffahrunfall ist relativ häufig. Ebenso wie Beschwerden vonseiten der Halswirbelsäule (z. B. Schmerzen im Nacken, Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen) können auch Ohrgeräusche nach einem symptomfreien Intervall von bis zu 2–3 Wochen nach einem Unfall auftreten. Dies erschwert häufig eine gutachterliche Untersuchung und Beurteilung solcher Ohrgeräusche, da wegen des langen Zeitraums zwischen Unfall und Auftreten des Ohrgeräusches vielen Gutachtern ein Zusammenhang zwischen Unfall und Tinnitus unwahrscheinlich erscheint.
Die gereizten Strukturen der Halswirbelsäule müssen zunächst beruhigt werden, bevor eine krankengymnastische Behandlung eingeleitet werden kann. Eine Massage an der HWS, besonders wenn ein Trauma vorausging, sollte unterbleiben. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass direkte Nervenverbindungen zwischen Rezeptoren in den Nackenmuskeln und den zentralen Kerngebieten des Hörorgans bestehen. Die auf diesen Nervenbahnen geleiteten Nervenimpulse (Afferenzen) werden in den Kerngebieten über Nervenverbindungen gesteuert und überwacht. Unternoch nicht geklärten Umständen könnten diese Afferenzen die Funktion des Hörorgans stören und so ein Ohrgeräusch oder einen Hörsturz auslösen. Diagnostik und Therapie funktioneller Störungen der Halswirbelsäule sind deshalb heute fester Bestandteil in der Behandlung des Hörsturzes und des Tinnitus.
Wunderwerk der biologischen Architektur
Die Halswirbelsäule ist recht kompliziert aufgebaut. Eine seitliche Schemazeichnung lässt erkennen, wie die knöchernen Strukturen zueinander stehen.
Im Hinblick auf den Tinnitus sind die ersten drei der insgesamt sieben Halswirbel besonders wichtig:
Die Verbindung zwischen Kopf und beweglicher Halswirbelsäule stellt der Atlas her, der erste Wirbel (in der griechischen Sagenwelt ist Atlas derjenige, der die Weltkugel auf den Schultern trägt). In der Gelenkverbindung zwischen Atlas und Schädelbasis findet hauptsächlich die Nickbewegung des Kopfes statt.
Die Verbindung zwischen dem Atlas und dem zweiten Wirbel, der Axis, ermöglicht die große Drehmöglichkeit des Kopfes.
Der dritte Wirbel verbindet die kompliziert konstruierten ersten beiden Wirbel mit der unteren Halswirbelsäule. Diese Verbindung zwischen dem zweiten und dritten Wirbel ist am anfälligsten für funktionelle Störungen, da die dynamische Belastung hier am größten ist.
Die Bewegungen der oberen Halswirbelsäule werden über kleinste Muskeln präzise gesteuert. Für diese Steuerung sind viele in den Muskeln gelegene Fühler (Rezeptoren) notwendig. Da diese Rezeptoren u.a. auf mechanischen Zug und Druck reagieren, kann eine zu starke Massage zu Störungen wie Schwindel und Kopfschmerzen führen und vorhandene Symptome wie z. B. Tinnitus verstärken. Es gibt viele Tinnitus-Patienten, die ihr Ohrgeräusch durch solche Manipulationen beeinflussen können. Hier liegt der Zusam menhang zwischen der HWS und dem Tinnitus erst recht nahe.
Anatomie der Halswirbelsäule. Der 1. Halswirbel (Atlas) und der 2. Halswirbel (Axis) unterscheiden sich im Aufbau von den übrigen Halswirbeln.
Kann es die Halswirbelsäule sein?
Im Röntgenbild fallen vor allem Abnutzungserscheinungen der Halswirbelsäule ins Auge. Sie sind allerdings für die Diagnostik weit weniger bedeutsam als die Funktion der Halswirbelsäule. Verschleißerscheinungen wie z. B. knöcherne Auswüchse an den Wirbelkörpern, verschlissene Bandscheiben und arthrotische kleine Wirbelgelenke sind lediglich Ausdruck der »Instandhaltungsmöglichkeiten« unseres Körpers: Er versucht, durch Kalkbildung die überbeanspruchten Strukturen ruhigzustellen. Ist eine solche Ruhigstellung mit zunehmendem Alter erreicht, ist die HWS zwar in der Beweglichkeit eingeschränkt, aber Störungen wie Schmerzen und Reizerscheinungen sind dann verschwunden.
Bereits durch Ertasten findet der in Manueller Therapie ausgebildete Arzt Hinweise, ob die Halswirbelsäule mit einem Ohrgeräusch in Verbindung steht: Verstärkung oder Abschwächung des Tinnitus bei bestimmten Bewegungen oder bei Tasten bestimmter Strukturen legen einen Zusammenhang nahe.
Auch wie das Ohrgeräusch
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