Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
Jungfer zu verheiraten, um den Fortbestand der Familie durch die entsprechende Anzahl von Söhnen zu sichern. Ein Plan, der offensichtlich nicht ganz den Beifall des Opfers fand, das die Rolle des Gatten und Vaters spielen sollte.
Tiphanie konnte verstehen, dass er der alten Dame aus dem Wege ging, die so eifrig ihr geschicktes Netz um ihn webte. Gleichzeitig war sie jedoch enttäuscht darüber, denn damit mied er auch sie. Sie war kein Edelfräulein, das an den Festen und Banketten teilnehmen durfte, die zum Weihnachtsfest und zum Jahreswechsel abgehalten wurden. Sie musste in Dame Marthes Räumen bleiben und feststellen, dass sie sich einsamer als je zuvor fühlte. Die Erinnerungen an die Stunden mit dem Seigneur de Morvan waren ihre einzige, melancholische Gesellschaft.
Sie sehnte sich nach mehr, aber sie wusste, dass sie kein Recht darauf hatte, also begnügte sie sich mit dem Wenigen. Aber nun ging es um Marron! Sein Leben stand auf dem Spiel! Sie erwachte mit einem Schlag aus ihrer Lethargie. Die ruhigen Tage unter der Obhut von Dame Marthe hatten es ihr ermöglicht, innere Stärke zu finden und die Ereignisse der vergangenen Wochen zu verarbeiten. Jetzt handelte sie mit einer Zielstrebigkeit, von der sie nicht geahnt hatte, dass sie sie überhaupt besaß.
Sie wartete, bis sich Dame Marthe wie üblich zur Herzogin begab. Das war normalerweise das Signal für ihre Kammerfrau, sich in die Küchen des Palastes zurückzuziehen und die Arbeit ruhen zu lassen. Auch an diesem Tag ging alles seinen gewohnten Gang.
Kaum allein stand Tiphanie auf und schüttelte die malvenfarbenen Röcke des Samtgewandes ordentlich zurecht, das sie über einem Unterkleid aus eierschalenfarbener Wolle trug. Ein besticktes Band umspannte ihre Taille, und eine dünnere Version dieses Bandes hielt die langen bauschigen Ärmel um die Handgelenke. Es war das gefällige Gewand einer armen Verwandten, aber sie begeisterte sich trotzdem an den ungewohnt feinen Stoffen und dem bescheidenen Schmuck. Sie ahnte nicht, wie raffiniert gerade diese vermeintliche Bescheidenheit ihre fremdartige Schönheit betonte.
Wie üblich trug sie keine Kopfbedeckung, da sie ja ohnehin die Wohnung Dame Marthes kaum verließ. Es war ihr nicht bewusst, wie ungewöhnlich sie durch diese kurze Haartracht an einem Hofe wirkte, an dem die Damen darin wetteiferten, die prächtigsten Hauben zu tragen. Während die jungen Edelfräulein mit Locken und Haaren prunkten, die bis auf die Taillen fielen. Tiphanie sorgte sich lediglich darum, ob Marron ihr folgte und entsprechend gehorsam aussah.
»Ich hoffe, du machst mir keine Schande!«, mahnte sie ihn sanft und packte ihn am Nackenfell. »Wenn du auf die Idee kommen solltest, ein Scheusal wie Amandine zu beißen, bekommen wir beide fürchterliche Schwierigkeiten.«
Marron fiepte gutmütig, und Tiphanie nahm es für ein Versprechen. Begleitet von dem riesigen Hund, dessen Ohrspitzen ihr fast bis zum Busen reichten, verließ sie das Gemach und wandte sich den Gang entlang zum Haupttrakt der Burg. Da sie Dame Marthe jeden Tag zur Morgenandacht begleitete, kannte sie sich inzwischen ein bisschen aus und musste niemanden nach dem Weg fragen.
Sie waren ein höchst ungewöhnliches Paar, das da über die weiß-schwarz gekachelten Gänge des Palastes schritt. Der mächtige Hund mit dem wuscheligen Fell, den gewaltigen Pfoten und dem imponierenden Gebiss sah aus, als führe ER das zierliche Geschöpf, das sich in seinem Nacken fest hielt. Der lichte Rotton des Kleides betonte die Schwärze des Hundefelles, und der anmutige Kopf, der gleich einer Blüte auf dem schlanken Hals thronte, war der eines entzückend femininen Pagen mit großen staunenden Augen und lieblichem Mund.
Mehr als ein Blick folgte den beiden, die so zielstrebig auf die Staatsgemächer des Herzogs zu marschierten. Erst vor den beiden Wachen hielten sie an, die ihre Hellebarden vor der geschnitzten Doppeltür kreuzten, hinter der das Arbeitskabinett Jean de Montforts lag.
»Ihr könnt da nicht einfach hinein, meine Schöne!«, sagte eine Stimme in Tiphanies Rücken, und sie fuhr auf dem Absatz herum. Sie sah in die freundlichen, sommerblauen Augen eines Mannes, dessen prächtige, goldbestickte Gewänder auf Macht und Einfluss deuteten.
Verlegen schlug sie die Wimpern nieder und deutete eine eher flüchtige Reverenz an. »Verzeiht, Seigneur. Aber es ist dringend, es geht um ein Leben, über das nur Seine Gnaden der Herzog entscheiden kann!«
»Ein Leben?« Die
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