Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Titel: Tiphanie – Feuer der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
Vom Netzwerk:
wahrhaftig keine Zeit, mich um ein lästiges kleines Ding zu kümmern. Ihr werdet bei meiner Tante gut aufgehoben sein und sie kann Euch jene Respektabilität verschaffen, die nötig ist, damit Ihr eine Zukunft habt.«
    Tiphanie verstummte. Wenn er in diesem Ton mit ihr sprach, hatte er sich wieder hinter seine Mauern zurückgezogen. Dann erreichte ihn keine Silbe, so viel hatte sie inzwischen herausgefunden. Immerhin brachte er sie wenigstens zu seiner Tante. Er schob sie nicht irgendwohin ab, wo sie ihn niemals wieder sehen würde. An diesen winzigen Hoffnungsschimmer klammerte sie sich, während sie ihre Reverenz vor der alten Dame machte, die sich so gerade wie eine Hellebarde hielt und in deren dunkelblauen Augen sie eine Familienähnlichkeit entdeckte, die sie entwaffnete.
    »Du lieber Himmel!«
    Marthe de Branzel fasste sie ohne großes Federlesen an den Schultern und zog sie zum Fenster, wo die Wintersonne durch grün-weiße Glasrauten fiel und das Gemach mit Lichtfunken durchzog.
    »Ihr habt nicht gesagt, dass sie noch ein Kind ist, Jannik! Wie heißt das Mädchen und wie alt ist es?«
    »Sie heißt Tiphanie, und ihrer eigenen Schätzung nach muss sie an die neunzehn Jahre alt sein. Lasst Euch von ihrer Zierlichkeit nicht täuschen«, warf der Seigneur über Tiphanies Kopf hinweg ein. »Wäre sie eine Edeldame, sie wäre längst selbst Mutter von Kindern.«
    Tiphanie sah sich einem prüfenden Blick unterzogen, dem sie mit jener für sie typischen Mischung aus Stolz und Sanftmut begegnete. Marthe de Branzel, die sich vorgenommen hatte, diesem kleinen Nichts in allem Hochmut zu begegnen, sah sich von ihrem Charme und ihrer Anziehungskraft berührt. Das feine Antlitz mit den übergroßen Augen, das ihr im Schatten der pelzgefütterten Kapuze entgegensah und mit flaumigen silberblonden Löckchen umrahmt wurde, war von einer Anmut, die an Blüten auf einer Frühlingswiese erinnerte. Ohne dass es ihr bewusst wurde, lächelte die alte Dame.
    »Nun denn, willkommen in meinem Hause, Jungfer Tiphanie«, sagte sie zur Erleichterung ihres Neffen. »Wir werden sehen, was wir für Euch tun können.«
    »Ihr müsst es nicht«, wisperte die junge Frau und versuchte, ihren Wunsch nach einem Platz zu verbergen, an dem sie Jannik de Morvan nahe sein konnte. »Ich vermag sehr gut für mich alleine zu sorgen ...«
    »Genau das scheint mein herrischer Neffe zu bezweifeln, Kind! Außerdem gefällt mir wie Ihr ausseht. Ich hatte vor vielen Jahren eine Freundin, die Euch ein wenig ähnlich sah ... Es erinnert mich an diese Zeiten, wenn ich Elaines Züge bei Euch wieder finde. Die Arme ist schon so lange verstorben ...«
    Tiphanie spürte die Einsamkeit der stolzen Edeldame ebenso wie die Ungeduld des Seigneurs. Er konnte es nicht erwarten, den Raum zu verlassen und die Verantwortung für sie abzuschieben. Nur sein Verantwortungsbewusstsein hielt ihn noch auf der Stelle.
    »Wenn Ihr meinen Rat annehmt, beste Tante, dann gebt Tiphanie für das Kind eines entfernten Verwandten aus, das seine Familie verloren hat und zu Euch gekommen ist. Es wäre nicht ratsam, sie mit Sainte Anne in Verbindung zu bringen. Es sind ohnehin zu viele dumme Gerüchte über dieses Kloster und die Dinge, die dort geschehen sind, im Umlauf. Je weniger man sie damit in Verbindung bringt, um so besser ist es für alle Beteiligten.«
    Marthe de Branzel nickte, sobald sie die Anregung bedacht hatte. »Ich stimme Euch zu, Jannik. Es genügt, wenn wir ihr Schicksal kennen, und vielleicht sollten wir ihr für alle Fälle auch einen anderen Namen geben. Elaine hatte eine kleine Tochter, die damals ebenfalls umkam. Ich war ihre Patin und habe die kleine Tristane über das Taufbecken gehalten. Ihr werdet die neue Tristane sein, Kind ...«
    Tiphanie lauschte dem fremden Namen nach, der ihr auf seltsame Weise gefiel. So als habe sie ihn einmal gehört und als etwas Angenehmes und Schönes in ihrem Herzen gelagert.
    »Wenn Ihr es wünscht«, murmelte sie gehorsam. Es war ihr egal, ob sie Tiphanie oder Tristane hieß. Sie wusste, dass beide Namen nur ein Ersatz für den einen waren, auf den sie getauft worden und der im Dunkel der Vergangenheit verschwunden war.
    Haltsuchend tastete sie nach den Konturen des Rosenkranzes durch den Stoff ihrer Gewänder und sah sich in dem quadratischen, elegant eingerichteten Zimmer zum ersten Mal richtig um. Wandteppiche, bemalte Decken, geschnitzte Möbel und ein Schauschrank mit glänzenden silbernen Kannen, Tellern und Schalen kündeten

Weitere Kostenlose Bücher