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Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Titel: Tiphanie – Feuer der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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brauchen, der sie stört ...«
    »Wenn dem so ist, sollten wir die Wachen des Herzogs alarmieren!«, schlug Erwann vernünftig vor.
    »Das kostet zu viel Zeit«, lehnte sein Herr ab. »Wenn sie das Mädchen in ihrer Gewalt haben, ist jeder Augenblick kostbar. Wir müssen hinunter an den Fluss. Falls dieses schäbige Gemäuer einmal ein Gerberhaus gewesen sein sollte, muss es einen Ausgang zum Wasser besitzen. Möglicherweise hat Cocherel davon keine Ahnung und seine Wachen achten nur auf die Gasse. Komm mit!«
    3  »Graciana – das Rätsel der Perle« von Marie Cordonnier, Band 18193

16. Kapitel
    Das Licht der Fackel blendete Tiphanie, und sie schloss die Lider. Inzwischen hatte sie gelernt, den wuchtigen Schritt ihres Peinigers zu erkennen. Der Unrat auf dem Boden knirschte unter seinen Stiefeln, und flüchtiges Rascheln bewies, dass auch die vierbeinigen Bewohner vor ihm Reißaus nahmen. Die junge Frau hätte es ihnen gerne nachgetan. Unwillkürlich versuchte sie, sich in ihren Fesseln aufzurichten und ihre Kräfte zu sammeln.
    Da war etwas Neues, nie Gefühltes in ihr, das sie auf eine Weise veränderte, die sie selbst nicht beschreiben konnte. Eine Hartnäckigkeit, ein Funke von Trotz und Lebenswille, der sich nicht einfach von einem alten, grässlichen, brutalen Kerl auslöschen lassen wollte. Sie riss die Augen auf und blinzelte aufsässig in das grelle Licht. Zeit ihres Lebens hatte sie es anderen überlassen, für sie zu denken, über sie zu bestimmen und ihr Leben zu lenken. Jetzt gab es niemanden mehr, der das für sie tat. Sie musste ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.
    Paskal Cocherel, der auf den Schmerz, die Zeit, die Angst um die Kunstfertigkeit der Ratten gehofft hatte, sah sich enttäuscht. Er besaß genügend Menschenkenntnis, um den Anflug von Rebellion in den klaren Augen zu erkennen. Die Halsstarrigkeit, die ihre zusammengepressten Lippen verrieten.
    »Kann es sein, dass du es darauf ankommen lassen willst, dummes Ding?«, knurrte er mit einem Anflug von Verblüffung in der Stimme, ehe er sich selbst die Antwort gab. »Ich weiß nicht, warum es mich verwundert. Es ist ein Nest aus frommen Vipern, das diese alberne alte Nonne im Wald von Auray aufgezogen hat. Aber auch Vipern können mit dem Messer getötet werden ...«
    Tiphanie spürte die kühle, scharfe Klinge an ihrer Kehle und war zum ersten Male dankbar für die mörderischen Fesseln, die jede Bewegung gewaltsam verhinderten. Sie konnte nicht fliehen, auch wenn jede Faser ihres Körpers dazu riet. Von der Kehle fuhr die Waffe zur Seite unter ihr Gewand, das von Peitschenhieben zerfetzt, ohnehin nicht mehr viel bedeckte. Ein kurzer Ruck, dann rutschte der Stoff über ihre bloße Schulter.
    Die Fackel kam so nahe, dass sie die blasse Haut mit den hässlich verschorften Peitschenstriemen mit feurigem Gold überzog. Tiphanie fror und schwitzte zugleich, aber sie hielt dem interessierten, abwartenden Blick stand. Sie wusste instinktiv, ein Zeichen von Schwäche, und er hätte gewonnen. Aber solange ein Funken Wille in ihr existierte, würde sie nicht freiwillig zu diesem Sieg beitragen.
    Die Messerspitze sprühte Funken im Licht der Fackel, und als sie geradezu spielerisch über einen Peitschenhieb fuhr, wurde das dumpfe Pochen zur jähen Flamme. Tiphanie musste nicht sehen, sie spürte das rinnende Blut wie eine warme Berührung. Feucht und metallisch nässte es den Stoff.
    »Meine Geduld mit dir geht zu Ende«, raunte der Söldnerführer, seinen Jähzorn unterdrückend. »Was meinst du, wie lange dir deine Gebete helfen, wenn die Schnitte zahlreicher werden? Wenn ich mich entschließe, deine Finger zu brechen und dir die Nase aus dem Gesicht zu schneiden? Wo ist der Stern von Armor, den dir die Äbtissin anvertraut hat? Nur sein Versteck rettet dich!«
    Er sah den Schauer, der über Tiphanies feine Haut lief, aber er täuschte sich in seiner Ursache. Es war nicht die Furcht, die sie bedrängte, sondern einmal mehr die Erinnerung. Sie hatte die verstümmelten Opfer seiner »Überredungskunst« in Sainte Anne gesehen!
    Ein leiser Wehlaut drang über ihre Lippen, als das Messer eine neuerliche Spur über die bisher unverletzte Schulter zog. Er mischte sich mit einem fernen Poltern, das irgendwo aus den Tiefen des Hauses drang und in einem schweren dumpfen Aufprall endete.
    »Was zum ...« Ehe Paskal Cocherel den Ausruf vollenden konnte, wurde die Tür aufgestoßen, und ein gedrungener Kerl im Lederwams stürzte mit gezogenem Schwert in

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