Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
»Ihr wisst genau, was für uns auf dem Spiel steht. Ich werde Cado zum Kampf herausfordern, wenn ich sicher bin, dass ich gewinne, und nicht einen Tag früher. Wenn Ihr bis dahin vor Langeweile nicht wisst wie Ihr Eure Zeit totschlagen könnt, dann denkt vielleicht einmal darüber nach, wie Ihr diese Zeit erst verbringen werdet, wenn der Kampf vorbei ist!«
»Wie schon?« Das harte, reglose Gesicht des Ritters verriet nichts von den Gefühlen, die ausgerechnet diese Frage in ihm aufgewühlt hatte. »Wie alle Welt auch. Ich denke, jeder von uns besitzt eine Burg oder ein Lehen, die dringend der Hand eines Herrn bedürfen, wenn in diesem Land wieder gesät und geerntet werden soll und nicht nur getötet und gestorben!«
»In der Tat.« Der Herzog nickte zufrieden über den zufälligen Themenwechsel. »Wenn es Euch gelingt, Euer kriegerisches Temperament ein wenig zu zügeln, würdet Ihr vielleicht sogar Herz und Hand einer der Damen meiner Gemahlin gewinnen ...«
Die Stille, die plötzlich im Arbeitskabinett des Herzogs hing, war trotz des allgemeinen Schweigens voller unterschwelliger Kommentare und Gefühle. Jeder wusste um das tragische Schicksal des Ritters, und wo die einen seine Treue über das Grab hinaus billigten, fragten sich die anderen mit einer gewissen kameradschaftlichen Schadenfreude, wie es ihm gelingen würde, sich aus dieser Schlinge zu befreien, die der Herzog so überaus geschickt für ihn gelegt hatte.
Jannik de Morvan selbst reagierte wie immer. Er verschränkte die Arme vor der mächtigen Brust und schwieg. Länger als es die Geduld des Herzogs zuließ, denn er kam mit einem ungeduldigen Schnauben auf die kriegerischen Pläne zurück, die der Anlass für diese Zusammenkunft gewesen waren.
»Es ist eine Manie mit diesen Hochzeiten, bemerkte Olivier de Clisson, als sie zufällig, Seite an Seite, den Rat verließen. »Habt Ihr davon gehört, dass Hervé de Sainte Croix ebenfalls unter das Joch der Ehe geschnallt wird? Seine Gnaden wird morgen nach Vannes reiten, um seine Braut persönlich vor den Altar zu führen. Die Erbin der Rospordons, einer der ältesten Namen der Bretagne. Unser Kampfgefährte hat klug gewählt ...«
»Möge er glücklich werden, entgegnete Jannik so trocken, dass der andere auflachte.
»Ich würde sagen, wichtiger ist, dass ihm mit dieser Heirat Vannes gehört! Der Frau macht man ein paar Kinder und überlässt sie der Aufzucht dieser Brut, dann hat man wenigstens keinen Ärger!«
Jannik schüttelte den Kopf, als könne er damit die arroganten Worte wieder aus seinen Ohren vertreiben. »Und das sagt ausgerechnet der umschwärmteste Kavalier dieses Hofes, der sich von Mädchenseufzern ernährt und die Ehrenmänner zu Wutanfällen treibt ...«
Olivier, der unter seiner eleganten Schale durchaus ein ernst zu nehmender Ritter war, lachte und durchschaute den Spott seines Begleiters. »Ihr seid ja nur eifersüchtig, weil ich Euch bei der reizenden kleinen Tristane de Branzel ein wenig ins Gehege gekommen bin. Wo steckt diese entzückende Blume eigentlich? Ich muss gestehen, der Tag erscheint mir nicht so strahlend wie sonst, wenn ich sie vermisse ...«
»Lasst sie in Frieden!«, warnte Jannik kalt. »Sie ist weder die Richtige für einen Flirt, noch wird sie für Euch diese Kinderbrut aufziehen.«
»Das fürchte ich auch«, räumte Olivier mit einem Seufzer ein. »So hinreißend das Mädchen ist, die Tatsache, dass Dame Marthe sich über ihre Herkunft so vage ausdrückt, verrät zu viel. Vermutlich ist sie der Bastard eines Edelmannes, den sie bei sich aufgenommen hat ...«
Es zuckte Jannik in den Fäusten, das maliziöse Lächeln aus den Mundwinkeln des Edelmannes zu schlagen, aber er riss sich zusammen. Egal aus welchem Grund er Tiphanie in Frieden ließ, Hauptsache, er tat es. Einzig darauf kam es an.
»Behaltet Eure Vermutungen für Euch«, knurrte er missmutig und deutete einen äußerst flüchtigen Gruß an. »Ich möchte kein Getratsche über die Kleine hören.«
»Wollt Ihr sie selbst?«, zog Clisson seine eigenen Schlüsse. »Das wird Seiner Gnaden nicht gefallen. Er legt Wert darauf, dass seine Edelleute keine Ehen unter ihrem Stand eingehen. Und wenn Ihr Euch die Kleine als Bettgenossin halten wollt ...«
Das war zu viel. Janniks Faust krachte mit der Gewalt eines Schmiedehammers in das hübsche Gesicht, und Olivier de Clisson fand sich mit schmerzendem Kinn und brummendem Schädel in einer Fensternische wieder. Es dauerte seine Zeit, bis ihm klar
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