Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
Verzückung versetzte. Sie hatte nie daran gedacht, dass die leidenschaftlichen Nächte mit Jannik solche Folgen haben könnten.
Sie musste für ihr Kind essen, damit es wuchs und stark wurde. Es kümmerte sie nicht, dass der Getreidebrei inzwischen kalt geworden war. Gwenna hatte Honig und Zimt hineingetan, und sie konnte sich nicht erinnern, jemals etwas so Köstliches gegessen zu haben. Alles hatte sich geändert und musste von neuem gekostet, erfahren und erlebt werden: die Glätte des geschnitzten Löffels, der körnige Brei, die Süße des Honigs.
Als die Schale leer war, bedauerte sie, dass Gwenna das Tablett mitgenommen hatte. Sie musste über die eigene Unersättlichkeit lachen, und Oliviane traf sie mit diesem Lachen im Gesicht an, als sie die Tür öffnete.
»Engelchen, ich nahm an, dass ich deine Tränen trocknen muss!«, rief sie verblüfft und kam in das Gemach.
»Gwenna hat es mir gesagt! Du bist in der Hoffnung!«
»Ja! Ist es nicht wundervoll?« Tiphanie konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. »Ich werde ein Kind haben! Einen Sohn oder eine Tochter mit Janniks dunkelblauen Augen!«
Oliviane de Sainte Croix fasste nach ihren Händen. »Du musst es deinem Ritter sagen!«
Das Strahlen erlosch augenblicklich. Tiphanie legte mit der beschützenden Geste aller Schwangeren dieser Welt die Hände auf ihren flachen Bauch. »Nein! Er darf es nie erfahren! Es ist allein mein Kind. Es würde ihn kränken, wenn er davon wüsste!«
»Ihn kränken?« Fassungslos runzelte ihre Freundin die glatte Stirn. »Weshalb zum Kuckuck sollte es ihn kränken, wenn du ein Kind bekommst? Er hat es dir schließlich gemacht, und er muss sich weit mehr als ein ahnungsloser Engel wie du der Gefahr bewusst gewesen sein, dass dies passieren könnte.«
Tiphanie wandte sich ab und trat wieder ans Fenster. »Er hat seiner Tante in meinem Beisein erklärt, dass er nie wieder eine Frau nehmen wird und dass er keine Kinder haben möchte. Er will seiner verstorbenen Gemahlin auch über den Tod hinaus treu bleiben!«
»Eine schöne Treue, die ihn nicht davon abhält, dir ein Kind zu machen«, spottete Oliviane wütend. »Mir scheint, es ist an der Zeit, mit diesem Seigneur ein deutliches Wort zu sprechen!«
»Untersteh dich!«
»Ach du lieber Himmel!« Oliviane verdrehte die Augen. »Engelchen! Hier geht es um dich und dein Kind! Die einzig wirklich wichtige Frage ist, ob du den Vater dieses Kindes innig genug liebst, um ihm dein Leben anzuvertrauen!«
Tiphanies Hände verschlangen sich, und zu dem Strahlen auf ihrem Gesicht gesellte sich ein solches Maß an verzweifelter Sehnsucht, dass es allein schon Antwort auf die Frage war.
»Ich liebe ihn mehr als mein Leben«, wisperte sie tonlos. »So sehr, dass es bestimmt Sünde ist, denn ich würde ihm sogar in die Hölle folgen, wenn er es von mir verlangte! Aber er erwidert meine Liebe nicht ... vermutlich ist er sogar froh, dass er mich los ist!«
»Hervé sagt, dass er verzweifelt nach dir sucht!«, sagte Oliviane vorsichtig, denn sie wagte keine Vermutung, wie Tiphanie auf diese Nachricht reagieren würde. »Er ist seltsamerweise überzeugt davon, dass du dich noch in der Stadt befindest.«
»Ich wüsste es auch, wenn er fort wäre ...«, murmelte Tiphanie bedrückt.
»Aber wenn du ihn so verzweifelt liebst, warum fliehst du ihn?«
»Begreifst du es nicht?« Tiphanies Augen schwammen in Tränen. »Es ist eine einseitige Liebe. Er empfindet nichts für mich als flüchtiges Begehren. Er fühlt sich einzig wegen seiner dummen Ehre verpflichtet, für mich zu sorgen. Er kann nicht mehr lieben.«
»Dann frage ich mich, warum er den Spott und die Neugier des Hofes mit seiner Suche nach einer verschwundenen Edeldame riskiert.«
»Die andern kümmern ihn nicht. Er lebt nach seinen eigenen Regeln ...«
»Und diese Regeln gebieten ihm, dass er ein Phantom verfolgt, das sich ihm entzieht? Ich kann mir keinen vernünftigen Grund dafür denken.«
»Seine Würde, seine Ehre, seine Selbstachtung und seine Sturheit sind Gründe genug«, erklärte Tiphanie matt. »Das alles ist ihm wichtig. Aber ich will nicht seine Ehre, ich will sein schlagendes und fühlendes Herz! Und wenn ich das nicht bekommen kann, dann bleibe ich lieber mit meinem Kind allein.«
Ihre Stimme brach, und Oliviane gestattete sich einen verstohlenen Seufzer. Auf ihre Art war Tiphanie mindestens so stur wie ihr stolzer Liebster. Wie sollten diese beiden jemals zueinander finden?
»Ich fürchte, das wirst du
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