Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
machen.«
Tiphanie beugte sich der politischen Klugheit ihrer Freundin. Nun, da sie ohnehin nicht mehr in ein Kloster eintreten wollte, war es ihr egal, was mit dem Rubin geschah. Sicher würde sie unter dem Schutz der ehemaligen Mitschwester ihr Kind zur Welt bringen können und irgendwo in Vannes ein Plätzchen finden, an dem sie als vermeintlich ehrbare Witwe dieses Kind aufziehen konnte.
Sie wagte plötzlich wieder an eine Zukunft zu denken, und sie klammerte sich mit aller Kraft an dieses Bild, damit sie sich nicht gleichzeitig der Vergangenheit entsann. Aber sie würde sie ohnehin nie vergessen können, dafür sorgte schon das winzige Wesen, das in ihr wuchs.
Es trug die Liebe weiter, die seine Existenz geschaffen hatte, und sie würde es weiter lieben, mit all der Glut und der Treue, die sein Vater nicht haben wollte.
5 »Oliviane – der Saphir der Göttin« von Marie Cordonnier.
24. Kapitel
Auf ein Wort!«
Ritter und Hund blieben stehen und betrachteten den hoch gewachsenen, dunkelhaarigen Seigneur, der sie aufgehalten hatte.
»Sainte Croix!« Jannik de Morvan schlug seinem Kampfgefährten erfreut auf die Schulter. Er war dankbar für jedes Ereignis, das ihn aus seinen düsteren Selbstvorwürfen heraus riss. »Ich habe gehört, dass Ihr in Rennes seid. Willkommen bei Hofe! Ihr seht aus wie ein Mann, der den Frieden zu genießen weiß!«
»Und Ihr kommt mir vor wie ein müder Kämpe, der in der vergangenen Nacht zu viel sauren Wein erwischt hat«, entgegnete der so Begrüßte sarkastisch. »Ausgerechnet Ihr, der sonst die Kontrolle in Person ist? Was erzählen die Gerüchte über Euch, Ihr seid bei unserem Herrn in Ungnade gefallen? Das kann ich mir kaum vorstellen!«
Die beiden Männer schlenderten nebeneinander über das weite Vorwerk der Burg, wo jetzt, in den ersten Märztagen, das junge Gras zu sprießen begann und die Knappen untereinander ihre Fähigkeiten im Kampf testeten. Marron tappte mit hängendem Kopf neben ihnen her, als teile er die Verzweiflung seines Herrn.
»Gewöhnt Euch an den Gedanken«, parierte Jannik den Spott zynisch und begann, die Treppe zum Wehrgang zu erklimmen. »Ihr seht einen Mann vor Euch, der seinen Fürsten verärgert hat und zum Gespött des Hofes geworden ist. Einen Narren, der auf Schmetterlingsjagd geht und täglich scheitert. Lacht über ihn, wenn Ihr wollt!«
Der bittere Unterton verriet Hervé de Sainte Croix eine Menge über die Stimmungslage seines Kampfgefährten. Er konnte es ihm besser nachfühlen, als Jannik ahnte. Auch er hatte sein Lehrgeld bezahlt, ehe die stolze Oliviane de Rospordon gezähmt in seinen Armen lag. Unwillkürlich kratzte er sich an der Schläfe, wo die dichte Matte seiner Haare eine längst verheilte Narbe verbarg, die er ihrer Schlagkraft zu verdanken hatte.
»Ihr klingt bitter, mein Freund. Kann es sein, dass eine gewisse junge Dame mit ungewöhnlichen türkisfarbenen Augen die Ursache dieses Unmuts ist?«
Im ersten Moment reagierte Jannik nicht, aber die erfahrenen Augen des anderen sahen, wie sich seine Kinnmuskulatur verhärtete und die ganze Gestalt sich einer Bogensehne gleich spannte. Erst danach begegnete er dem Blick des anderen. »Ihr wist wo sie ist? Ist sie in Sicherheit?«
»Ja.«
Die Antwort ließ ein Zentnergewicht von den Schultern des Ritters rutschen. Erst am vergangenen Abend hatte er die Leiche eines bedauernswerten jungen Mädchens betrachtet, das seinem Leben in der Vilaine ein Ende gesetzt hatte. Eine kleine Dirne, dünn und knochig, mit strähnigen Haaren und den tiefen Linien der Verzweiflung im Gesicht. Kein Vergleich zu Tiphanies Schönheit, und doch hatte er sie vor sich gesehen, als er am Ufer des Flusses kniete und dem Profos beschied, dass auch diese nicht die Frau war, die er suchte.
»Was heißt ja?«, forderte er mit rauer Stimme weitere Auskünfte.
»Es geht ihr gut«, räumte der Seigneur ein. »Aber wollt Ihr mir nicht sagen, weshalb sie vor Euch davonläuft, als hättet ihr die Schwarze Pest?«
»Das wüsste ich selbst gerne.« Jannik schlug mit der Faust wütend gegen die steinernen Zinnen. Es musste schmerzen, aber es hatte den Anschein, als würde er diesen Schmerz nicht einmal bemerken. »Ich kann nicht glauben, dass sie wirklich für immer in einem Kloster verschwinden will. Sie ist so süß, so lebendig, so heiter und erfrischend wie ein Frühlingswind. Es kann nicht ihr Ernst sein, dass sie den Rest ihrer Tage im Gebet verbringen will! Es ist ... Dummheit! Verschwendung!
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