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Titan 09

Titan 09

Titel: Titan 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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unendlich zum fernen Horizont zu erstrecken schien, da und dort mit buckligen Gegenständen getupft – den wartenden Raumschiffen. Selbstfahr-Traktoren arbeiteten nahe bei einem Hangar, sie räumten die Reste des Schneefalls der vergangenen Nacht fort.
    Webster schauderte und wunderte sich darüber, denn die Mittagssonne war warm. Und er schauderte noch einmal.
    Langsam wandte er sich von der Brüstung ab und ging auf das Verwaltungsgebäude zu. Einen schrecklichen Moment lang fühlte er plötzlich Angst – eine unvernünftige und überraschende Angst, die ihn innerlich frösteln ließ, als er seine Füße auf die Tür zu lenkte.
    Ein Mann, der eine Aktenmappe in der Hand schwenkte, kam auf ihn zu. Als er ihn sah, wünschte Webster inbrünstig, daß der Mann ihn nicht ansprechen möge.
    Der Mann sagte gar nichts, blickte ihn beim Vorbeigehen kaum an, und Webster fühlte sich erleichtert.
    Sobald er wieder zu Hause wäre, sagte Webster sich, würde er zu Mittag essen und wäre dann für sein Mittagsschläfchen bereit. Das Feuer würde auf dem Rost lodern, und die Kaminplatten würden das Flackern der Flammen widerspiegeln. Jenkins würde ihm einen Likör bringen und ein oder zwei Worte sagen – unverbindliches Gerede.
    Er eilte auf die Tür zu, beschleunigte seine Schritte, ängstlich bemüht, der Kälte der massigen Rampe zu entkommen.
    Seltsam, wie er sich wegen Thomas gefühlt hatte. Ganz natürlich hatte er Widerwillen beim Abschied empfinden müssen. Aber es war völlig unnatürlich, daß er in diesen letzten Minuten eine solch schreckliche Angst in sich aufsteigen fühlte. Angst vor der Reise durch den Raum, Angst vor dem fremdartigen Mars – obwohl der Mars kaum noch fremdartig war. Über ein Jahrhundert lang hatten die Menschen ihn nun schon erforscht, gegen ihn gekämpft, mit ihm gelebt; manche von ihnen hatten es sogar so weit gebracht, ihn zu lieben.
    Aber nur äußerste Willensanstrengung hatten ihn in diesen letzten Sekunden vor dem Start des Schiffes daran gehindert, auf das Startfeld zu laufen, nach Thomas zu schreien; ihn anzuflehen, zurückzukommen, nicht wegzugehen.
    Und das wäre selbstverständlich unvorstellbar gewesen. Es wäre eine Art seelischer Exhibitionismus gewesen, demütigend und erniedrigend – etwas, das ein Webster nicht tun konnte.
    Denn schließlich, so sagte er sich selbst, war eine Reise zum Mars kein großes Abenteuer, jedenfalls jetzt nicht mehr. Es gab eine Zeit, da war sie es noch, aber diese Zeit war unwiderruflich vorüber. Er selbst hatte in jungen Jahren eine Reise zum Mars gemacht, war dort fünf lange Jahre geblieben. Das war schon -er atmete schwer, als er daran dachte –, das war schon fast dreißig Jahre her.
    Das Murmeln und Summen der Halle schlug ihm entgegen, als der Robot-Angestellte ihm die Tür öffnete; in dieses Gemurmel mischte sich ein Klang, der fast so etwas wie Entsetzen hervorrief. Einen Moment lang zögerte er, dann trat er ein. Sanft schloß sich die Tür hinter ihm.
    Er blieb nahe an der Wand, um den Leuten nicht im Wege zu sein, und ging auf einen Sessel in einer Ecke zu. Er setzte sich und ließ sich zurücksinken, zwang seinen Körper tief in die Kissen hinein und beobachtete das quirlige Treiben der Menschen, die durch den Raum sprudelten.
    Laute Leute, eilige Leute, Leute mit fremden, ungewöhnlichen Gesichtern. Fremde – jeder von ihnen. Kein Gesicht, das er kannte. Leute, die verreisten. Die auf die Planeten wollten. Ängstlich darauf bedacht, wegzukommen. Besorgt wegen der letzten Einzelheiten. Hin und her hastend.
    Aus der Menge tauchte ein vertrautes Gesicht auf. Webster lehnte sich nach vorn.
    »Jenkins!« rief er und bedauerte sofort die laute Äußerung, obwohl niemand sie bemerkt zu haben schien.
    Der Roboter bewegte sich auf ihn zu, stand vor ihm.
    »Richte Raymond aus«, sagte Webster, »daß ich unverzüglich zurückkehren muß. Trage ihm auf, den Copter sofort zu holen.«
    »Es tut mir leid, Sir«, sagte Jenkins, »aber wir können nicht sofort weg. Die Mechaniker haben einen Defekt in der nuklearen Brennkammer entdeckt. Sie installieren gerade eine neue. Es wird mehrere Stunden dauern.«
    »Sicher konnte das noch warten«, meinte Webster ungeduldig.
    »Der Mechaniker bestritt das, Sir«, sagte Jenkins. »Sie könnte jede Minute hochgehen. Die ganze Energie…«
    »Ja, ja«, stimmte Webster ungeduldig zu. »Ich glaube das schon. Er muß es schließlich wissen.«
    Unruhig spielte er mit seinem Hut. »Mir fällt gerade ein«,

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