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Titan 09

Titan 09

Titel: Titan 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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Menschen aufs Land, um frische Luft und Bewegungsfreiheit zu bekommen – und eine Lebensqualität, die ihnen das städtische Leben – genaugenommen – nie gegeben hatte.
    Und hier war das Endergebnis. Ein ruhiges Leben. Ein Friede, der nur zusammen mit angenehmen Dingen kommen konnte. Die Art zu leben, nach der sich die Menschen seit Jahren gesehnt hatten. Ein herrschaftliches Leben, das auf alten Familienhäusern und beschaulichen Landgütern beruhte, mit Atomenergie und Robotern anstelle der Diener.
    Webster lächelte angesichts des Kamins und der flammenden Holzscheite. Das war ein Anachronismus, aber ein positiver -etwas, das die Menschen aus den Höhlen mitgebracht hatten. Unnütz, weil die Atomheizung besser war – aber es war angenehmer. Man konnte nicht vor der Atomkraft sitzen, sich beobachten, träumen, Schlösser bauen und in den Flammen Gestalten sehen, Gesichter.
    Genauso die Gruft dort draußen, wo sie seinen Vater an diesem Nachmittag zu Grabe getragen hatten. Auch das war Familie. Alles hing miteinander zusammen. Der düstere Stolz und das müßige Leben und der Friede.
    In den alten Zeiten wurden die Toten auf großen Grundstücken alle zusammen begraben, ein Fremder Seite an Seite mit einem Fremden…
    Er geht niemals irgendwohin.
    Das hatte Jenkins dem Pfarrer gesagt.
    Und das stimmte so. Denn welchen Zweck hatte es, irgendwohin zu gehen? Es gab hier alles. Man brauchte nur eine Wählscheibe zu drehen und konnte sich von Angesicht zu Angesicht mit jedem gewünschten Gesprächspartner unterhalten, konnte mit den Sinnen, wenn schon nicht körperlich, an jeden gewünschten Ort gehen. Konnte ein Theater besuchen, ein Konzert hören oder in einer Bibliothek auf der anderen Seite des Globus herumschmökern.
    Webster trank seinen Whisky und wandte sich dann dem Apparat neben seinem Schreibtisch zu.
    Aus dem Gedächtnis drehte er die Scheiben, ohne auf das Verzeichnis zurückzugreifen. Er wußte, wohin er wollte.
    Sein Finger legte einen Hebel um, und das Zimmer verschwamm allmählich – oder schien zu verschwimmen. Der Sessel, in dem er saß, blieb übrig, ein Teil des Schreibtischs, ein Teil des Apparats – und das war alles.
    Der Sessel stand auf dem Hang eines Hügels, der mit goldenem Gras bedeckt war und auf dem einige dürre, windschiefe Bäume wuchsen. Der Hang erstreckte sich hinunter zu einem See, der sich in die purpurfarbenen Ausläufer des Gebirges schmiegte. Die Berge, durch breite Streifen bläulich-grüner Pinienwälder dunkel gefärbt, stiegen in unregelmäßigen Stufen auf. Sie verschmolzen mit den blaugetönten, schneebedeckten Gipfeln, die hinter und über ihnen wie ein gezacktes Sägeblatt aufragten.
    Der Wind fuhr hart durch die geduckten Bäume und zauste das Gras mit jähen Böen. Die letzten Strahlen der Sonne schlugen Feuer aus den weit entfernten Berggipfeln.
    Einsamkeit und Größe, die weiten Flächen des geplagten Landes, der romantische See, die messergleichen Schatten der weit entfernten Bergketten.
    Webster saß locker in seinem Sessel und blinzelte beim Anblick der Gipfel.
    Fast an seiner Schulter sagte eine Stimme: »Darf ich reinkommen?«
    Eine weiche, zischende Stimme, ganz und gar nicht menschlich. Aber eine Stimme, die Webster kannte.
    Er nickte. »Ich bestehe darauf, Juwain.«
    Er drehte sich ein wenig und sah das ausgeklügelte, niedrige Stützgestell und den fellbewachsenen, sanftäugigen Marsianer, der sich darauf kauerte. Fremdartige Möbel verschwammen undeutlich hinter dem Gestell, man konnte das Aussehen der Ausstattung der Marswohnung nur erraten.
    Der Marsianer wies mit der pelzigen Hand auf die Gebirgskette.
    »Du liebst es«, sagte er. »Du kannst es verstehen. Und ich kann verstehen, wieso du es verstehst; aber für mich birgt es mehr Schrecken als Schönheit. Es ist etwas, da wir auf dem Mars nie haben konnten.«
    Webster streckte eine Hand aus, aber der Marsianer bremste seine Bewegung.
    »Denk nicht daran«, sagte er. »Ich weiß, warum du hierher gekommen bist. Ich wäre nie zu einer solchen Zeit hierher gekommen, außer vielleicht mit dem Gedanken, daß ein alter Freund…«
    »Das ist nett von dir«, sagte Webster. »Ich bin froh, daß du gekommen bist.«
    »Dein Vater«, sagte Juwain, »war ein großer Mann. Ich erinnere mich, wie du mir während der Jahre, die du auf dem Mars verbracht hast, von ihm erzähltest. Du sagtest damals, du würdest einmal zurückkommen. Wie kommt es, daß du nie zurückgekehrt bist?«
    »Nun«, sagte Webster,

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