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Titan 09

Titan 09

Titel: Titan 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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die Augen von dem Papierbündel auf seinem Schreibtisch, schnupperte den Windhauch und fühlte sein kühles Flüstern im Gesicht. Er streckte seine Hand nach dem Weinbrandglas aus, fand es leer vor und stellte es wieder zurück.
    Er beugte sich wieder über die Papiere, nahm einen Bleistift und strich ein Wort durch.
    Kritisch las er die letzten Absätze:
    Die Tatsache, daß von den zweihundertundvierzig Menschen, die zu einem Besuch bei mir eingeladen waren – vorwiegend mit Anliegen, die mehr als nur normale Bedeutung hatten –, nur drei kommen konnten, beweist nicht notwendigerweise, daß bis auf diese drei alle Opfer der Agoraphobie sind. Einige mögen verständliche Gründe dafür gehabt haben, daß sie nicht in der Lage waren, meine Einladung anzunehmen. Aber es weist doch auf folgendes hin: Menschen, die mit der Daseinsweise leben, die sich nach dem Zusammenbruch der Städte einbürgerte, sind mehr und mehr abgeneigt, die vertraute Umgebung zu verlassen. Ihr instinktiver Wunsch, in der Umgebung und inmitten der Besitztümer zu bleiben, die sie im Innern mit Zufriedenheit und Annehmlichkeit gleichsetzen, hat sich vertieft.
    Wie das Ergebnis einer solchen Entwicklung sein wird, kann niemand völlig klar vorhersehen; denn sie betrifft nur einen kleinen Teil der Erdbevölkerung. Bei den größeren Familien zwingt wirtschaftlicher Druck dazu, daß einige der Söhne ihr Glück entweder in anderen Regionen der Erde oder auf einem der anderen Planeten suchen. Viele andere suchen freiwillig Abenteuer und Glück im Weltraum, während wieder andere Berufe ergreifen, die ein seßhaftes Leben unmöglich machen.
    Er blätterte die Seite um und machte sich an die nächste. Es war ein guter Aufsatz, das wußte er, aber er konnte nicht veröffentlicht werden, jetzt noch nicht. Vielleicht nach seinem Tod. Niemand, soweit er überblicken konnte, hatte je so klar die Entwicklung verstanden; niemand hatte die Tatsache, daß die Menschen selten ihr Haus verlassen, für irgendwelche Überlegungen zum Anlaß genommen. Warum sollten denn die Menschen ihre Häuser verlassen?
    Gewisse Gefahren mögen in…
    Der Televisor summte neben ihm, und er streckte die Hand zum Schalter aus.
    Das Zimmer verschwamm, und er befand sich einem Mann gegenüber, der hinter einem Schreibtisch saß; fast so, als säße er auf der anderen Seite von Websters Schreibtisch. Ein grauhaariger Mann mit traurigen Augen hinter dicken Brillengläsern.
    Einen Augenblick lang starrte Webster, in seinem Gedächtnis regte sich etwas.
    »Könnte es…?« fragte er, und der Mann lächelte ernst.
    »Ich habe mich verändert«, sagte er. »Und Sie auch. Mein Name ist Clayborne. Erinnern Sie sich? Die marsianische Medizinische Kommission…«
    »Clayborne! Ich habe oft an Sie gedacht. Sie sind auf dem Mars geblieben.«
    Clayborne nickte. »Ich habe Ihr Buch gelesen, Doktor. Ein sehr wichtiger Beitrag. Ich habe oft daran gedacht, selbst eins zu schreiben, aber ich hatte keine Zeit dazu. Wie auch immer, ich hab’s nicht getan. Sie haben’s besser gemacht. Vor allem die Abschnitte übers Gehirn.«
    »Das marsianische Gehirn«, sagte Webster zu ihm, »hat mich immer fasziniert. Gewisse Besonderheiten. Ich fürchte, ich habe von den fünf Jahren mehr Zeit als ich sollte damit verbracht, Aufzeichnungen darüber zu machen. Es gab andere Arbeit zu tun.«
    »Sie haben gute Arbeit geleistet«, sagte Clayborne. »Deshalb rufe ich Sie jetzt auch an. Ich habe einen Patienten – eine Gehirnoperation. Nur Sie können sie ausführen.«
    Webster schluckte, seine Hände zitterten. »Bringen Sie ihn hierher?«
    Clayborne schüttelte den Kopf. »Er kann nicht transportiert werden. Sie kennen ihn, glaube ich. Juwain, der Philosoph.«
    »Juwain!« stieß Webster hervor. »Er ist einer meiner besten Freunde. Noch vor wenigen Tagen haben wir miteinander gesprochen.«
    »Der Anfall kam plötzlich«, sagte Clayborne. »Er hat nach Ihnen gefragt.«
    Webster schwieg, ihm wurde kalt – eine frostige Kälte, die von einer unbekannten Stelle aus an ihm hochkroch. Eine Kälte, die den Schweiß auf seine Stirn trieb und seine Fäuste zusammenballte.
    »Wenn Sie umgehend starten«, sagte Clayborne, »können Sie rechtzeitig hier sein. Ich habe mit dem Welt-Komitee schon arrangiert, daß Sie sofort ein Schiff zu Ihrer Verfügung haben können. Größte Eile ist freilich vonnöten.«
    »Aber ich«, sagte Webster gequält, »ich… kann nicht kommen.«
    »Sie können nicht kommen?!«
    »Es ist

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