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Titan 12

Titan 12

Titel: Titan 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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haben.«
    »Nein, das kann ich nicht sagen. Es gibt da einen jungen Müllsammler, den Sohn eines guten Freundes von mir, der im Weltraum starb« – Sankov kratzte sich nachdenklich am Hals –, »dessen Hobby es ist, über die Geschichte der Erde nachzulesen. Wenn er draußen im Weltraum ist, fängt er manchmal Fernsehsendungen auf. Er hat sich diesen Hilder angehört. Soviel ich weiß, war das die erste Rede, die Hilder über die Verschwender hielt.
    Der junge Mann ist damit zu mir gekommen. Ich habe ihn natürlich nicht sonderlich ernst genommen. Nachher habe ich mir eine Weile die Filme von der Planetary Press etwas genauer angesehen, aber da war nicht viel über Hilder, und das wenige, was ich sah, ließ ihn ziemlich komisch erscheinen.«
    »Ja, Kommissar«, sagte Digby, »als es anfing, wirkte es auch eher wie ein Witz.«
    Sankov streckte seine langen Beine seitlich vom Schreibtisch weg und schlug sie dann übereinander. »Mir kommt es immer noch wie ein Witz vor. Was will er denn? Wir verbrauchen Wasser. Hat er sich einmal ein paar Zahlen angesehen? Ich habe sie alle hier. Ich ließ sie mir bringen, als dieser Ausschuß eintraf.
    Die Erde besitzt in ihren Ozeanen eins Komma sechs Millionen Kubikkilometer Wasser, und jeder Kubikkilometer wiegt eine Milliarde Tonnen. Das ist eine Menge Wasser. Einen Teil davon verwenden wir zum Antrieb unserer Raumschiffe. Der größte Teil wird innerhalb des Gravitationsfeldes der Erde abgestoßen, und das bedeutet, daß das Wasser wieder seinen Weg zu den Ozeanen findet. Hilder berücksichtigt das nicht. Wenn er behauptet, daß pro Flug eine Million Tonnen Wasser verbraucht wird, lügt er. In Wirklichkeit sind es weniger als hunderttausend Tonnen.
    Nehmen wir einmal an, wir hätten fünfzigtausend Flüge pro Jahr. Das haben wir natürlich nicht; nicht einmal fünfzehnhundert. Aber nehmen wir einmal an fünfzigtausend. Ich kann mir vorstellen, daß sich der Raumverkehr im Lauf der Zeit noch ziemlich ausweitet. Bei fünfzigtausend Flügen gingen pro Jahr vier Kubikkilometer Wasser im Weltraum verloren. Das bedeutet, daß in einer Million Jahren die Erde ein Viertel von einem Prozent ihres gesamten Wasservorrates verlieren würde!«
    Digby spreizte die Hände mit den Handflächen nach oben und ließ sie dann herunterfallen. »Kommissar, die Firma Interplanet‐Legierungen hat in ihrer Kampagne gegen Hilder ähnliche Zahlen gebraucht, aber einem solch emotionsgeladenen Feldzug kann man nicht mit Mathematik entgegentreten. Dieser Hilder hat einen Namen erfunden: ›Verschwender‹. Und diesen Namen hat er allmählich zu einer gigantischen Verschwörung aufgeblasen; eine Bande brutaler, nur von Profitgier geleiteter Ungeheuer, die die Erde um ihres persönlichen Vorteils wegen ausplündern.
    Er hat die Regierung beschuldigt, von diesen Typen durchsetzt zu sein, die Generalversammlung, daß sie von ihnen beherrscht würde, und die Presse, daß sie sich in ihrem Besitz befände. Dem durchschnittlichen Mann auf der Straße scheint all dies leider nicht lächerlich. Er weiß nur zu gut, welches Unheil selbstsüchtige Interessen anrichten können. Er weiß zum Beispiel, was während der Krisenjahre aus den Ölvorräten der Erde wurde, und er weiß, wie man den Mutterboden vernichtete.
    Wenn ein Bauer von einer Dürre heimgesucht wird, interessiert es ihn nicht sonderlich, daß im Vergleich mit dem gesamten Wasserhaushalt der Erde das Wasser, das bei Raumflügen verbraucht wird, nicht einmal ein Tröpfchen im Nebel ist. Hilder hat ihm etwas geliefert, dem er die Schuld geben kann, und das ist bei einer Katastrophe der beste Trost. Und diesen Trost wird er niemals gegen ein paar Zahlen eintauschen.«
    »Und genau an dem Punkt komme ich nicht mehr mit«, wandte Sankov ein. »Vielleicht liegt es daran, daß ich nicht weiß, wie die Dinge auf der Erde laufen, aber mir scheint jedenfalls, daß es dort nicht nur von Dürrekatastrophen geplagte Bauern gibt. Soweit ich den Nachrichten entnehmen konnte, sind diese Hilder‐Leute nur eine Minderheit. Warum läßt sich die Erde eigentlich von ein paar Bauern und einigen Schwachköpfen verrückt machen?«
    »Weil es Leute gibt, die sich Sorgen machen, Kommissar. Die Stahlindustrie befürchtet, daß ein Zeitalter der Raumfahrt die leichten Nichteisenlegierungen begünstigen könnte. Die verschiedenen Gewerkschaften der Bergleute machen sich um extraterrestrische Konkurrenz Sorgen. Und wenn irgendein Mensch auf der Erde kein Aluminium bekommt, um sich

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