Titan 12
dröhnten auf der Treppe, und eine tiefe Stimmte rief: »Na, Hiram, ich sehe, Sie haben das Ding ja schon fertig.«
Taine fuhr hoch und stand stocksteif und völlig sprachlos da.
Das behäbige Gesicht Henry Hortons blickte ihn freudig und zufrieden an. »Ich habe Abbie gesagt, daß Sie noch nicht fertig wären, doch sie meinte, ich sollte mal auf alle Fälle rüberschauen… Mann, Hiram, das ist ja in Farbe! Wie haben Sie das denn geschafft, zum Teufel?«
Taine grinste schwach. »Ich habe einfach herumgebastelt«, sagte er.
Gravitätisch kam Henry die restlichen Stufen hinab. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, blieb er vor dem Fernseher stehen und starrte den Kasten ehrfürchtig an.
Dann schüttelte er langsam den Kopf. »Ich hätte nie gedacht«, sagte er, »daß so etwas möglich ist.«
»Abbie hat davon gesprochen, daß Sie einen Farbfernseher wollten.«
»Nun ja. Natürlich will ich einen. Doch nicht diesen alten Kasten. Ich hätte nie für möglich gehalten, daß dieses alte Ding einmal ein Farbbild liefert. Wie haben Sie das gemacht, Hiram?«
Taine sagte die volle Wahrheit. »Das weiß ich nicht so genau«, entgegnete er.
Henry erspähte eine Nagelkiste vor einer der Werkbänke und zerrte sie vor den alten Fernseher. Vorsichtig ließ er sich darauf nieder, entspannte sich und machte es sich bequem. »Das ist der Lauf der Welt«, sagte er. »Es gibt Männer wie Sie, aber die sind rar. Einfache Yankee‐Heimwerker. Ihr probiert einfach an den Dingen herum, bastelt hier und experimentiert da, und bevor ihr es selbst begreift, kommt ihr mit etwas Neuem groß heraus.«
Er saß auf der Nagelkiste und starrte den Bildschirm an.
»Das ist ja richtig gut«, sagte er. »Ein besseres Farbbild, als man es in Minneapolis bekommt. Als ich das letzte Mal dort war, hab’ ich mich in ein paar Geschäften nach Farbfernsehern umgesehen. Ganz ehrlich, Hiram, nicht eins war darunter, das so ein gutes Bild hatte wie dieses.«
Taine fuhr sich mit dem Hemdsärmel über die Stirn. Irgendwie schien es im Keller warm zu werden. Feiner Schweiß bedeckte sein Gesicht.
Henry kramte in seinen Taschen nach einer großen Zigarre und reichte sie Taine.
»Nein danke. Ich rauche nicht.«
»Vielleicht eine weise Einstellung«, sagte Henry. »Eine scheußliche Angewohnheit.«
Er steckte die Zigarre in den Mund und rollte sie von einer Seite zur anderen.
»Jedem das seine«, dozierte er weitschweifig. »Aber bei solchen Dingen sind Sie einfach ein Wunderknabe. Sie scheinen in mechanischen Entwürfen und elektronischen Schaltkreisen zu denken. Ich selbst, ich habe keine Ahnung davon. Sogar von Computern habe ich keinen blassen Schimmer; ich stelle nur die Leute ein, die die Sache wirklich verstehen. Ich kann nicht einmal ein Brett durchsägen oder einen Nagel in die Wand schlagen. Doch ich kann organisieren. Erinnern Sie sich noch, Hiram, wie sie alle hinter vorgehaltener Hand kicherten, als ich mit der Firma begann?«
»Nun, ich glaube, ein paar haben wirklich Witze darüber gerissen.«
»Da haben Sie verdammt recht. Wochenlang liefen sie mit der Hand vorm Gesicht herum, damit ich ihr Grinsen nicht bemerken sollte. Weiß Henry überhaupt, was er tut, sagten sie, wenn er hier auf dem Lande eine Computer‐Fabrik errichtet? Glaubt er etwa, mit den großen Firmen im Osten konkurrieren zu können? Und sie grinsten solange, bis ich ein paar Dutzend Geräte verkauft und für die nächsten zwei Jahre mit Aufträgen eingedeckt war.«
Er fischte ein Feuerzeug aus der Tasche und zündete die Zigarre behutsam an, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden.
»Sie sind da auf etwas gestoßen«, sagte er nachdrücklich, »was zu einer wahren Goldgrube werden kann. Ein einfacher Adapter, der in jedes Gerät paßt. Wenn Sie bei diesem alten Klapperkasten ein Farbbild erzeugen können, dann auch bei jedem anderen Gerät, egal welcher Bauart.«
Er kicherte geräuschvoll und verschluckte sich fast am Tabakrauch. »Wenn RCA wüßte, was hier und in diesem Moment geschieht, würden die den Schwanz einziehen und sich die Kehle durchschneiden.«
»Aber ich weiß doch gar nicht, wie ich es gemacht habe«, protestierte Taine.
»Nun, das geht schon in Ordnung«, meinte Henry zufrieden. »Ich werde das Gerät morgen zur Firma schaffen lassen und ein paar Jungs darauf ansetzen. Die finden in nullkommanichts heraus, wie der Trick funktioniert.«
Er nahm die Zigarre aus dem Mund und betrachtete sie eingehend, dann steckte er sie wieder zwischen
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