Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
dafür sorgen, daß sie richtig frankiert und abgeschickt werden?«
    »Selbstverständlich.« Er nahm die Briefe entgegen und verwahrte sie in einer Tasche seines grauen Uniformhemdes.
    »Nicht wahr, sie können doch erst abgeschickt werden, wenn der nächste Kreuzer kommt, und die Stardust wird ihnen dann schon längst alles berichtet haben?« meinte sie fragend. Er nickte, und sie fuhr fort: »Deswegen sind die Briefe wohl nicht so wichtig, aber andererseits sind sie sehr wichtig – für mich und für sie.«
    »Ich weiß. Ich verstehe das und will mich selbst darum kümmern.«
    Sie warf einen kurzen Blick auf den Chronometer und sah ihn dann wieder an. »Er scheint ständig schneller zu laufen, nicht?«
    Er gab keine Antwort, er wußte nicht, was er sagen sollte. »Meinen Sie, daß Gerry rechtzeitig im Lager sein wird?«
    »Ich glaube, ja. Es hieß, er müßte jeden Augenblick zurück sein.«
    Nervös begann sie den Bleistift zwischen ihren Handflächen hin und her zu rollen. »Ich hoffe es so. Mir ist schlecht vor Angst, und ich will seine Stimme nochmal hören; vielleicht fühle ich mich dann nicht so allein. Ich bin so feige, aber ich kann nichts dagegen tun.«
    »Nein«, sagte er ruhig, »feige sind Sie nicht. Sie haben Angst, aber Sie sind nicht feige.«
    »Ist das etwas anderes?«
    Er nickte. »Ja, etwas ganz anderes.«
    »Ich fühle mich so einsam. So habe ich mich noch nie gefühlt, als ob ich ganz allein wäre, und niemand wäre da, der Anteil nimmt, den es interessiert, was mit mir passiert. Sonst waren da immer meine Eltern und meine Freunde. Ich hatte viele Freunde, und am Abend vor meiner Abreise haben sie noch eine Abschiedsparty für mich gegeben.«
    Erinnerungen an Freunde und Musik und gemeinsames Lachen – und auf dem Bildschirm verschwand der Lotus Lake allmählich im Schatten.
    »Ist das für Gerry auch so?« fragte sie. »Ich meine, falls er einmal einen Fehler macht, müßte er dann sterben, ganz allein und ohne daß ihm irgend jemand helfen könnte?«
    »Das gilt für alle im Grenzraum. Das wird immer so sein, solange es einen Grenzraum gibt.«
    »Gerry hat uns das nie gesagt. Er hat nur erzählt, daß man gut bezahlt wird, und dann hat er immer Geld heimgeschickt, denn von Vaters kleinem Laden konnten wir kaum leben; aber daß das so ist, hat er uns nie gesagt.«
    »Hat er nicht erwähnt, daß seine Arbeit gefährlich ist?«
    »Ja – das schon. Das hat er erzählt, aber wir haben es nicht richtig begriffen. Ich dachte immer, die Gefahren im Grenzraum seien eher etwas Lustiges, eher wie die spannenden Abenteuer in Filmen.« Für einen Augenblick erschien ein mattes Lächeln in ihren Zügen. »Nur, so ist es nicht. So ist es keineswegs, denn wenn das Abenteuer Wirk
    lichkeit ist, kann man nachher nicht einfach nach Hause gehen.«
    »Nein«, sagte er, »das geht nicht.«
    Nervös schaute sie auf den Chronometer, dann zu der Tür der Luftschleuse und schließlich wieder auf den Block, den sie noch immer in der Hand hielt. Sie wurde sich dessen bewußt und beugte sich vor, um ihn auf die Konsole vor sich zu legen, wobei sie einen Fuß vorschob. Da fiel ihm zum ersten Mal auf, daß sie gar keine echten veganischen Ledersandaletten trug, sondern nur eine billige Imitation. Das teure veganische Leder war in Wirklichkeit genarbtes Plastik, die Silber-schnallen aus Stahl, die Edelsteine nur buntes Glas. Von Vaters kleinem Laden konnten wir kaum leben… Sie mußte im zweiten Studienjahr vom College abgegangen sein, um jenen Linguistikkurs zu machen, der es ihr ermöglichte, auf eigenen Füßen zu stehen und ihrem Bruder bei der Unterstützung der Eltern zu helfen. Sicherlich hatte sie nach Schulschluß noch eine Teilzeitarbeit gehabt, um sich etwas dazu zu verdienen. Ihr persönlicher Besitz auf der Stardust würde an die Eltern zurückgehen; wahrscheinlich war nichts von Wert darunter, auch würde er nicht viel Lagerraum auf dem Rückflug beanspruchen.
    »Finden Sie nicht…«, sie zögerte, und er blickte sie fragend an. »Finden Sie nicht, es ist kalt hier?« fragte sie und fügte fast entschuldigend hinzu: »Frieren Sie nicht?«
    »Ja, doch«, meinte er. Am Haupttemperaturanzeiger konnte er ablesen, daß die Raumtemperatur genau dem Sollwert entsprach. »Ja, es ist kälter hier, als es sein sollte.«
    »Ich wünschte, Gerry kommt zurück, bevor es zu spät ist. Glauben Sie wirklich, daß er rechtzeitig da ist, oder haben Sie das bloß gesagt, um mich zu trösten?«
    »Ich glaube sicher, daß es

Weitere Kostenlose Bücher