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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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Inhaber der Zoohandlung um vier Uhr früh aus dem Bett geklingelt und dem Mann, als er wütend wurde, erklärt, wenn er nicht augenblicklich herunterkäme und ihm das weiße Kätzchen verkaufte, würde er ihm den Hals umdrehen.«
    »Wir erinnern uns wohl immer nur an die kleinen Dinge, Dinge, die sie taten, einfach, weil sie uns eine Freude machen wollten. Auch Sie haben so etwas für Gery getan und für Ihren Vater und Ihre Mutter – alles mögliche, das Sie schon längst nicht mehr wissen, die anderen aber nie vergessen werden.«
    »Ich hoffe, es ist so. Es wäre schön, wenn sie so an mich dächten.«
    »Bestimmt.«
    »Ich wünschte…« Sie schluckte. »Wie ich sterben werde – ich wünschte, daran dächten sie nie. Ich habe einmal gelesen, wie Leute aussehen, die im Raum sterben: Es zerreißt ihnen die Eingeweide, die Lunge kommt zwischen den Zähnen heraus, und einen Augenblick später sind sie völlig ausgetrocknet und formlos und schrecklich häßlich. Ich will, daß sie niemals so an mich denken, an so etwas Totes und Schreckliches.«
    »Sie sind ihr Kind, seine Schwester; anders können sie nicht an Sie denken. So, wie sie Sie das letzte Mal gesehen haben, so bleiben Sie ihnen im Gedächtnis.«
    »Und doch habe ich immer noch Angst«, sagte sie. »Ich kann nichts dagegen tun, aber ich will nicht, daß Gerry es merkt. Wenn er rechtzeitig zurückkommt, tue ich so, als hätte ich gar keine Angst und…«
    Das kurze, schrille Klingeln des Funksignals unterbrach sie.
    »Gerry!« Sie sprang auf. »Das ist Gerry – endlich!«
    Er drehte die Lautstärke auf und fragte: »Gerry Cross?«
    »Ja«, antwortete ihr Bruder. Seine Stimme verriet innere Anspannung. »Die schlechte Nachricht – um was handelt es sich?«
    Sie war neben ihn getreten und beugte sich leicht dem Funkgerät zu, wobei ihre rechte Hand klein und kalt auf seiner Schulter lag. Sie antwortete an seiner Stelle.
    »Hallo, Gerry!« Nur ein leises Beben ihrer Stimme strafte die gutgespielte Lässigkeit Lügen. »Ich hatte dich besuchen wollen…«
    »Marilyn!« Eine jähe und schreckliche Ahnung klang aus seiner Stimme. »Was machst du auf dem NHS?«
    »Ich hatte dich besuchen wollen«, wiederholte sie. »Ich wollte dich wiedersehen, und da habe ich mich auf diesem Schiff versteckt.«
    »Du hast dich versteckt?«
    »Ich bin ein blinder Passagier, ich wußte ja nicht, was das bedeu
    tet…«
    »Marilyn!« Es war der verzweifelte Schrei eines Menschen zu jemandem, der ihm bereits unwiederbringlich verloren ist. »Was hast du getan?«
    »Ich… ich wollte nicht…« Da brach ihre sorgsam gehütete Fassung zusammen, und die kalte kleine Hand krampfte sich um seine Schulter. »Gerry, nicht… ich wollte dich doch nur wiedersehen, ich wollte dir nicht weh tun. Bitte, Gerry, nicht traurig sein…«
    Etwas spritzte naß und warm auf sein Handgelenk. Er stand auf und half ihr in den Stuhl und brachte das Mikrophon auf die richtige Höhe. »Sei nicht traurig…, laß mich nicht mit dem Gefühl sterben, du…«
    Das Schluchzen, das sie zurückzuhalten versucht hatte, hinderte sie am Weitersprechen, und ihr Bruder sagte: »Nicht weinen, Marilyn.« Plötzlich war seine Stimme tief und unendlich sanft, und nichts mehr verriet seinen eigenen Schmerz. »Nicht weinen, Sis… das sollst du nicht. Es ist schon gut, Liebling, alles ist in Ordnung.«
    »Ich…« Ihre Unterlippe zitterte, und sie biß fest darauf. »Ich wollte es dir nicht schwer machen – ich wollte nur, daß wir uns noch verabschieden könnten, denn gleich muß ich gehen.«
    »Ja, natürlich. Es ist ja auch alles gut. Ich wollte nicht… ich habe nicht…« Unvermittelt nahm seine Stimme einen barschen, drängenden Befehlston an. »NHS – haben Sie die Stardust gerufen? Haben Sie alles mit dem Computer abgecheckt?«
    »Ich habe die Stardust vor fast einer Stunde gerufen. Ich kann nicht zurückfliegen. Hier sind keine anderen Kreuzer in vierzig Lichtjahren Umkreis, und es ist nicht genügend Treibstoff vorhanden.«
    »Sind Sie sicher, daß die Eingabedaten für den Computer korrekt waren – in allen Punkten sicher?«
    »Ja. Meinen Sie, ich würde es je geschehen lassen, wenn ich auch nur den leisesten Zweifel hätte? Ich habe alles getan, was ich konnte. Gäbe es jetzt noch etwas, was ich tun könnte, dann würde ich es tun.«
    »Er hat versucht, mir zu helfen, Gerry.« Ihre Unterlippe zitterte nun nicht mehr, und die kurzen Ärmel ihrer Bluse hatten nasse Flecken vom Tränenabwischen. »Niemand kann

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