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Titan 16

Titan 16

Titel: Titan 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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irgendwann einmal erwähnt, daß ich nie ganz über meine Angst vor hohen Punkten hinweggekommen bin. Nur wenige Leute schafften das. Ich hörte ein paar Zuschauer aufstöhnen, als wir geradewegs nach unten fuhren. Immer tiefer, bis wir am Rande des lautlosen Kataraktes anhielten, der in seiner gefrorenen Majestät gespenstisch wirkte. Mike hatte die Zeit exakt um elf Uhr angehalten, das wußte ich. Er schaltete zum amerikanischen Ufer hinüber. Langsam bewegte er sich am Ufer entlang. Dort standen ein paar Touristen in fast komisch wirkender Haltung. Es lag Schnee, und in der Luft hingen Schneeflocken. Die Zeit stand still, und die Herzen verlangsamten ihren Schlag voll Mitgefühl.
    Bronson herrschte ihn an: »Halt!«
    Ein junges Paar. Langer Rock, hochgeknöpfter Militärkragen, ein herunterhängender Militärmantel, einander gegenüberstehend, die Arme umeinander geschlungen. Mikes Ärmel raschelte in der Finsternis, und sie bewegten sich. Sie schluchzte, und der Soldat lächelte. Sie wandte den Kopf ab, und er drehte ihn wieder herum. Ein anderes Paar packte sie fröhlich, und sie wirbelten atemlos im Kreise.
    Bronsons Stimme klang hart: »Das genügt!« Das Bild verschwamm ein paar Sekunden lang.
    Washington. Das Weiße Haus. Der Präsident. Jemand hustete; es klang wie eine Meine Explosion. Der Präsident saß vor einem Fernsehschirm. Er zuckte plötzlich zusammen, richtete sich erschreckt auf. Jetzt sprach Mike zum erstenmal laut, seit er den Gerichtssaal betreten hatte.
    »Das ist der Präsident der Vereinigten Staaten. Er sieht sich den Prozeß an, der über Rundfunk und Fernsehen aus diesem Gerichtssaal übertragen wird. Er hört, was ich in diesem Augenblick sage, und sieht auf seinem Fernsehschirm, wie ich meine Maschine benutze, um ihm zu zeigen, was er vor einer Sekunde tat.«
    Der Präsident hörte jene schicksalhaften Worte. Irgendwie steif sah er sich unbewußt in seinem Zimmer um, blickte dann wieder auf seinen Bildschirm, und dann bewegte sich seine Hand so auf den Schalter des Gerätes zu, als geschähe das gegen seinen Willen.
    »Mr. President, schalten Sie Ihr Gerät nicht ab.« Mikes Stimme klang kurz angebunden, fast unhöflich. »Sie müssen das hören, Sie ganz besonders. Sie müssen verstehen!
    Das ist nicht das, was wir tun wollten, aber wir haben keine andere Wahl, als an Sie zu appellieren, und an die Menschen dieser verrückten Welt.« Der Präsident sah aus, als wäre er in Eisen gegossen. »Sie müssen sehen und begreifen, daß Sie in Ihrer Hand die Macht halten, es künftig für aus Habgier entsprungene Kriege unmöglich zu machen, im geheimen ausgebrütet zu werden, und dann die Menschen ihrer Jugend oder ihres Alters oder was auch sonst immer ihnen wichtig ist, zu berauben.« Seine Stimme wurde weicher, bittend. »Das ist alles, was wir zu sagen haben. Das ist alles, was wir wollen. Niemand wird je mehr wollen.« Der Präsident verblaßte, ohne sich zu bewegen, in der Dunkelheit. »Licht bitte«, und gleich darauf vertagte sich das Gericht.
    Das liegt jetzt mehr als einen Monat zurück.
    Man hat uns Mikes Maschine weggenommen, und wir stehen unter militärischer Bewachung. Wahrscheinlich ist es ganz gut, daß man uns bewacht. Wie wir gehört haben, ist es nur ein paar Häuserblocks von uns entfernt zu Lynchjustiz gekommen. Letzte Woche hörten wir, wie ein weißhaariger Fanatiker ein paar Stockwerke unter uns etwas schrie, was uns betraf. Wir konnten nicht alles verstehen, aber ein paar seiner Schreie verstanden wir.
    »Teufel! Antichrist! Eine Verletzung der Bibel!« Ohne Zweifel gab es hier in dieser Stadt genügend Leute, die mit Freuden einen Scheiterhaufen errichtet hätten, um uns in den Flammen zu rösten, denen wir entsprungen waren. Ich frage mich, was die einzelnen Religionsgruppen jetzt tun, da die Wahrheit allen sichtbar ist. Wer kann in aramäischer oder lateinischer oder koptischer Sprache Lippenlesen? Und ist ein mechanisches Wunder wirklich ein Wunder?
    Das verändert alles. Man hat uns verlegt. Ich weiß nicht, wohin. Nur, daß es hier warm ist, und daß wir uns, dem Fehlen von Zivilisten nach zu schließen, auf irgendeiner Militärbasis befinden müssen. Jetzt wissen wir, womit wir zu tun haben. Was als eine Tätigkeit begonnen hat, mit der wir die Zeit totschlagen wollten, Joe, hat sich zum notwendigen Vorspiel für das entwickelt, was ich jetzt von dir erbitten werde. Bring das zu Ende und dann sieh zu, daß du dich schnell bewegst! Es wird noch eine Weile

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