Titan 19
versprechen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sicher ich bin, daß die Menschheit Ihr Volk eines Tages brauchen wird. Es ist wahr, Rhysha. Ich werde es weiterhin versuchen. Ich werde nicht aufgeben.
Versprechen Sie mir etwas, Rhysha: versprechen Sie mir, daß weder Sie noch die Angehörigen Ihrer Gruppe wieder an den Kämpfen teilnehmen, bis Sie von mir gehört haben!«
Rhysha lächelte. »Gut, Kerr.«
Die Leichen von Leuten zu bewahren, die an einer Vielzahl von Krankheiten gestorben sind, ist nicht ohne Gefahr. Kerr ging an jenem Abend nicht zur Arbeit und auch am nächsten nicht und viele Abende nicht. Und nachdem der Vorsteher seines Schlafsaals ihm ein paar Stunden im Delirium zugehört hatte, rief er einen Arzt, der eine Krankenhauseinweisung ausschrieb.
Er war schwer erkrankt, und seine Genesung dauerte lange. Es vergingen fast fünf Wochen, bis er entlassen wurde.
Zu allererst wollte er Rhysha finden. Er ging zu dem Ort, wo sie gelebt hatte, und erfuhr, daß sie weggezogen war. Niemand wußte, wohin. Am Ende ging er ins Identifizierungsbüro und bat dort um seinen alten Job. Er war sicher, daß Rhysha daran denken würde, das Büro aufzusuchen, um mit ihm Verbindung aufzunehmen.
Er war immer noch etwas schwach, als er sich am nächsten Abend dort meldete. Er ging gegen neun Uhr während einer Routineüberprüfung ins Tepidarium. Und dort fand er Rhysha.
Einen Augenblick lang erkannte er sie gar nicht. Das herrliche Türkis ihres Gefieders war verblaßt. Aber das kleine Kettchen, das er ihr geschenkt hatte, trug sie immer noch um den Hals.
Er holte die großen, vielgliedrigen Zangen, die sie dazu benutzten, um Leichen aus dem Becken zu holen, und legte sie an. Er hob sie ganz sachte heraus und setzte sie auf den Beckenrand. Er öffnete den Anhänger. Drinnen war ein kleiner Zettel.
›Lieber Kerr‹, las er in Rhyshas deutlicher, hübscher Schrift, ›Sie müssen mir verzeihen, daß ich das Versprechen gebrochen habe, das ich Ihnen gab. Man ließ mich nicht zu Ihnen, als Sie krank waren, und wir alle hatten solchen Hunger. Außerdem hatten Sie unrecht, als Sie glaubten, daß Ihr Volk uns je brauchen würde. In Ihrer Welt gibt es keinen Platz für uns.
Ich wünschte, ich hätte Sie noch einmal singen hören. Ich habe Ihnen gerne beim Singen zugehört. Rhysha.‹
Kerr blickte den Zettel an und dann in Rhyshas Gesicht und dann wieder auf den Zettel. Es tat so weh. Er wollte nicht wahrhaben, daß sie tot war.
Draußen begann eine der mächtigen Stimmen, die die halbe Nacht lang vom Himmel dröhnen, zu sprechen: »Lassen Sie sich den neuesten, schnellsten Kampfsport nicht entgehen. Sehen Sie sich die Durgakämpfe an, die blutigsten Kämpfe, die je über Fernsehen übertragen wurden. Noch spaßiger als die Kämpfe der Vogelleute, und spannender als ein Andakrieg. Sie werden…«
Kerr schrie auf. Er rannte ans Fenster und schloß es. Er konnte die Stimme immer noch hören. Aber das war alles, was er tun konnte.
Copyright © 1954 by Idris Seabright
Nach vielen Jahren der Arbeit schließt das Kind die Grundschule ab – und beginnt aufs neue an der Oberschule. Und nach vielen weiteren Jahren Arbeit – fängt es wieder von vorne an. Und wenn es sehr, sehr weise ist, dann läßt man es vielleicht sogar zum Kindergarten zu…
Der Einwanderer
(THE IMMIGRANT)
CLIFFORD D. SIMAK
I
Er war der einzige Passagier nach Kimon, und das ganze Schiff bestaunte ihn wie ein Weltwunder, weil er dorthin reiste.
Um ihn an seinem Bestimmungsort abzusetzen, mußte das Schiff einen Umweg von zwei Lichtjahren machen, eine Unbequemlichkeit, für die der Preis seines Tickets, so teuer es ihm auch vorgekommen war, als er es auf der Erde gekauft hatte, nicht einmal zur Hälfte den Ausgleich schaffte.
Aber der Kapitän klagte nicht. Es war ihm eine Ehre, sagte er Selden Bishop, einen Passagier nach Kimon an Bord zu haben.
Die Geschäftsleute, die an Bord waren, bemühten sich um ihn und luden ihn auf Drinks oder zum Lunch ein, und verbreiteten sich über die Märkte, die in den neu erschlossenen Sonnensystemen am Entstehen waren. Aber trotz all der langen Gespräche sahen sie Bishop mit kaum verhohlenem Neid an und sagten zu ihm: »Der Mann, der die Lösung für diese Kimonsituation bringt, hat für den Rest seines Lebens ausgesorgt.«
Einer nach dem anderen schafften sie es irgendwie, ihn zu Gesprächen unter vier Augen in eine Ecke zu ziehen, und das Gespräch wandte sich jedesmal nach dem
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