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Titan 22

Titan 22

Titel: Titan 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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blickten hinaus über das Meer weißer Gesichter unter ihnen; sahen dieselben Gesichter, die sich ihnen vor zweitausend Jahren zugewandt hatten, erinnerten sich an den Beifall und die Rufe, die sie eingehüllt hatten, wie sie und tausend weitere vor den aufragenden Türmen der Schiffe gestanden hatten, vor dem Start.
    Und so wie damals gab es auch diesmal keine Kinder in der wogenden Menge. Nur dieselben greifenden Hände und Stimmen und Arme, die eine Antwort verlangten, eine Rettung, ein Happy-End.
    Jetzt versammelten sich die Beamten um den Mann und die Frau und sprachen mit Stimmen der Verehrung zu ihnen.
    Michael wurde ein Mikrofon in die Hand gedrückt, mit der geflüsterten Bitte, zu den Leuten von dem großartigen neuen Leben zu sprechen, das sie erwartete, frei und grün und feucht, auf einem jungfräulichen Planeten.
    Die Rufe der Menschen wurden leiser, und Stille wuchs wie eine Windstille auf dem Meer, und in ihr war das Geräusch der Pumpen zu hören, pulsierend, das Wasser aus den Meeren saugend.
    Und dann Michaels Stimme: »Die tausend, die mit uns hinausgezogen sind, sind tot. Seit einiger Zeit schon wußten wir, daß die anderen Planeten in unserem Sonnensystem unbewohnbar waren. Jetzt sind wir von einem Ende der Galaxis zum anderen gezogen, und das ist es, was wir gefunden haben… Man hat uns die Erde gegeben. Sonst gibt es keinen Platz für uns. Der Rest der Planeten in der Galaxis ist anderen gegeben worden. Für sie ist sonst nirgends Platz. Wir haben die Chance gehabt, das Beste aus der Erde zu machen. Statt dessen haben wir das Schlimmste daraus gemacht. Also sind wir hier, um hier zu bleiben – und zu sterben.« Er reichte das Mikrofon zurück.
    Das Schweigen veränderte sich nicht.
    Der Präsident packte Michaels Arm. »Was wollen Sie damit sagen?«
    Ein Summen erhob sich von den Menschen, wie das eines Schwarms aufgestörter Bienen. Das Meer weißer Gesichter wogte, und ihre Stimmen begannen zu rufen, und die Bewegung und der Lärm hielten an, lang und sich hinziehend, und darunter war jetzt ein Klagen zu hören, ein Flattern.
    Michael und die Frau standen über ihnen, in der Mitte der bleichen, schwebenden Gesichter der Beamten.
    »Du lieber Gott«, sagte der Präsident. »Sie müssen ihnen sagen, daß das, was Sie gesagt haben, nicht wahr ist!«
    »Wir haben zweitausend Jahre nach einer Wahrheit gesucht«, sagte Michael. »Tausend von uns sind dabei gestorben. Ich habe die Wahrheit gesprochen. Und so wird es sein müssen.«
    Der Präsident schwankte, nahm das Mikrofon in die Hand.
    »Da liegt irgendwo ein Fehler vor!« rief er. »Geht zurück zu den Pumpen und den Destillationsanlagen! Geht zurück zu den Wassertanks und den Gärten und den Herden! Geht zurück! Arbeitet und wartet! Wir werden dafür sorgen, daß ihr die volle Wahrheit erfahrt. Alles wird gut werden!«
    Gehorsam teilte sich die Masse der Gesichter, als würden sie von einer kreisenden Scheibe nach außen gewirbelt. Michael und die Frau wurden verschluckt, wie Steine in einer Hand, die sich schließt, wurden weggetragen von dem großen, weißen Schiff.
    Sie drängten den Mann und die Frau in die vertäfelten Ratssäle und setzten sie auf schwellende Sessel vor der Phalanx aus polierten Schreibtischen aus Holz, über die sie die Reihe von Gesichtern anstarrte. Und an einer Wand über ihnen, so daß sie sie alle sehen konnten, hing eine silberne Leinwand, fünfzehn Meter im Quadrat.
    Der Präsident stand auf. »Mitglieder des Rates.« Er machte eine Pause. »Es ist so, wie Sie es gehört haben, sie melden völliges Versagen.« Er wandte sich zu Michael. »Und jetzt der Beweis.« Michael stand neben dem Filmprojektor, dicht bei seinem Stuhl. Die Beleuchtung schwächte sich ab. Nur das Geräusch der Pumpen war zu hören, wie sie in der Finsternis arbeiteten, nahe und weit entfernt, über ihnen, unter ihnen und ringsum. Plötzlich erschien auf der Bildfläche eine endlose, schwarze Tiefe, erfüllt mit einer Masse aus glühendem Weiß, die sich in den Raum hinein erstreckte und die Menschen, die auf das Bild starrten, zu berühren schien, sich dann ausbreitete wie ein Ozean, immer weiter weg, hinaus in endlose Ferne.
    Jetzt schossen Streifen aus gelbem Feuer in das Bild, wie ein Schwarm von Leuchtkäfern, die dünnen, scharfnasigen Schatten von Raumschiffen, die wie Kometen durch das All fegten, auf das wolkige Geschmier von Sternen zu. Und dann blitzten lautlose Gedanken von der Leinwand in das Bewußtsein der Zuschauer; von

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