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Titan 22

Titan 22

Titel: Titan 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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ihn in meinem Gewahrsam. Verstehen Sie? Ich bringe ihn nach draußen.«
    Die Wand von Männern zog sich nervös zurück. »Niemand darf hinaus. Anweisung von Direktor Wisdom.«
    »Ich unterstehe Wisdom nicht.« Sie schaffte es, schneidende Härte in ihre Stimme zu legen. »Aus dem Weg! Ich bringe ihn in die Semantik-Agentur.«
    Einen Augenblick lang geschah nichts. Keine Reaktion. Dann trat langsam, unsicher, eine Wache zur Seite.
    Cris bewegte sich. Blitzschnell, weg von Anita, vorbei an den verwirrten Wachen, durch die Lücke in der Reihe, zum Ausgang hinaus, auf die Straße. Energiestrahlen zuckten hinter ihm her, schreiende Wachen drängten sich ins Freie. Anita war plötzlich vergessen. Die Wachen, die schwere Robotkanone, sie alle strömten hinaus in die Dunkelheit des frühen Morgens. Sirenen heulten, Streifenwagen erwachten dröhnend zum Leben.
    Anita stand benommen, verwirrt da, lehnte sich gegen die Wand, versuchte Atem zu holen.
    Er war verschwunden. Er hatte sie verlassen. Du lieber Gott – was hatte sie getan? Sie schüttelte den Kopf, verwirrt, barg das Gesicht in ihren Händen. Sie war hypnotisiert worden. Sie hatte ihren Willen verloren, ihren gesunden Menschenverstand, ihre Vernunft! Das Tier, die große, goldene Bestie hatte sie ausgetrickst, sie ausgenutzt. Und jetzt war er verschwunden, in die Nacht hinaus entkommen.
    Klägliche Tränen rannen durch ihre verkrampften Finger. Vergebens versuchte sie, sie wegzuwischen, aber sie quollen ihr unerbittlich aus den Augen.
    »Er ist weg«, sagte Baines. »Jetzt werden wir ihn nie wieder erwischen. Wahrscheinlich ist er schon eine Million Meilen entfernt.«
    Anita saß zusammengesunken in der Ecke, ihr Gesicht der Wand zugekehrt. Ein kleines zusammengefallenes Häufchen Elend, zerbrochen und jämmerlich.
    Wisdom ging auf und ab. »Aber wo kann er hin? Wo sich verstecken? Niemand wird ihm Unterschlupf bieten! Jeder kennt das Gesetz bezüglich AWs!«
    »Er hat den größten Teil seines Lebens im Wald verbracht. Er wird jagen – das hat er immer getan. Die haben sich immer gefragt, was er wohl machte, ganz allein. Er fing Wild und schlief unter Bäumen.« Baines lachte. »Und die erste Frau, die ihm begegnet, wird sich freuen, ihn verbergen zu dürfen – so wie sie sich gefreut hat.« Er deutete mit dem Daumen auf Anita.
    »Also hatte all das Gold, die Mähne, sein gottähnliches Auftreten doch einen Sinn. Nicht nur Schmuck.« Wisdoms dicke Lippen verzogen sich zynisch. »Er besitzt nicht nur eine Fähigkeit – er hat zwei. Eine davon ist neu, die neueste von all den Methoden des Überlebens. Die andere ist so alt wie das Leben selbst.« Er blieb stehen und blickte auf das Häufchen Elend in der Ecke. »Federschmuck. Bunte Federn, Kämme für die Hähne, Schwäne, Vögel, bunte Schuppen für die Fische. Schimmernde Pelze für die Tiere. Ein Tier ist nicht notwendigerweise bestialisch. Löwen sind nicht bestialisch oder Tiger. Oder irgendeine der großen Katzen. Alles andere als bestialisch sind die.«
    »Er wird sich nie zu sorgen brauchen«, sagte Baines. »Er wird durchkommen – so lange es menschliche Frauen gibt, die sich um ihn kümmern. Und da er nach vorne blicken kann, in die Zukunft, weiß er bereits, daß er für menschliche Frauen sexuell unwiderstehlich ist.«
    »Wir werden ihn fangen«, murmelte Wisdom. »Ich habe veranlaßt, daß die Regierung den Notstand ausruft. Militär und Zivilpolizei werden nach ihm Ausschau halten, Armeen von Männern – ein ganzer Planet von Experten, die modernsten Maschinen und Geräte. Über kurz oder lang werden wir ihn fangen.«
    »Bis dahin macht es keinen Unterschied mehr«, sagte Baines. Er legte Anita die Hand auf die Schulter und tätschelte sie ironisch. »Du wirst Gesellschaft haben, Liebste. Du wirst nicht die Einzige sein. Nur die erste in einer langen Reihe.«
    »Danke«, stieß Anita hervor.
    »Die älteste Überlebensmethode und die neueste; kombiniert bilden sie ein perfekt angepaßtes Lebewesen. Wie, zum Teufel, werden wir ihn aufhalten? Dich können wir durch einen Sterilisierungstank schicken – aber wir können sie nicht alle ausfindig machen, all die Frauen, denen er unterwegs begegnet. Und wenn uns eine entgeht, sind wir erledigt.«
    »Wir werden es versuchen müssen«, sagte Wisdom. »Wir müssen so viele zusammenholen, wie wir können. Ehe sie sich vermehren.« Schwache Hoffnung leuchtete in seinem müden Gesicht. »Vielleicht sind seine Charakteristika rezessiv. Vielleicht sind die

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