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Titan 23

Titan 23

Titel: Titan 23 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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perlfarbenem Licht überflutete, kam überhaupt keine Wärme. Er leuchtete so hell, daß einige Minuten verstrichen, ehe Marvin die Herausforderung, die von ihm ausging, annehmen und in sein Licht blicken konnte. Aber dann konnte er auch die Umrisse von Kontinenten ausmachen, die verschwommene Grenze der Atmosphäre und die weißen Wolkeninseln. Und selbst auf diese Distanz konnte er das Glitzern des Sonnenlichts auf dem Polareis sehen.
    Es war wunderschön, und er hörte über den Abgrund des Weltraums hinweg einen Ruf, der ihm ans Herz ging. Dort, in jenem leuchtenden Halbmond, waren all die Wunder, die er nie gekannt hatte – das Farbenspiel des Himmels bei Sonnenuntergang, das Stöhnen der See an Kieselstränden, das Klatschen des fallenden Regens und das weiche, von keiner Hast gestörte Herunterschweben der Schneeflocken. Dies und tausend andere Dinge hätten sein rechtmäßiges Erbe sein sollen, aber er kannte sie nur aus den Büchern und den alten Aufzeichnungen. Und der Gedanke erfüllte ihn mit der Qual der Verbannung.
    Warum konnten sie nicht zurückkehren? Dabei schien es doch unter jenen Linien dahinziehender Wolken so friedlich. Und dann sah Marvin, dessen Augen nicht länger geblendet waren, jenen Teil der Scheibe, der in Dunkelheit hätte liegen sollen, und der jetzt schwach in einem bösartigen Phosphoreszieren leuchtete: und er erinnerte sich. Er blickte auf das Totenfeuer einer Welt – auf das radioaktive Nachglühen von Armageddon. Jenseits einer Viertelmillion Meilen Weltraum war das Glühen der sterbenden Atome immer noch sichtbar, ein ewiges Mahnmal der Vergangenheit. Jahrhunderte würden noch vergehen, bis das tödliche Glühen der Felsen erloschen sein würde, und wieder Leben zurückkehren konnte, um jene lautlose, leere Welt zu erfüllen.
    Und jetzt begann Vater zu sprechen, und er erzählte Marvin die Geschichte, die ihm bis zu diesem Augenblick nicht mehr bedeutet hatte als die Märchen, die er in seiner Kindheit gehört hatte. Es gab viele Dinge, die er nicht verstehen konnte: ihm war es unmöglich, sich das leuchtende, vielfarbige Kaleidoskop des Lebens auf dem Planeten auszumalen, den er nie gesehen hatte. Noch war er imstande, die Kräfte zu begreifen, die ihn am Ende zerstört hatten, so daß die Kolonie, beschützt durch ihre Isoliertheit, der einzige Überlebende geblieben war. Und doch konnte er die Qual jener letzten Tage teilen, als die Kolonie endlich erfahren hatte, daß die Versorgungsschiffe nie wieder mit Geschenken von zu Hause auf flammenden Strahlen von den Sternen kommen würden. Und dann hatten die Radiostationen, eine nach der anderen, zu rufen aufgehört: auf dem umschatteten Globus waren die Lichter der Städte schwächer geworden und erstorben. Und schließlich waren sie allein gewesen, so allein, wie es vor ihnen niemals Menschen gewesen waren, und hatten in ihren Händen die Zukunft der Rasse getragen.
    Dann waren die Jahre der Verzweiflung gekommen, und die lang hingezogene Schlacht um das Überleben in dieser wilden, menschenfeindlichen Welt. Sie hatten jene Schlacht gewonnen, wenn auch nur mit Mühe: diese kleine Oase des Lebens war geschützt gegen das Schlimmste, was die Natur ihr antun konnte. Aber wenn es kein Ziel gab, keine Zukunft, auf die sie hinarbeiten konnten, dann würde die Kolonie ihren Willen zum Leben verlieren, und dann würden sie weder Maschinen noch Geschicklichkeit noch Wissenschaft retten können.
    Und so verstand Marvin zuletzt den Zweck dieser Pilgerfahrt. Er würde niemals am Ufer der Flüsse jener verlorenen, legend舐e n Welt einherschreiten, oder zuhören, wie der Donner über ihren weich gerundeten Hügeln toste. Und doch, eines Tages – in wie weiter Ferne? – würden die Kinder seiner Kinder zur・kkehreni, um ihr Erbe zu beanspruchen. Die Winde und der Regen würden die Gifte aus den brennenden Landen spülen und sie zum Meer tragen, und in den Tiefen des Meeres würden sie ihr Gift verbrauchen, bis sie lebenden Wesen nicht länger gefährlich sein konnten. Und dann würden die großen Schiffe, die immer noch hier auf den stummen, staubigen Ebenen warteten, sich wieder in den Weltraum erheben, auf der Straße, die nach Hause führte. Das war der Traum: und eines Tages, das wurde Marvin plötzlich mit einem Blitz der Einsicht klar, würde er ihn an seinen eigenen Sohn weitergeben, hier an dieser selben Stelle, mit den Bergen hinter sich und mit dem silbernen Licht aus dem Himmel, das ihm ins Gesicht fiel.
    Er sah sich nicht

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