Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
werden außerhalb des Ringes sterben und den nicht sehen, der sie tötet. Wir sind wie die Mäuse. Wir müssen ein Lager überfallen und werden in Massen sterben, aber wenn wir uns nicht unterkriegen lassen, werden wir den Berg trotz aller dort lauernden Schrecken einnehmen.
Sprich mit deinen Unterführern. Sag ihnen, sie sollen Freiwillige aussuchen – echte Freiwillige, keine gezwungenen – für einen Kampf, in dem die Hälfte von ihnen sterben wird. Sie werden dabei nicht die gewohnten Waffen führen. Wer sich meldet, bekommt Schußwaffen und wird in der Handhabung unterrichtet.«
Tyl stand auf. Er lächelte. »Ich habe mich nach den alten Zeiten zurückgesehnt. Jetzt sind sie gekommen.«
Dreitausend Mann aus Tyls gewaltigem Stamm legten ihre alten Waffen aus der Hand und ließen sich im Gebrauch der Schußwaffen unterweisen. Tag und Nacht war Jims kleiner ‘ Stamm auf dem Schießstand. Jeder unterwies nur einen Neuling. Es wurde der Umgang mit Gewehren und Pistolen geübt, und wenn die benötigte Fertigkeit erworben war, bekam jeder zwanzig Rollen Munition und mußte sich im Hauptlager zurückmelden. Dazu bekam er den Befehl mit auf den Weg, die Waffe keinesfalls vor dem Kampf abzufeuern.
Var diente unterdessen als Verbindungsmann zwischen dem Herrn und Tyl und den Unterführern. Der Waffenlose brütete über seiner Karte und machte sich Notizen über die anzuwendende Strategie. »Wir sind Mäuse«, sagte er geheimnisvoll.
»Wir müssen uns die Taktik der Mäuse zunutze machen. Die anderen wissen, daß wir da sind, sie wissen aber nicht genau, wann und wie wir angreifen werden. Und sie werden ihre Geiseln nicht töten, ehe sie nicht sicher sind, daß sie sie nicht mehr zu Schacherzwecken benutzen können. Wir werden versuchen, sie zu überwältigen, ehe sie es merken. Dennoch erwarte ich nicht, daß ich aus diesem Feldzug als glücklicher Mensch hervorgehe.«
Die einzige Geisel, von der Var wußte, war Sol, der frühere Herr des Imperiums. Warum war dessen Wohlergehen mit einemmal so wichtig? Der Herr war doch gewiß nicht wieder auf einen Wettstreit mit ihm aus.
Man war nun bereit. Die Männer waren gut ausgebildet und in einem Ring, der den gesamten Berg umschlang, aufgestellt. Spezialeinheiten bewachten die Untergrundbahn und ihre untereinander verbundenen Tunnels. Fremde durften nicht in die Nähe. Frauen und Kinder mußten in ein Lager, einen Tagesmarsch entfernt.
Alles war bereit. Und doch kam es noch nicht zum Angriff, so daß die Männer mit der Zeit nervös wurden. Der Berg übte eine eigenartige Faszination aus. Sie hatten Feuerwaffen und glaubten, sie könnten damit jede Festung erobern, aber die Eroberung des Berges, das war der Sieg über den Tod selbst!
Und am ungeeignetsten Tag überhaupt setzte der Herr die Truppen in Bewegung. Trotz Tyls Enttäuschung und Vars Verblüffung ging er auf dem Höhepunkt eines gewaltigen Gewitters zum Angriff über.
Var und Tyl standen an der Seite des Namenlosen und beobachteten die Vorgänge von einer geschützten Stelle aus. Der Regen war so stark, daß man fast nichts sehen konnte.
»Die Blitze werden ihre Fernsehanlagen zeitweise außer Betrieb setzen«, erklärte der Herr. »Das war immer schon so. Der Donner wird unsere Schüsse übertönen. Der Regen wird unser Vorrücken decken und vielleicht sogar die Wirkung ihrer Flammenwerfer mindern. Das und unsere zahlenmäßige Überlegenheit dürften den Ausschlag geben.«
Der alte Kämpfer wußte also genau, was er tat, dachte Var im stillen. Die Bergbewohner würden sich von einem Angriff im Regen überrumpeln lassen.
Der Herr gab ihnen Feldstecher – auch eine von den Altvorderen gerettete Erfindung – und unterwies sie in deren Gebrauch. Damit konnten sie nun entfernte Teile des Berges wie aus nächster Nähe sehen. Der Regen ließ zwar alles verschwommen erscheinen, dennoch war die Wirkung überwältigend.
Var konnte beobachten, wie eine Abteilung auf die ersten vorragenden Metallträger am Fuße des Berges zuhielt. Der Berg bestand eigentlich aus einer abgestorbenen grauen Masse, mit einigen wenigen verformten Bäumen an der Basis und weiter oben ein paar kümmerlichen Pflanzen. Gut genährte Raubvögel hockten auf den Vorsprüngen und warteten! Heute würde ihnen reiche Beute zuteil werden.
Zwischen verbogenem Metall hindurch führten Wege bergan, für deren Überwindung die Truppen bestens ausgerüstet waren. Er konnte sehen, daß sich die Marschreihe bereits auflöste und die Leute sich
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